Bäderverband: Erneute Schließungen wären „fatal“ - vor allem für Kinder
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/43S27ADTRAN532Y67NUAZ6RPOI.jpg)
Während der Corona-Zeit waren viele Kinder selten im Schwimmbad. Anfänger trauen sich deshalb erst einmal nicht ins Becken.
© Quelle: Florian Schuh/dpa
Essen. Angesichts der Energiekrise wollen laut einer aktuellen Umfrage etliche Kommunen in Deutschland einer Umfrage zufolge sparen und etwa Schwimmbäder schließen. Knapp jede dritte von der Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) befragte Kommune plant demnach eine Schließung oder Einschränkungen beim Betrieb von Hallen- und Freibädern.
Befragt wurden im Oktober und November 301 Kommunen mit mindestens 20.000 Einwohnern. Da es in einigen Bundesländern vergleichsweise viele kleinere Kommunen gebe, seien die Ergebnisse „bedingt repräsentativ“.
Bäderverband fordert Unterstützung von Bund und Ländern
Wie viele Schwimmbäder tatsächlich erneut geschlossen werden könnten, sei noch völlig unklar, meint der stellvertretende Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen e.V. (DGfdB), Michael Weilandt, gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Das hänge maßgeblich damit zusammen, wie sich die Gasmangellage weiter entwickelt. „Die Energiekosten sind ein wesentliches Argument für eine mögliche Schließung. Hier wird es sehr darauf ankommen, inwieweit eine Unterstützung der Länder oder des Bundes zeitnah zur Verfügung steht“, sagt Weilandt.
Die grundsätzliche Tendenz sei aber, dass die Kommunen ihre Bäder offen halten wollen. „Wir als DGfdB stehen beratend zur Seite und haben zum Beispiel bereits im April dieses Jahres unseren Leitfaden ‚Schwimmbäder in der Energiekrise‘ veröffentlicht, in dem wichtige Maßnahmen zur Energieeinsparung beschrieben werden“, betont der stellvertretende Geschäftsführer.
Der Leitfaden „Schwimmbäder in der Energiekrise“ der DGfdB |
---|
1. Absenkung der Beckenwassertemperaturen |
2. Außerbetriebnahme ganzjährig beheizter Außenbecken |
3. Außerbetriebnahme von Attraktionen wie etwa Großrutschen, Saunen oder Warmbecken |
4. Außerbetriebnahme mit fossiler Energie beheizter Freibäder |
5. Schließung von Freizeitbädern ohne kommunale Pflichtaufgaben |
6. Schließung von Bädern mit Schul-/Vereinsschwimmen |
7. Schließung von unbeheizten/solarbeheizten Freibädern |
8. Schließung von Bädern in therapeutischen Einrichtungen/Kliniken |
Absenkung der Beckentemperatur: Eltern hatten Angst vor gesundheitlichen Schäden bei Kindern
Der erste Punkt des Leitfadens ist die Absenkung der Wassertemperatur in den Becken. Die Empfehlung des Verbands werde in vielen Mitgliedsbädern seit rund einem Dreivierteljahr umgesetzt - manchen Besucherinnen und Besuchern gefiel das gar nicht. „Natürlich hat es in vielen Kommunen erhebliche Diskussionen gegeben und es war eine gewisse Unzufriedenheit bei bestimmten Personengruppen zu spüren. Insbesondere Eltern hatten Angst, dass Kinder bei der Wassertemperatur von 26 Grad gesundheitliche Schäden nehmen könnten“, sagt Weilandt.
Diese Angst sei allerdings unbegründet, erklärt er: In den Richtlinien für den Bäderbau liegen die empfohlenen Wassertemperaturen für Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken bei 24 bis 28 Grad. Die Empfehlung der DGfdB war, die Wassertemperaturen um zwei Grad zu senken. „Eine der häufigsten Temperaturabsenkungen, die vorgenommen wurde, und absolut im Normbereich ist, war von 28 auf 26 Grad“, stellt der stellvertretende DGfdB-Geschäftsführer klar. In Becken, in denen beispielsweise Babyschwimmen stattfindet, sei die Wassertemperatur in der Regel nicht verändert worden.
Die Reaktionen der Badegäste sein insgesamt sehr unterschiedlich gewesen. „Während man in vielen Bäder vollstes Verständnis entgegengebracht bekam, ist man woanders schon wieder zurückgerudert und bietet nun wieder die ursprünglichen Wassertemperaturen an“, sagt Weilandt.
Weilandt: Erneute Schließungen wären für Kinder „fatal“
Seit den ersten Schließungen während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 warnt die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG) vor einer Generation von Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmern. In Bezug auf den ausgefallen Schwimmunterricht für Kinder bezeichnet Weilandt mögliche erneute Schließungen in der aktuellen Situation als „fatal“.
Die Schließzeiten während der Corona-Pandemie hätten dazu geführt, „dass die verbliebenen motivierten Kinder keinen Schwimmkurs besuchen konnten. Zwei Jahre Aufschub sind für das einzelne Kind nicht dramatisch, aber der Andrang bei den Anbietern von Schwimmkursen ist nun so hoch, dass der Rückstand kaum aufgeholt werden kann“, erklärt er.
Weilandt beklagt allerdings auch, dass die Zahl der Kinder, die sicher schwimmen können (auf dem Niveau des Deutschen Schwimmabzeichens in Bronze) grundsätzlich relativ niedrig ist: „Die motorischen Fähigkeiten, vor allem auch in den Familien, werden nicht in dem angemessenen Maß gefördert.“
Mit dpa-Material