Amokfahrer von Trier zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt – Unterbringung in Psychiatrie
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Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr waren nahe der Fußgängerzone im Einsatz, in der ein Auto mehrere Menschen erfasst und tödlich verletzt hat. Nun ist ein Urteil gegen den Amokfahrer gefallen.
© Quelle: Harald Tittel/dpa
Im Prozess um die Amokfahrt in Trier mit fünf Toten ist der Angeklagte wegen mehrfachen Mordes und versuchten Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Trier befand am Dienstag zudem die besondere Schwere der Schuld und ordnete die Unterbringung des Mannes in einem geschlossenen psychiatrischen Krankenhaus an. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 52-Jährige am 1. Dezember 2020 mit seinem Geländewagen durch die Fußgängerzone raste, um möglichst viele Menschen zu töten oder zu verletzen.
Bei der Tat starben fünf Menschen: ein neun Wochen altes Baby, dessen Vater (45) und drei Frauen im Alter von 73, 52 und 25 Jahren. Zudem gab es zahlreiche Verletzte und rund 300 traumatisierte Augenzeugen. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Deutschen fünffachen Mord und versuchten Mord in 18 weiteren Fällen sowie schwere Körperverletzung vorgeworfen.
Verteidigung war für die Einweisung in eine Klinik
Die Schwurgerichtskammer des Gerichts unter dem Vorsitz von Petra Schmitz folgte in dem Urteil den Forderungen der Staatsanwaltschaft, die Urteilsbegründung dauerte am Dienstag zunächst noch an. Auch ein Großteil der Opferanwälte hatte sich für lebenslange Haft und die Unterbringung des Mannes in der Psychiatrie ausgesprochen. Die Verteidigung war für die Einweisung in eine Klinik.
Die Tat, bei der er das Auto als Waffe eingesetzt habe, sei heimtückisch gewesen: Er habe die Arg- und Wehrlosigkeit ausgenutzt und die meisten Opfer am Rücken erwischt. „Es war kein Entkommen möglich“, sagte Schmitz. Und er habe die Amokfahrt geplant: Er hatte sie vorher bei Bekannten angekündigt. Der gelernte Elektroinstallateur war zur Tatzeit alleinstehend, arbeitslos, ohne festen Wohnsitz.
Lebenslange Haft und Psychiatrie für Trierer Amokfahrer
Die Amokfahrt in Trier im Dezember 2020 sorgte bundesweit für Entsetze. Ein Mann raste mit einem Geländewagen durch die Fußgängerzone, tötete gezielt Passanten.
© Quelle: dpa
Nach dem Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen leidet der 52-Jährige an einer paranoiden Schizophrenie mit bizarren Wahnvorstellungen. Er ist demnach vermindert schuldfähig und gilt als gemeingefährlich. Der Angeklagte sehe sich als Opfer „eines großangelegten Komplotts des Staates“ gegen ihn und fühle sich verfolgt, abgehört und beobachtet, hatte der Experte berichtet. An den Tatzeitraum will der Amokfahrer keine Erinnerung haben.
Angeklagter schwieg zu Vorwürfen
Der gelernte Elektroinstallateur hat den ganzen Prozess über zu den Vorwürfen geschwiegen. Laut Anklage war er zur Tatzeit alleinstehend, arbeitslos, ohne festen Wohnsitz und durch seine persönlichen Lebensumstände frustriert.
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Die Hinterbliebenen und Betroffenen seien erleichtert, dass der Prozess nach einem Jahr Dauer zu Ende gehe, sagte Bernd Steinmetz für die Stiftung Katastrophen-Nachsorge der Deutschen Presse-Agentur. „Es war schon eine Belastung jetzt über die lange Zeit.“ Der Prozess sei „ein Meilenstein für die Verarbeitung“ gewesen.
Wolfgang Hilsemer, der bei der Amokfahrt seine Schwester (73) verlor und als Nebenkläger im Prozess dabei war, kann mit dem Richterspruch leben. „Damit bin ich zufrieden“, sagte er. „Das Wichtigste für mich ist, dass er nicht mehr rauskommt.“ Er sei auch froh, dass er den Amokfahrer nun nicht mehr sehen müsse.
Dutzende Zeugen gehört worden
In den gut 40 Verhandlungstagen seit dem 19. August 2021 sind Dutzende Zeugen gehört worden, die von traumatischen Erlebnissen erzählten. Viele hatten geschildert, wie der Mann gezielt auf seine Opfer zufuhr, Menschen traf, verletzte und tötete. Zudem berichteten sie, wie schwer das Erlebte sie bis heute belaste: Die Bilder kämen immer wieder zurück, sie erinnerten sich an die Schreie von damals.
Wenn das Urteil rechtskräftig wird, wird laut Staatsanwaltschaft zunächst die Maßregel der Unterbringung in der Psychiatrie vollstreckt. Sie gilt unbefristet. Sollte ein Sachverständiger irgendwann nach 5 oder 25 Jahren zum Ergebnis kommen, dass der Mann geheilt sei, schließe sich dann der normale Strafvollzug an.
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Vor der Porta Nigra in Trier haben Menschen zum Gedenken an die Opfer der Amokfahrt Kerzen aufgestellt.
© Quelle: Oliver Dietze/dpa
Amokfahrer dürfte „wohl eher nicht mehr aus dem Vollzug kommen“
Der Amokfahrer dürfte somit „wohl eher nicht mehr aus dem Vollzug kommen“, teilte Oberstaatsanwalt Samel mit. Bei lebenslang werde nach 15 Jahren erstmals durch die Strafvollstreckungskammer geprüft, ob überhaupt eine Außervollzugsetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe vertretbar sei. In den meisten Fällen sei dies jedoch nicht der Fall.
Der Opferbeauftragte der rheinland-pfälzischen Landesregierung, Detlef Placzek, sagte: „Das Urteil ist eine Chance für alle Betroffenen, mit den Erlebnissen des 1. Dezember 2020 abschließen zu können. Damit ist ein Weg vom Recht zur Gerechtigkeit gefunden worden.“
RND/dpa
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