Seilbahnunglück in Italien: Notbremsen schon seit Jahren blockiert?
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Bei dem Seilbahnunglück in Italien starben 14 Menschen – ein Junge überlebte schwer verletzt.
© Quelle: Vigili del Fuoco/dpa
Die Notbremsen der verunglückten Seilbahn in Italien könnten möglicherweise schon seit Jahren blockiert worden sein. Darauf weisen neu aufgetauchte Videos aus den Jahren 2014 und 2018 hin, die vom ZDF analysiert wurden. Laut eines Berichts des Magazins „Frontal 21“ sind auf den Aufnahmen Gabeln – italienisch: Forchettone – zu sehen, die die Notbremsen blockieren.
Filmer aus der Schweiz nahm Videos auf
Die Videos wurden den Angaben zufolge von dem technikinteressierten Filmer Michael Meier aufgenommen. Der Schweizer, der selbst in der Seilbahnbranche gearbeitet hat, schaute sich die Aufnahmen nach dem Absturz der Seilbahngondel wieder an. Dabei fielen ihm die angebrachten Gabeln auf. „Schon im Jahr 2014 wurden diese Forchettone mit Personen in der Kabine eingesetzt“, sagte er dem ZDF-Magazin, das am Dienstag (21 Uhr) ausgestrahlt wird.
Der Schweizer Seilbahnexperte Gabor Oplatka von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) analysierte die Videoaufnahmen für das ZDF und kam zum selben Ergebnis: „Offensichtlich hat man das praktiziert. Und bis jetzt Glück gehabt, weil ein Zugsachschaden ja relativ selten vorkommt.“ Auch der italienischen Staatsanwaltschaft liegen die Aufnahmen mittlerweile vor.
Führungsseil ist gerissen
Am Pfingstsonntag war das Führungsseil der Bahn gerissen, eine Gondel raste am Tragseil Richtung Tal, ohne dass die Notbremse griff, stürzte an einer Stütze in die Tiefe und überschlug sich am Boden mehrfach, bis sie von einer Baumreihe gestoppt wurde. 14 Menschen wurden getötet. Der einzige Überlebende, ein fünf Jahre alter Junge, wurde schwer verletzt. Unklar ist weiterhin, warum das Führungsseil riss.
Einer der drei festgenommen Mitarbeiter räumte nach Angaben seines Anwalts ein, er habe die Notbremse bewusst blockiert. Sie habe immer wieder gegriffen, während die Gondeln unterwegs gewesen seien, erklärte der Anwalt Marcello Perillo. Sein Mandant hätte das nicht getan, wenn er geglaubt hätte, dass das Führungsseil reißen könnte. „Er ist kein Verbrecher und er hätte nie Leute mit dem Bremssystem hinauffahren lassen, wenn er gewusst hätte, dass es die geringste Möglichkeit gebe, dass das Seil reißen könnte“, sagte Perillo.
Die anderen beiden Seilbahnmitarbeiter wurden aus der Haft entlassen. Es gebe keine ausreichenden Beweise, dass sie gewusst hätten, dass der Techniker die Notbremse bewusst außer Kraft gesetzt habe, um Verzögerungen im Betrieb zu verhindern, sagte Untersuchungsrichterin Donatella Banci Buonamici.
RND/am/dpa