„Das Urteil weist Wege in die Zukunft“

Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer

Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer

Karlsruhe. Professsor Montgomery, Sie kämpfen für eine Reform des Medizinstudiums und des Zugangs dazu.
Das Bundesverfassungsgericht lässt bei der zentralen Stellung
der Abinote und dem Numerus clausus alles beim Alten. Sind Sie enttäuscht?

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Das sehe ich nicht so, das Gericht macht hier strenge Auflagen. Das Urteil ist vor allem eine deutliche Ohrfeige für die kleinstaatliche Bildungspolitik der Länder, die es nicht schafft, das Abitur überall gleich und gerecht zu gestalten. Die Zahl der herausragenden Abiturnoten ist in den einzelnen Ländern extrem unterschiedlich. Dass es hier künftig ein Ausgleichsverfahren geben muss, finden wir sehr gut.

Sie hatten dafür geworben, Kriterien wie soziales Engagement oder Empathie bei der Vergabe der Plätze stärker zu berücksichtigen. Davon steht in dem Urteil nichts.

Das Verfassungsgericht macht keine inhaltlichen Vorgaben. Aber es lässt ausdrücklich ein weiteres Auswahlkriterium zu. Dieses muss dann nur einheitlich und standardisiert sein – und da kommt dann das bundesweite Assessment-Center ins Spiel, das uns vorschwebt ...

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... das allerdings bei Zehntausenden Bewerbern extrem aufwendig und teuer wäre.

Das ist aufwendig, ja – aber nicht aufwendiger, als die vielen Auswahlverfahren, die die Hochschulen derzeit in eigener Regie nach zum Teil schwer durchschaubaren Kriterien durchführen. Wir haben jedenfalls schon Ideen, wie man so ein Assessment-Center umsetzen kann, man muss uns nur fragen.

Sie machen sich auch für mehr Studienplätze stark. Auch davon steht im Urteil jedoch nichts.

Das ist bedauerlich, war aber nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung vorherzusehen. Das Gericht sollte ja auch nur die Gerechtigkeit des Zulassungsverfahrens und nicht die Zahl der Studienplätze überprüfen. Für die Ausweitung müssen wir nun politisch weiter kämpfen. Die Länder müssen einsehen, dass wir auf einen Ärztemangel hinsteuern, und müssen mehr Studienplätze schaffen. Mindestens 10 Prozent, also rund 1000 weitere Plätze, sind aus unserer Sicht dringend nötig. Die lange Wartezeit von derzeit 15 Semestern, die das Gericht ja auch für verfassungswidrig erklärt hat, ist auch ein Ausdruck des Mangels.

Insgesamt also: Ein erfreulicher Tag für Sie?

Es ist ein erfreuliches Urteil, ein richtiges Signal. Es zeigt, dass die Länder bildungspolitisch versagt haben – und es weist zugleich Wege in die Zukunft.

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Von Thorsten Fuchs

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