„Nazi-Zeichen“: Jan Böhmermann will neues Apothekenlogo
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Der Entertainer Jan Böhmermann.
© Quelle: Matthias Balk/pda
Satiriker Jan Böhmermann sorgte zuletzt mit seinen Enthüllungen über Fynn Kliemanns Maskendeal für Schlagzeilen. Nun hat der Moderator einen weiteren Dorn im Auge: In seinem Podcast „Fest & Flauschig“ spricht er mit Musiker Olli Schulz über das Logo der deutschen Apotheken – und kritisiert dessen nationalsozialistische Vergangenheit. „Ich interessiere mich null für Apotheken, ich finde nur dieses Logo, seit ich denken kann, eine ästhetische, gestalterische Beleidigung und jetzt weiß ich auch, warum: weil die Nazis dahinterstecken“, sagt Böhmermann in der neuesten Folge des Formats.
Gemeint ist das rote, sogenannte Fraktur-A mit einer „Äskulap-Schlange und so einer Giftschale“. Sowohl Böhmermann als auch Olli Schulz seien schon in ihrer Kindheit von dem Logo fasziniert gewesen. Damals habe Schulz in dem Logo jedoch die Schlange als Wasserhahn und die Giftschale als Waschbecken erkannt. „Aber es kommt natürlich aus der griechischen Mythologie“, erklärt Schulz.
Apothekensymbol hat lange Geschichte
Tatsächlich verwenden Apotheken bereits seit Jahrhunderten verschiedene Symbole als Wahrzeichen: „Vor allem aber verdeutlichten Figuren von Tieren, Fabelwesen oder Schutzpatronen auch dem, der nicht lesen konnte, den Apothekennamen“, heißt es etwa auf der Website des Deutschen Apotheken-Museums. Die Äskulap-Schlange stehe in der griechischen Mythologie etwa für den Gott der Heilkunde.
„Es geht aber nicht darum, woher diese Schlange und diese Schale kommen“, betont Böhmermann. Vielmehr interessierte ihn die Herkunft des roten A, welches in anderen Ländern nicht existiere. „Ich bin im Urlaub drauf gekommen, weil es überall europaweit das leuchtende grüne Kreuz als Zeichen für Apotheke gibt.“ Nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz sei das nicht so.
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Das Apothekenzeichen ist in ganz Deutschland verbreitet.
© Quelle: picture alliance / dpa
Bei seiner Recherche habe Böhmermann schließlich herausgefunden, dass das Apotheken-A in der Schriftart Fraktur im Nationalsozialismus entstanden ist: „Dieses Logo, was wir heute haben, wurde im Grunde genommen fast genauso im Jahr 1936 eingeführt.“
Dass dieses einheitliche Erkennungszeichen erst zur Nazi-Zeit eingeführt wurde, habe laut Böhmermann auch einen Grund. Denn schon vorher habe es Probleme gegeben, Apotheken als solche erkenntlich zu machen. „Weil’s früher so viele Quacksalber gab“, merkt Olli Schulz an. Namen wie die „Rats-“ oder „Stadt-Apotheke“ hätten dann für „Glaubwürdigkeit und Seriosität“ gestanden, so Böhmermann. Häufig wurden dazu aber auch Tiere als Logo genommen, etwa um regionale Bezüge herzustellen, wie es auf der Website des Deutschen Apotheken-Museums heißt.
Nationalsozialisten gestalten Apothekenlogo neu
Da dies bald zu unübersichtlich geworden sei, taten sich mehrere Apothekenverbände zusammen. Ende der 1920er-Jahre sei dann ein weißes Kreuz auf rotem Grund vorgeschlagen worden – dieses Logo ähnelte jedoch zu sehr der Schweizer Nationalflagge. Daraufhin sei die sogenannte „Arzneiflasche mit drei Löffeln“ im Bauhaus-Stil entstanden, welche das bekannte „dreimal täglich“ der Arzneieinnahme darstellen sollte. Auch dieses – für die Zeit sehr moderne –Logo konnte sich laut dem Deutschen Apotheken-Museum nicht flächendeckend durchsetzen. Vor allem, weil es „in keiner Weise der Kunstideologie des Nationalsozialismus“ entsprach.
Also habe der „Reichsapothekerführer“ Albert Schmierer 1936 einen Wettbewerb ausgerufen, bei dem das rote „Fraktur-A“ mit einem weißen Kreuz des Grafikers Paul Weise gewann. Die Nationalsozialisten hätten das Kreuz jedoch später durch die Lebensrune ersetzt. „Das sieht aber auch – abgesehen davon, dass es ein Nazi-Emblem ist – am beschissensten aus“, kommentiert Olli Schulz.
Nach dem Krieg habe man die Rune dann einfach durch die Schlange und den Kelch ersetzt. „Aber im Grunde genommen ist es eigentlich immer noch ein Nazi-Zeichen, was da dranhängt an deutschen Apotheken“, so Böhmermann. „Und es sieht auch echt scheiße aus.“
Böhmermann richtet Appell an Apothekenbranche
Abschließend wendet sich Böhmermann daher mit einem Appell an die Apothekenbranche. „Liebe Apothekerinnen, liebe Apotheker, ich weiß, ihr seid ja nicht so für Veränderungen, weil Veränderungen bedeuten immer auch schlechteres Geschäft, zumindest meistens für Apotheker“, so der Entertainer. „Aber könnte man da nicht mal was Geileres machen? Es ändert sich doch eh gerade so viel.“
Olli Schulz ergänzte: „Ich nehme auch mal an, zum Schutz der Apotheker natürlich, haben die meisten das nicht mal gewusst, dass das aus dieser Zeit kommt. Die Geschichte ist jetzt nicht allzu verbreitet“, so der Entertainer. „Vielleicht gibt‘s ja irgendjemanden, der da eine tolle Idee hat und sich direkt dransetzt.“
Wie das Branchenportal „apotheke adhoc“ berichtet, habe es nach dem Krieg durchaus Diskussionen um das „Fraktur-A“ gegeben. Das heute bekannte Logo mit Giftschlange und Äskulap-Schlange wurde 1951 von Maler Fritz Rupprecht Mathieu im Auftrag der Apothekerkammer Nordrhein entworfen. „Seit 1972 ist das Apotheken-A zudem als Marke des Deutschen Apothekerverbands (DAV) eingetragen und juristisch geschützt – inzwischen auch europaweit“, so das Portal.
RND/al