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Vierfacher Mord in Brandenburg: Gefälschter Impfausweis und Verbindung zu „Querdenkern“? Die Fakten im Überblick

Medienvertreter stehen vor dem Haus, in dem die fünf Toten gefunden wurden.

Medienvertreter stehen vor dem Haus, in dem die fünf Toten gefunden wurden.

Königs Wusterhausen. Der Fund von fünf Toten im brandenburgischen Königs Wusterhausen sorgt für Fassungslosigkeit: Warum musste die Familie sterben? Immer mehr Details zu dem Fall werden bekannt, gleichzeitig bleiben andere Fragen unbeantwortet. Wir geben einen Überblick über den Stand der Ermittlungen.

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Was ist in Königs Wusterhausen passiert?

Am Samstag wurden fünf Tote in einem Einfamilienhaus im Königs Wusterhausener Ortsteil Senzig entdeckt. Es handelt sich dabei um eine Familie. Der Vater gilt laut Ermittlern als verantwortlich. Der Mann habe nach der Tat Suizid begangen, ergaben erste Ermittlungen, über die Polizei und Staatsanwaltschaft Cottbus am Montag informiert hatten. Ein Abschiedsbrief weise auf den 40-Jährigen als Täter hin, hieß es.

Der Mann soll seine Frau, ebenfalls 40 Jahre alt, und seine drei Kinder im Alter von vier, acht und zehn Jahren getötet haben – man fand alle mit Schussverletzungen. Zunächst hieß es, sie wiesen Schuss- und Stichverletzungen auf. Das revidierte die Staatsanwaltschaft später. Eine Schusswaffe fanden die Ermittler ebenfalls im Haus. Ob es sich dabei um die Waffe handelt, mit der geschossen wurde, sei aber noch offen.

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Laut Staatsanwaltschaft war der 40-Jährige nicht im Besitz eines Waffenscheins. Demnach konnte er sich die Waffe nur illegal besorgen. Zunächst hatte darüber die „Bild“-Zeitung berichtet.

Wann geschah die Tat?

Die fünfköpfige Familie aus Königs Wusterhausen lag nach Erkenntnissen der Ermittler vermutlich seit der Nacht auf Freitag tot in dem Haus. Das ergab die Obduktion, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Cottbus am Mittwoch sagte. Nach bisherigen Ermittlungen soll der Vater erst die Kinder und seine Frau und anschließend sich selbst mit einer Schusswaffe getötet haben.

Ein Anwohner hatte am Samstagabend berichtet, einige Tage zuvor einen Schuss gehört zu haben – sein Haus befindet sich wenige Häuser vom Ort des Verbrechens entfernt. Nach Angaben der Fahnder gehen die Ermittlungen auch im Umkreis der Getöteten weiter.

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Was stand in dem Abschiedsbrief? Was war das Motiv?

Der Brief, den Ermittler im Haus der Familie gefunden hatten, liegt der Staatsanwaltschaft Cottbus vor. Demnach hatte der Mann ein Impfzertifikat für seine Frau fälschen lassen, und ihr Arbeitgeber hatte dies erfahren. Nun hatte das Paar Angst vor einer Verhaftung und dem Verlust der Kinder, wie Oberstaatsanwalt Gernot Bantleon am Dienstag sagte. Dies wird aktuell als Motiv vermutet.

Was für eine Strafe droht tatsächlich für das Fälschen eines Impfpasses?

Die Gesetzgebung zum Anfertigen oder Vorlegen eines gefälschten Impfnachweises ist vor zwei Wochen verschärft worden. Seitdem ist der „Gebrauch unrichtiger Gesundheits­zeugnisse“ allgemein strafbar. Der entsprechende Paragraf des Strafgesetz­buchs sieht dafür eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vor. Auf Grundlage der Gesetzesänderung muss man nun auch als Privatperson mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn man einen Impfnachweis fälscht.

Dies war zuvor eine juristische Grauzone. Das Fälschen kann ebenfalls mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden.

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Der Arbeitgeber der Mutter der Familie wollte dem angeblich gefälschten Impfzertifikat der Frau nachgehen. Aus dem vorgelegten Dokument ergaben sich Nachfragen, zu denen die Mitarbeiterin der Technischen Hochschule Wildau schriftlich um Stellungnahme gebeten wurde, wie das Wissenschaftsministerium Brandenburg am Mittwoch auf Nachfrage mitteilte. Zunächst hatte die „Bild“-Zeitung berichtet. „Die TH Wildau hat nach Einschätzung des MWFK alles richtig gemacht“, hieß es von Seiten des Ministeriums.

„Nach dem aktuellen Infektionsschutzgesetz des Bundes gilt seit dem 24. November 2021 eine 3G-Regelung am Arbeitsplatz. Die Einhaltung dieser Regelung müssen die Arbeitgeber sicherstellen. Das hat die TH Wildau in diesem Fall getan“, so das Ministerium weiter.

War der mutmaßliche Täter polizei­bekannt?

Der 40-Jährige ist nach Kenntnissen von Bantleon polizeilich nicht bekannt gewesen. Die Familie war nach Angaben des Landkreises auch nicht beim Jugendamt bekannt. Auch die Staatsanwaltschaft hat keine Erkenntnisse, ob an den Befürchtungen des Vaters, ihm könnten die Kinder weggenommen werden, etwas dran ist.

War die Familie Teil der „Querdenker“-Szene?

Wie die „Märkische Allgemeine Zeitung“ (MAZ) berichtet, sind die Eltern allen Anzeichen nach Teil der Impfgegner­szene gewesen. Demnach war der Vater unter anderem seit dem 25. November Mitglied in der Telegram-Gruppe „Freiheitsboten Königs Wusterhausen“, in der sich auch die Nachricht von dem Polizei­einsatz nach dem Fund der Leichen schnell verbreitet habe. Ein Chat­teilnehmer hat dort laut „MAZ“ den Tod des Mannes und seiner Familie betrauert und auch geschrieben, dass die Partei Die Basis somit auch ein Mitglied verloren habe.

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Eine Bestätigung für die Partei­mitgliedschaft eines der beiden Elternteile konnte die Zeitung am Dienstag aber nicht erhalten. Laut Medienberichten hat sich die Familie in Corona-Quarantäne befunden. Das bestätigte der Oberstaatsanwalt Bantleon am Dienstag aber nicht.

Wie ordnet eine Psychologin die Tat ein?

Die Psychologin Prof. Dr. Isabella Heuser-Collier von der Berliner Charité glaubt an eine psychische Vorerkrankung des Familienvaters, wie sie im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) sagt. „In der Regel ist es bei solchen Mitnahme­suiziden so, dass eine psychische Erkrankung vorliegt, zum Beispiel eine schwere Angst­erkrankung oder eine Depression mit wahnhaften Vorstellungen“, sagte sie.

Dass der Vater einen Abschieds­brief hinterließ, ordnet sie folgendermaßen ein: „Abschiedsbriefe entstehen nicht aus einer Impuls­handlung heraus. (…) Ein solches Schreiben wird eher in einem Zustand der Ruhe und Abgeschlossenheit angefertigt, wenn sich die Person zum Sterben entschlossen hat. Dann möchte sich der Mensch einfach noch mal erklären, etwas zurechtrücken oder sich gegenüber Kindern, Angehörigen oder der Gemeinde rechtfertigen.“

Haben Sie oder Bekannte Suizidgedanken? Dann wenden Sie sich bitte an folgende Rufnummern:

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Telefonhotline (kostenfrei, 24 Stunden täglich), auch Auskunft über Hilfsdienste:

(0800) 111 0 111 (evangelisch)

(0800) 111 0 222 (römisch-katholisch)

(0800) 111 0 333 (für Kinder/Jugendliche)

Im Internet: www.telefonseelsorge.de

RND/hsc/mit Material von dpa

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