Vulkan wieder aktiv: nur kurzes Aufatmen auf La Palma
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Auch am Montag ist wieder eine dunkle Rauchsäule über dem Vulkan auf La Palma zu sehen.
© Quelle: imago images/Agencia EFE
Madrid. Um zwanzig vor neun verschickt Thomas Klaffke eine Nachricht: „Der Vulkan hat eine Pause gemacht.“ Anbei ein Foto vom Bergrücken mit einem kaum sichtbaren Rauchschleier darüber. Neun Minuten später kommt die nächste Nachricht: „Es war nur eine Pause.“ Dazu ein Foto aus derselben Perspektive, diesmal mit der seit Tagen gewohnten gewaltigen schwarzen Rauchsäule. Und noch eine Nachricht: „Ich bin mir sicher, jetzt schauen 10.000 Menschen zum Vulkan und beten.“
Wenn Beten hilft, dann hat es an diesem Montagvormittag geholfen. Der dicke schwarze Rauch auf dem zweiten Foto – „das war nur so einmal Husten“, sagt Klaffke eine gute Stunde später am Telefon. Der Vulkan tut, was er will, und jetzt gibt er erst mal Ruhe. Die Netzausgaben der Zeitungen jubeln. Etwas entspannter als die Tage zuvor hat sich der Deutsche Klaffke, der seit knapp 17 Jahren auf La Palma lebt, auf den Weg zur anderen Inselseite gemacht, etwas weiter weg vom Vulkan. Dorthin hat es einen Freund verschlagen, der ebenso wie Klaffke sein Haus in Reichweite des Vulkans räumen musste. Aber auch hier im Osten der Insel ist das Rumoren des Berges zu hören. Normalerweise. Jetzt hält er still.
„Die sind fix und fertig“
„Das ist die erste kleine Hoffnung seit acht Tagen“, sagt Klaffke, der im Westen La Palmas die Pension Tom‘s Hütte am Meer betreibt. Seit der namenlose Vulkan im Süden der Kanareninsel am Sonntag vor gut einer Woche ausbrach, sind die Nachrichten beinahe täglich immer nur dramatischer geworden. Gut 500 Häuser hat sich die zäh fließende Lavamasse bisher einverleibt. Am Sonntag traf es die Eltern sehr guter Freunde, erzählt Klaffke. „Die sind fix und fertig.“
Wenn es noch weiterer Bilder bedurft hätte, um die Allmacht der Lava über das Menschenwerk zu demonstrieren, dann lieferte es der Sonntagabend: Da kollabierte der Kirchturm von Todoque und verschwand in Sekundenschnelle hinter einer Rauchwolke und unter dem sich vorschiebenden heißen Geröll. Ein paar Tage hatte die Lava nahe der Kirche innegehalten. Dann erwachte ihr Appetit von Neuem.
Die Ostseite der Insel, wo der Hauptort Santa Cruz de La Palma liegt und nahe dabei der Flughafen, muss sich um die Lava nicht besorgen. „Aber auch hier liegt alles voll von Asche“, berichtet Klaffke. Am Sonntag gingen die Menschen in Santa Cruz mit Regenschirmen aus dem Haus, um sich vor der Asche zu schützen, die wie kalter Niesel auf sie niederfiel. Die Behörden empfahlen FFP2-Masken und Schutzbrillen. Es ist eine feine, scharfe Asche, die der Vulkan über der Insel verteilt. Für ein paar Tage schloss der Flughafen, und im Fährhafen bildeten sich lange Schlangen von Touristen und Einheimischen, die La Palma hinter sich lassen wollten. Am Montag war der Flughafen wieder geöffnet, aber die Fluggesellschaften wussten noch nicht, ob sie dem Frieden trauen und Flieger auf die Insel schicken sollten.
Menschen zittern aus der Ferne
Die Asche ist ein Fluch für die Landwirtschaft, sie legt sich auf die Pflanzen und auf die durchscheinenden Plastikplanen der Bananenplantagen und nimmt den Stauden das Licht zum Leben. Wenn das Drama aber vorüber ist, dann wird dieselbe Asche guter Dünger für die nächste Saison sein. Über die Lava dagegen lässt sich gar nichts Gutes sagen: Wo sie fließt und schließlich versteinert, wächst absehbar über Jahrzehnte nichts mehr.
Erst mal aber zittern die Menschen um ihre Häuser. Sie tun es aus der Ferne, sie dürfen sich ihrem Besitz nicht nähern. Eine private Drohne, deren Bilder aus dem Katastrophengebiet den Einwohnern täglich Bilder über den Stand der Dinge lieferte, wurde schon am Mittwoch von der Guardia Civil einkassiert, worüber Klaffke und andere böse schimpfen.
Am frühen Nachmittag ist Klaffke wieder zurück in seiner provisorischen Unterkunft bei Freunden in El Paso im Westen La Palmas, wo er den Vulkan beobachten kann. „Der hustet immer noch“, sagt er. Um seine Pension, die ein paar Kilometer bergab in Küstennähe liegt, macht er sich im Moment eher weniger Sorgen. „Gar nicht“, sagt er. Der Berg gibt immer noch Ruhe. Aber mitten im Gespräch entfährt es Klaffke: „Oh, jetzt aber ...“ Wieder steigt die Rauchsäule tiefschwarz und mächtig in den Himmel. Noch ist kein Ende in Sicht.