Gewalttat im Heim: Ehemann beschreibt Angeklagte als „komplett überfordert“
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Die Angeklagte sitzt im Gerichtssaal im Landgericht Potsdam.
© Quelle: Carsten Koall/dpa-Pool/dpa
Potsdam. Im Prozess um die Tötung von vier Bewohnern eines Potsdamer Heims für Menschen mit Behinderung haben am Donnerstag die Psychiaterin und der Ehemann der Angeklagten ausgesagt. „Es muss eine Ausnahmesituation gewesen sein. Mir fehlt eine Erklärung“, sagte die Ärztin am vierten Prozesstag im Landgericht Potsdam. Die Tötung der Bewohner könne sie sich nicht erklären.
Die Psychiaterin sagte weiter, dass Selbstmordgedanken im Leben der Angeklagten immer eine Rolle gespielt hätten. Die Therapie sei „ein Ringen ums Überleben“ gewesen, so die Ärztin, bei der die Frau in Behandlung war. Die 52 Jahre alte Angeklagte leide unter einer chronischen Depression und einer Persönlichkeitsstörung.
Sie habe ihr dazu geraten, sich krankzuschreiben, ein paar Tage raus zu nehmen. Aber die 52-Jährige habe das meist nicht gewollt. Sie habe die Mehrbelastung ihren Kollegen nicht antun wollen. Das höre sie als Psychiaterin häufiger von Pflegekräften, die bei ihr in Behandlung seien.
„Sie war komplett überfordert“
Die 52 Jahre alte ehemalige Pflegekraft des Heims ist wegen Mordes und versuchten Mordes angeklagt. Sie soll am Abend des 28. April in dem Wohnheim vier wehrlose Bewohner im Alter zwischen 31 und 56 Jahren mit einem Messer in ihren Zimmern angegriffen und tödlich verletzt haben. Ein Pathologe hatte am ersten Prozesstag angegeben, dass drei der Opfer vollständig gelähmt waren und eines halbseitig gelähmt war. Eine 43 Jahre alte Bewohnerin überlebte schwer verletzt nach einer Notoperation.
Als die Angeklagte am Abend des 28. April nach Hause gekommen sei, habe sie ihr Ehemann in völlig verwirrtem Zustand angetroffen. „Die hat mich ganz komisch angeguckt.“ Er habe seine Frau noch nie so erlebt. Zur Arbeitssituation im Thusnelda-von-Saldern-Haus sagte der 57-Jährige: „Sie war komplett überfordert. Die ganzen Mitarbeiter waren völlig überfordert von der Situation. Ich habe ihr geraten aufzuhören.“ Aber die Angeklagte habe ihre Arbeit geliebt. Wenn es an arbeitsfreien Tagen einen Anruf gegeben habe, ob die 52-Jährige einspringen könne, weil jemand krank sei, habe sie immer ja gesagt.
Bislang hat sich die Angeklagte nicht zu den Vorwürfen geäußert. Nach einem psychiatrischen Gutachten soll sie die Taten im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen haben.
Der nächste Verhandlungstag ist am 23. November, weitere Termine gibt es bis Mitte Dezember.
RND/dpa