Länder fordern Konsequenzen nach Grenfell-Tower-Brand

Mittlerweile bewacht ein Sicherheitsdienst das Wuppertaler Hochhaus.

Mittlerweile bewacht ein Sicherheitsdienst das Wuppertaler Hochhaus.

London/Wuppertal. Die Mieter eines aus Brandschutzgründen geräumten Hochhauses in Wuppertal dürfen bis auf weiteres nicht mehr dauerhaft in ihre Wohnungen zurückkehren. Nur ihre Habseligkeiten können sie unter Aufsicht noch aus dem Haus holen, das wegen seiner Fassadenverkleidung als feuergefährdet gilt. Die Stadt betreue die Betroffenen und werde ihnen auch Angebote für einen Umzug in nahegelegene andere Häuser machen, sagte eine Sprecherin am Mittwoch.

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Seitens der Eigentümer gebe es noch kein Signal, dass die Gefahr der brennbaren Fassade beseitigt werde, erklärte die Stadtsprecherin weiter. Das elfstöckige Haus gehört den Angaben zufolge nach mehreren Eigentümerwechseln jetzt einer Gesellschaft mit Sitz in Berlin. Die Brandschutzmängel seien bekannt gewesen. Für die Ordnungsbehörde sei es aber sehr langwierig, einen Hausbesitzer zur Beseitigung solcher Mängel zu bringen. Bei jedem Besitzerwechsel „kann man wieder bei Null anfangen“, sagte die Sprecherin.

Das Haus ist versiegelt und wird bewacht

Mittlerweile wurde das Haus versiegelt und wird von einem Sicherheitsdienst bewacht. Auslöser für die Räumung war das Feuerinferno in London mit mindestens 79 Toten. Als Konsequenz aus der Katastrophe haben Feuerwehrleute in Deutschland einen besseren Brandschutz gefordert. Dabei gehe es vor allem um Häuser unterhalb der Hochhausgrenze zwischen sieben und 22 Metern, sagte der Leitende Branddirektor der Frankfurter Feuerwehr, Reinhard Ries. "Wir können nur hoffen, dass der Warnschuss aus London endlich ernstgenommen wird", erklärte Ries.

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Dem Frankfurter Feuerwehrchef zufolge hat eine Fassadenkonstruktion im Jahr 2012 in Frankfurt und 2016 in Duisburg zu ähnlichen Vorfällen wie in London geführt, nur mit deutlich geringerem Schaden. „Unsere konkrete Forderung lautet: Das Erdgeschoss muss so verkleidet sein, dass es nicht brennbar ausgestaltet ist und dass es nach jedem Geschoss einen Brandriegel gibt“, sagte Ries. Erst vor zwei Wochen, unmittelbar vor dem Unglück in London, hätten unter anderem die Berufsfeuerwehren und der Deutsche Feuerwehrverband ein Papier erstellt, das vor Polystyrolschaum als Dämmstoff warnt.

Ab 22 Metern sind nicht-brennbare Materialien Vorschrift

Ab einer Gebäudehöhe von 22 Metern sind in Deutschland nicht-brennbare Fassaden vorgeschrieben. Das Wuppertaler Hochhaus hat eine Fassadendämmung, die der in London ähnlich sein soll. Hier hatte ein defekter Kühlschrank das Feuer entfacht, das sich über die Fassade rasend schnell durch alle 24 Stockwerke des Sozialbaus fraß. Bei einer Untersuchung anderer Hochhäuser in Großbritannien stellten Fachleute seither bei allen 95 bisher überprüften Gebäuden eine erhöhte Feuergefahr fest. Der Hersteller der Fassadenteile stoppte inzwischen den Verkauf des betreffenden Materials für Hochhäuser.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann leitete nach eigenen Angaben erste Schritte zur Überprüfung insbesondere von Gebäudedämmungen ein. „Mir geht es hier insbesondere um die Überprüfung, ob die aus energetischen Gründen geforderte Außendämmung bei Häusern unter 22 Meter Höhe eine zusätzliche Brandgefahr auslöst und ob es bei unseren einschlägigen Vorschriften und deren Umsetzung Handlungsbedarf gibt“, teilte der CSU-Politiker auf Anfrage mit.

Geräte der Feuerwehr reichen nur bis zu 22 Metern Höhe

Bis 22 Meter Höhe reichen die Einsatzgeräte der Feuerwehr, bei höheren Gebäuden könnten nur über das Hausinnere Menschen gerettet und Brände gelöscht werden. „Wir werden genau verfolgen, was die Ermittlungsergebnisse in London ergeben werden“, sagte Herrmann.

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Niedersachsen und Bremen befürworten eine länderübergreifende Initiative zur Überprüfung der Fassadendämmung. „Natürlich nimmt Niedersachsen die schreckliche Brandkatastrophe in London zum Anlass zu prüfen, welche Schlussfolgerungen für die Außendämmung von Gebäuden im Hinblick auf die Brandgefahr zu ziehen sind“, ließ Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt über ihre Sprecherin mitteilen. „Der Brand in dem Londoner Grenfell Tower ist eine schreckliche Katastrophe, die wir in Niedersachsen unter jeden Umständen ausschließen wollen“, sagte die SPD-Politikerin.

Noch ist unklar, was in London verbaut wurde

Bevor jedes Bundesland mögliche Konsequenzen prüfe, solle sich eine länderübergreifende Arbeitsgruppe mit dem Thema beschäftigen, forderte der Sprecher des Bremer Bauressorts, Jens Tittmann. Schlüsse aus dem Hochhausbrand könnten erst gezogen werden, wenn die genauen Ursachen bekannt seien. Noch sei unklar, was dort verbaut wurde. Sobald die Hintergründe bekannt sind, solle geprüft werden, welche Folgen sich für die deutsche Gesetzgebung ergeben: „Wir haben in Deutschland völlig andere Standards als in Großbritannien.“

Von dpa/RND

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