Nach der Flut: Immer mehr Betroffene suchen psychologische Hilfe
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Erftstadt-Blessem: Häuser sind infolge der Unterspülung durch das Hochwasser eingestürzt oder einsturzgefährdet. Zwei Monate ist die verheerende Flutkatastrophe in der Eifel und im Ahrtal nun her. Die psychischen Folgen bei vielen Menschen in der Region werden erst jetzt deutlich.
© Quelle: Jonas Güttler/dpa
Düsseldorf/Ahrweiler. Zwei Monate nach der verheerenden Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen suchen immer mehr Betroffene psychologische Hilfe. „Das kommt nicht unerwartet, weil die psychische Verarbeitung zunächst mit einer Phase des Gegen-Agierens beginnt, die hier sicherlich auch sinnvoll und hilfreich war“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Psychotherapeuten-Netzwerks (DPNW), Dieter Adler. „Dann kommt die Verzweiflung mit der Ohnmacht.“
Das Netzwerk stellte kurz nach der Flutkatastrophe 100 Therapieplätze für die Akutbehandlung zur Verfügung und richtete ehrenamtlich Telefonsprechstunden ein. „Unmittelbar nach der Flut war es zunächst sehr still. Jetzt steigen die Anfragen an.“
Zahlreiche Ortschaften überflutet
Nach massivem Starkregen waren Mitte Juli in Sauerland, Eifel und insbesondere im Ahrtal zahlreiche Ortschaften überflutet worden. Alleine in Rheinland-Pfalz starben 134 Menschen bei der Hochwasserkatastrophe, bundesweit wurden 183 Opfer gezählt.
In der Traumaambulanz der Uniklinik Köln für Kinder und Jugendliche ist die Angst ein großes Thema unter den Flut-Patienten. Es sei typisch bei Krisensituationen wie etwa bei dem Hochwasser, dass sich Betroffene erst nach einiger Zeit melden, sagte die Leiterin der Spezialambulanz für Traumatisierung, Maya Krischer. „In der Regel sind Traumasymptome nicht sofort da.“ Sie rechnet bis zum Ende des Jahres mit einer steigenden Zahl von Anfragen.
Zunächst geht es viel um faktische Themen, dann kommt die Reflexion
Zunächst kümmerten sich viele Menschen um faktische Themen - zum Beispiel das eigene Hab und Gut und die Aufräumarbeiten -, ehe sie die Ereignisse reflektierten. Ängste, Schlafstörungen, wiederkehrende und quälende Erinnerungen könnten die Folge sein. „Man beginnt keine traumaspezifische Behandlung, solange keine Sicherheit da ist“, sagte Krischer.
So werde etwa ein Mädchen behandelt, das extreme Angst habe, in das eigene Haus zurückzukehren – weil es während des Hochwassers langsam überflutete. Deshalb möchte die Familie jetzt umziehen. Eine andere Patientin prüfe jeden Tag 20-mal die Wetter-App, ob es regnen wird. Ein weiteres Kind wolle nicht mehr bei Regen vor die Tür gehen. Dies alles seien von der Naturkatastrophe geprägte Symptome.
RND/dpa