Ärgernis für Roms Rechtskoalition? Schwuler Großneffe von Papst Paul VI. heiratet
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Zwei Männer schneiden nach ihrer Eheschließung eine Hochzeitstorte an (Symbolbild).
© Quelle: Ina Fassbender/dpa
Es handelte sich, wie der „Corriere della Sera“ schrieb, um eine „einfache Zeremonie mit nur wenigen Gästen“ in der Nähe von Brescia in Norditalien. Getraut wurden die beiden „sposi“ (Jungvermählte) nicht durch den Priester in der Kirche, sondern vom Bürgermeister in einer privaten Villa. Eine einfache Ziviltrauung.
„Maximal 250 Personen haben sich eingefunden, um das zu feiern, was wahrscheinlich als der schönste Tag im Leben der beiden jungen Menschen in Erinnerung bleiben wird“, fährt der „Corriere della Sera“ poetisch fort. 250 Personen also. Nun ja – bei einer italienischen Hochzeit geht das durchaus noch als Trauung im engsten Familienkreis durch.
Bräutigam ist ein Großneffe von Paul VI.
Das Jawort gegeben haben sich Giulio Montini und sein Partner Matteo am 2. Juni, dem Tag der Republik. Trotz des für italienische Verhältnisse bescheidenen Rahmens ist die Hochzeit auch außerhalb der geschlossenen Gesellschaft nicht unbemerkt geblieben. Das liegt am Nachnamen von Giulio: Er ist ein Montini. Dieser Name hat in Italien und vor allem in Brescia einen besonderen Klang. Denn einer der berühmtesten Söhne der Stadt trug ihn ebenfalls: Giovanni Battista Montini, besser bekannt unter seinem Papstnamen Paul VI. Montini hatte die katholische Kirche von 1963 bis zu seinem Tod im Jahr 1978 geführt, und er hatte einen Bruder, Ludovico Montini. Dieser wiederum ist der Großvater von Matteo: Der Bräutigam ist folglich ein Großneffe von Paul VI.
Wer weiß, was der inzwischen von Papst Franziskus heilig gesprochene Paul VI. über die Hochzeit von Giulio und Matteo gedacht hätte? Giovanni Battista Montini galt, was die Sexualmoral anbelangt, als konservativ. Er ist unter anderem der Verfasser der berüchtigten Enzyklika „Humanae Vitae“: Verfasst in dem bewegten Jahr 1968, verbietet das päpstliche Dokument den Gläubigen bis heute, zumindest auf dem Papier, jegliche künstliche Empfängnisverhütung. Sie ging deshalb als „Pillen-Enzyklika“ in die Kirchengeschichte ein. Andererseits war Paul VI. im privaten Kreis insbesondere gegenüber den Kindern seines Bruders Ludovico offenbar ein verständnisvoller, gütiger und auch humorvoller Onkel, wie seine Nichte Chiara Montini später einmal erzählte.
Rechtskoalition Roms könnte keine Freude an der Hochzeit haben
Wie auch immer. Fest steht, dass die aktuelle, ziemlich reaktionäre Rechtskoalition in Rom keine Freude an der Hochzeit von Giulio und Matteo haben konnte. Viele ihrer Exponenten – allen voran der offen homophobe Parlamentspräsident Lorenzo Fontana – sind strikt gegen die zivile Trauung homosexueller Paare, die seit 2016 auch in Italien möglich ist. Andererseits: Regierungen kommen und gehen, gerade in Italien, und Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ist intelligent genug, um zu wissen, dass sie in der Bevölkerung nie eine Mehrheit für die Abschaffung der „Homo-Ehe“ finden würde. Nicht bei den gewöhnlichen Bürgerinnen und Bürgern und nicht einmal bei Urneffen von Päpsten.