Pink Floyd verklagt deutschen Musikfan
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Pink Floyd-Sänger Roger Waters bei einem Auftritt in Berlin.
© Quelle: dpa
Potsdam. In „Money“, einem der berühmtesten Songs von Pink Floyd, heißt es zum Geräusch rasselnder Registrierkassen: „Greif dir die Kohle mit beiden Händen und bunkere sie.“ Das war 1973 ironisch gemeint, aber die Band hat ihre kapitalismuskritische Phase überwunden und nimmt die berühmten Textzeilen mittlerweile deutlich ernster: Jetzt haben ihre Anwälte einen Trödelhändler aus Bad Belzig (Potsdam-Mittelmark) verklagt. Peter D., 63 Jahre alt und Pensionär, soll rund 1300 Euro zahlen, weil er Urheberrechte der Band verletzt haben soll.
Auslöser des Streits ist ein Online-Angebot des Plattenliebhabers auf der Handelsplattform Amazon: eine DVD für 4,99 Euro mit Live-Mitschnitten der britischen Psychodelic-Band („Live Anthology“). Das Problem: Es handelt sich bei der von Peter D.s Amazon-Account angebotenen DVD um nicht lizenzierte Aufnahmen, also Raubkopien. Deshalb hat die Firma „Pink Floyd Music Ltd.“ – das Unternehmen der Musiker Roger Waters (Gesang), David Gilmour (Gitarre) und Nick Mason (Schlagzeug) – über eine Hamburger Anwaltskanzlei vor Gericht in Potsdam eine Unterlassungsverfügung erwirkt.
Pink-Floyd-Anwälte haben Gerichtsvollzieher eingeschaltet
Musik-Enthusiast Peter D. soll nun erklären, die Aufnahmen nie wieder anzubieten und sie zur Vernichtung freizugeben. Was aber viel problematischer ist: Er muss auch das Anwaltshonorar zahlen. Das beläuft sich bei einem festgesetzten Streitwert von 10.000 Euro auf anteilige 916,61 Euro. Dazu kommen Gerichts- und Vollstreckungskosten – macht etwa 1300 Euro. Mittlerweile haben die Pink-Floyd-Anwälte einen Gerichtsvollzieher eingeschaltet, weil sie das geforderte Geld nicht erhalten haben. Am Dienstag legte der Trödler aus der Fläming-Kreisstadt eine eidesstattliche Versicherung ab. "Ich konnte das verlangte Geld nicht zahlen", sagte er der MAZ.
Rechtlich sei die Lage eigentlich eindeutig, sagt der zuständige Obergerichtsvollzieher Ulf Tschenisch aus Brandenburg/Havel. Der Händler habe vermutlich nicht gewusst, dass er eine Schwarzpressung im Netz zum Verkauf anbot. „Aber Unwissenheit schützt vor Schaden nicht – es ist dumm gelaufen, rechtsstaatlich aber wohl nicht zu beanstanden“, so Tschenisch. Immer wieder kämen solche Lizenzstreitigkeiten vor, sagt der Gerichtsvollzieher. „Jede prominente Band hat ihre Anwälte, die nach Lizenzverstößen suchen“, sagt Tschenisch.
DVD originalverpackt beim Versandhandel erstanden
Händler Peter D., der Alternativ-Rocker Neil Young verehrt und sich „Don Pete“ nennt, weist jedoch jede Schuld von sich. Die DVD habe er völlig legal beim Versand „2001“ in Berlin gekauft – und zwar originalverpackt. Dass er in einem renommierten Verlagshaus Schwarzpressungen angedreht bekomme, damit habe er nicht rechnen können, so „Don Pete“. „Ich weigere mich zu zahlen“, sagt er. „Diese DVDs sind bei Woolworth, Lidl und anderen im Angebot gewesen“, so Peter D. Nach der ersten Zahlungsaufforderung der Hamburger Urheberrechtsanwälte habe er die DVD von dem Käufer zurückgefordert und auch erhalten, erzählt D.
Nach eigenen Angaben hat der Pensionär ein Einschreiben mit Rückschein an Pink-Floyd-Gründer Roger Waters geschickt, um die Sache auszuräumen. Aus London sei aber bislang keine Reaktion erfolgt, nicht einmal eine Eingangsbestätigung. Den Abmahnvorgang hält Peter D. auch deshalb für völlig überzogen, weil angeblich nicht er selbst, sondern sein 17 Jahre alter Sohn die DVD unter dem Händlernamen „Flämingkäfer“ ins Netz gestellt hat – zusammen mit Dutzenden Tonträgern und Postern anderer Bands. „Wer denkt da an Urheberrechtsverletzungen?“, sagt D.
Iron Maiden und Motörhead klagen ebenfalls regelmäßig
Bei dem Rechtsstreit Pink Floyd versus „Don Pete“ handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Systematisch geht die Hamburger Kanzlei Gutsch & Schlegel gegen Rechteverletzungen im Zusammenhang mit Pink-Floyd-Werken vor – im Auftrag der Band. Sie verfolgt zudem den illegalen Handel mit Tonträgern der Heavy-Metal-Bands Iron Maiden und Motörhead. Meister-Gitarrist Eric Clapton gehört ebenfalls zu den Mandanten. Die Recherche nach Bootlegs (Schwarzpressungen) im Internet überlässt die Kanzlei einem Dienstleister.
Gegenüber der MAZ sagte Anwalt Thomas Schlegel, seine Kanzlei habe es keineswegs darauf abgesehen „auf Spatzen zu schießen“. Die Kanzlei verklage auch Streaming-Plattformen, Vertriebe und Großhändler, wenn sie illegal Pink-Floyd-Titel vermarkteten. „Die Musiker wollen die Kontrolle über die Qualität dessen, was und ob sie veröffentlichen, behalten. Deshalb sieht das Urheberrecht vor, dass sie sich gegen Urheberrechtsverletzungen wehren können“, so der Anwalt. „Wer sich ungerecht behandelt fühlt, kann wiederum rechtlich dagegen vorgehen.“
Peter D. will den Rechtsweg bis zur letzten Instanz gehen. Er weiß, wovon er spricht. Hauptberuflich war er einmal Vollzugsbeamter.
Von Ulrich Wangemann