Nach Tötung eines Schwarzen: Ex-Polizistin wegen Totschlags erstmals vor Gericht
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Demonstranten versammeln sich vor dem Brooklyn Center Police Department während eines Protestes nach dem Tod von Daunte Wright während einer Verkehrskontrolle.
© Quelle: John Minchillo/AP/dpa
Brooklyn Center. Die wegen Totschlags an dem schwarzen US-Bürger Daunte Wright angeklagte weiße Ex-Polizistin ist erstmals vor Gericht erschienen. Die 48-Jährige Kim P. war bei dem Termin am Donnerstag mit ihrem Anwalt über Zoom zugeschaltet, sagte aber wenig. Sie ist gegen eine Kaution von 100.000 Dollar aus dem Gefängnis entlassen worden. Wrights Familie forderte, die Anklage zu verschärfen. Der nächste Gerichtstermin wurde auf den 17. Mai festgelegt.
P. hatte Wright nach Polizeiangaben am Sonntag zusammen mit Kollegen wegen abgelaufener Nummernschilder angehalten. Dabei stellten die Beamten fest, dass gegen den 20-Jährigen ein Haftbefehl vorlag, weil er einem Gerichtstermin wegen illegalen Waffenbesitzes ferngeblieben war. Es kam zu einer Rangelei. Der inzwischen zurückgetretene Polizeichef Tim Gannon präsentierte Aufnahmen von P.s Körperkamera, die zeigen, wie sie sich Wright nähert, der mit einem Polizisten kämpft, der ihn verhaften will. P. ruft: „Ich werde dich tasern! Taser! Taser! Taser!“, und schießt dann mit der rechten Hand. Danach ist zu sehen, wie das Auto des angeschossenen Mannes schnell davon fährt und P. flucht: „Heilige (....), ich habe ihn erschossen.“
Mutter: „Wird niemals Gerechtigkeit für uns geben“
Gannon sagte, P. habe ihren Elektroschocker einsetzen wollen und versehentlich die Pistole zur Hand genommen. Die Strafanzeige verweist indessen darauf, dass P. ihre Pistole auf der rechten und den Taser auf der linken Seite trug. Sie hätte also die linke Hand nehmen müssen, um den Elektroschocker zu greifen. P. ist am Dienstag aus dem Polizeidienst ausgeschieden. Experten sagten, dass es durchaus vorkomme, dass Beamte Taser und Pistole verwechseln - allerdings sehr selten.
Wrights Familie bezweifelt, dass der Tod des 20-Jährigen ein Versehen gewesen sei. „Leider wird es niemals Gerechtigkeit für uns geben“, sagte Wrights Mutter Katie. Ihr Anwalt Ben Crump sagte, die Familie wolle nicht mehr und nicht weniger als volle Verantwortung und gleiche Gerechtigkeit. P., die 26 Jahre im Polizeidienst war, kenne den Unterschied zwischen einem Elektroschocker und einer Handfeuerwaffe. „P. richtete Daunte für etwas hin, das nicht mehr als eine geringfügige Verkehrsübertretung und einen Haftbefehl für ein Vergehen darstellt“, sagte Crump.
P. ist wegen Totschlags zweiten Grades angeklagt, worauf im Staat Minnesota bis zu zehn Jahre Gefängnis stehen. Crump und andere Anwälte verwiesen jedoch auf den Fall eines schwarzen Polizisten, der 2017 im benachbarten Minneapolis eine Weiße erschossen hatte und nicht nur wegen Totschlags zweiten Grades, sondern auch wegen Mord dritten Grades verurteilt wurde und zu zwölfeinhalb Jahre Gefängnis erhielt.
Mord dritten Grades bedeutet eine für andere äußerst gefährliche Handlung ohne Rücksicht auf Menschenleben. Darauf stehen bis zu 25 Jahre Haft. Die Juraprofessorin Rachel Moran von der University in St. Thomas sagte, eine solche Anklage sei auch im Fall P. sehr leicht möglich gewesen. Die Anklage gegen P. sei zwar durchaus ernst. „Aber sie ergreifen nicht die schwerste Anklage, die theoretisch möglich wäre“, sagte Moran. Die Staatsanwaltschaft reagierte zunächst nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme.
RND/AP