Genderdebatte in Frankreich: Streit über inklusive Sprache und Schreibweise

Nicht nur in Deutschland wird hitzig über gendergerechte Sprache diskutiert. Auch in Frankreich herrscht eine Unsicherheit hinsichtlich der sprachlichen Umsetzung der Geschlechtergleichheit (Symbolbild).

Nicht nur in Deutschland wird hitzig über gendergerechte Sprache diskutiert. Auch in Frankreich herrscht eine Unsicherheit hinsichtlich der sprachlichen Umsetzung der Geschlechtergleichheit (Symbolbild).

Paris. Ist eine französische Schriftstellerin wie ihr männlicher Kollege ein „auteur“ oder gehört ein weibliches -e als Endung dazu, was sie zur „auteure“ machen würde? Bei der Aussprache hört man im Französischen den Unterschied zwar nicht, erkennbar ist er im Schriftlichen, und so bleibt das Grundsatzproblem. Ist eine Bürgermeisterin als „Madame le maire“ anzusprechen, also mit dem männlichen Artikel „le“, oder hat man „Madame la maire“ aus ihr zu machen? Zweites hat die prestigeträchtige Gelehrteninstitution Académie Française erst kürzlich gutgeheißen und tatsächlich wird die Pariser Rathauschefin und ihre Kollegin inzwischen oft als „la maire“ bezeichnet.

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Etliche solcher Beispiele zeugen von der vorherrschenden Unsicherheit auch in Frankreich über die korrekte Bezeichnung von Frauen in Funktionen, die lange Männern vorbehalten waren – und generell die sprachliche Umsetzung der Geschlechtergleichheit. Eindeutige Regeln fehlen, auch wenn die inklusive Schreibweise etliche Änderungen vorsieht. Für sie hat sich der Hohe Rat für die Geschlechtergleichheit – eine unabhängige Instanz – bereits 2015 ausgesprochen. Vorgeschlagen wurde dabei auch, statt eines Gendersternchens einen Punkt in der Mitte eines Wortes zu verwenden – so ließe sich mit „un·e ami·e“ eine Freundin wie auch ein Freund bezeichnen. Durchsetzen konnte sich die inklusive Schreibweise allerdings nicht, Erziehungsminister Jean-Michel Blanquer hat sie sogar formell verboten. Denn sie erhöhe noch die Komplexität, welche „ein Hindernis für das Erlernen der Sprache in Wort und Schrift darstelle“.

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Die Lehrergewerkschaft SUD beklagte daraufhin die „Ewiggestrigkeit“ des Ministers und die „Anweisungen aus einer anderen Zeit“, die die pädagogischen Freiheit der Unterrichtenden beeinträchtige. Immer wieder stehen sich auch in Frankreich die Lager der Feministen und Feministinnen, die auf eine konsequente Anpassung an neue Wirklichkeiten pochen, und die Verteidiger der althergebrachten Regeln einander feindselig gegenüber. So kam ein 2017 erschienenes Schulbuch für Zweitklässler nicht überall gut an, das unter anderem den Feuerwehrmann („pompier“) um sein weibliches Pendant („pompière“) ergänzte und Worte wie das Menschenrecht neu fasste: Es sollte demnach nicht mehr als Recht des Mannes („droit de l‘homme“) bezeichnet werden, sondern allgemeiner als menschliches Recht („droit humain“). Daraufhin forderten mehrere rechtskonservative Abgeordnete das Bildungsministerium dazu auf, Schulbücher dieser Art zu verbieten, die „unsere Sprache aus ideologischen Gründen verändern wollen“.

Der jüngste Streit drehte sich um das neue Pronomen „iel“, das neben den bestehenden „il“ („er“) und „elle“ („sie“) gerade in das große Sprachwörterbuch „Le Petit Robert“ aufgenommen wurde. Gedacht ist es für alle, die sich weder in der männlichen noch in der weiblichen Variante wiedererkennen. Auch hier zeigte sich Blanquer kritisch: „Der Feminismus ist wichtig, aber kein Grund, die französische Sprache zu verunstalten“, sagte er bei einem Termin mit der First Lady Brigitte Macron, einer früheren Französischlehrerin. „Es gibt zwei Pronomen, er und sie, und das ist gut so“, fügte sie mit einem Lächeln an. Frauenministerin Élisabeth Moreno war hier allerdings anderer Meinung. „Ich verstehe nicht, was das ´iel` denjenigen wegnimmt, die es nicht verwenden wollen.“ Ausgestanden ist der Streit noch nicht.

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