Wattestäbchen statt Sexspielzeug: Bordell bietet Corona-Tests an

Jenny, Mitarbeiterin im Bordell "Bienenstock Eros Center", führt am Fenster des Bordells einen Coronatest durch.

Jenny, Mitarbeiterin im Bordell "Bienenstock Eros Center", führt am Fenster des Bordells einen Coronatest durch.

Heidelberg. Corona-Test im Bordell? „Eigentlich keine schlechte Idee“, sagt ein Mann, der in der Heidelberger Bahnstadt sein Auto tankt. Es sei eben wichtig, dass sich so viele Menschen wie möglich testen lassen können. „Dafür eignet sich meiner Meinung nach so gut wie jeder Ort“, stellt der Mann klar und blickt auf die andere Straßenseite. Dort ist das Eros-Center „Bienenstock“ in einem modernen Bau untergebracht und bietet neuerdings Corona-Tests an.

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Etwas umständlich, aber machbar

Etwas umständlich, aus einem Fenster heraus, nehmen Prostituierte die Abstriche mit langen Wattestäbchen. „Angst vor einer Ansteckung habe ich nicht. Wir lassen uns außerdem regelmäßig selbst testen“, sagt die 45 Jahre alte Jenny. Sie und eine Kollegin hätten eine anderthalb Stunden dauernde Schulung bei einem Arzt absolviert.

Organisiert wird die Teststation von einer Fremdfirma, die dafür sorgt, dass die Ausstattung für Schnelltests, aber auch für PCR-Tests ausreichend vorhanden ist. Wie Jenny sagt, gab es in den vergangenen Tagen gerade einmal ein positives Testergebnis. Die Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen, lag Anfang der Woche in der Universitätsstadt bei 8,7.

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Rund um das Heidelberger Bordell herrscht Betrieb

Für Kalle, den Geschäftsführer des Eros-Centers, liegen die Vorteile dieses neuen Angebots auf der Hand „Anders als in der Innenstadt, haben wir hier ausreichend Parkplätze und können so relativ einfach Tests anbieten“, sagt er. Seinen vollständigen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Der 59 Jahre alte Mann stammt aus Karlsruhe, leitet das Etablissement in Heidelberg aber schon seit Jahren.

Wer sich im „Bienenstock“ testen lässt und ein negatives Ergebnis erhält, kann etwa ohne Probleme die mittlerweile wieder geöffneten Restaurants, Cafés oder Kneipen in der Stadt besuchen. Einen Termin brauche es nicht, wie der Geschäftsführer hinzufügt.

Mehrere Autohäuser, ein Baumarkt und eine Zoohandlung - rund um das Heidelberger Bordell herrscht Betrieb. Wer sich hier testen lässt? „Frauen, Männer, Kinder. Eigentlich alle“, behauptet Kalle. „Und das ohne den Stress, der sich in den engen Gassen und Straßen der Innenstadt abspielt“, fügt er mit badischem Zungenschlag hinzu. Wie es aus dem Rathaus heißt, waren zuletzt 41 Teststationen in der Stadt gemeldet. Dazu kämen Apotheken und Arztpraxen.

Das Geschäftsmodell existiert zurzeit faktisch nicht

Auch könnten sich am Seitenfenster des Freudenhauses Menschen mit Behinderungen bequem testen lassen. Tatsächlich ist an diesem Morgen auch ein Mann im Rollstuhl auf den ausladenden Parkplatz des Bordells gekommen, um sich testen zu lassen. Vorsichtig schiebt ihm Jenny das Stäbchen in die Nase und lässt den dünnen Stiel einige Male kreisen.

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Darüber, dass in den vergangenen Tagen deutschlandweit immer wieder Betrugsvorwürfe gegen Teststationen laut wurden, kann der Badener nur den Kopf schütteln. „Wenn sie sich so angreifbar machen, sind sie selbst schuld“, sagt er über mutmaßliche Betrüger, die mehr Schnelltests abgerechnet haben sollen als tatsächlich stattgefunden hätten. Kai Behrens, ein 26 Jahre alter Mitarbeiter des Eros-Centers, hatte die Idee, hier Corona-Tests anzubieten. „Wir wollen dazu beitragen, dass möglichst schnell wieder ein halbwegs normales Leben möglich wird“, sagt er.

Gleichwohl geht es nicht nur um den Dienst an der Allgemeinheit. Wegen der Corona-Verordnung dürfen Prostituierte seit vielen Monaten nicht mehr ihre Dienste anbieten. Das Geschäftsmodell „Bienenstock“ existiert zurzeit faktisch nicht. Die meisten Prostituierten seien aufgrund der Pandemie noch immer in ihren Heimatländern, beispielsweise in Rumänien oder Bulgarien. Auch Sexarbeiterinnen, die aus der Region stammen, mieten zurzeit keine Zimmer an. Ohne Kunden kein Geschäft. „Wir hoffen natürlich, dass es bald wieder weitergeht“, sagt der Geschäftsführer.

Prostitution hat sich vielerorts in private Wohnungen verlagert

Zumal sich die Prostitution vielerorts in private Wohnungen verlagert habe. Noch sei unklar, wann das Geschäft im „Bienenstock“ wieder anlaufen könne. Aber mit der Teststation habe man Vorsorge getroffen, sagt Kalle. Insofern sei es auch eine pragmatische Entscheidung gewesen, die Reizwäsche zeitweilig durch blaue Schutzkittel zu ersetzen. Der Bordellchef geht davon aus, dass Kundschaft sowie Sexarbeiterinnen künftig regelmäßig getestet werden müssen, wenn das Geschäft wieder anläuft. Insofern sei die Teststation eine Investition in die Zukunft. Es sei wichtig, dass endlich wieder Geld fließe. „Wir müssen strampeln wie jeder andere Mittelständler auch“, sagt der Mann aus dem Milieu.

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dpa/RND

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