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Reaktionen auf Entschuldigungsvideo

Xavier Naidoo: „Sinneswandel“ aus finanziellen Gründen?

Ein Bild aus erfolgreicheren Tagen: Die Musiker Xavier Naidoo (Mitte) und Kool Savas (links) freuen sich 2012 mit Moderator Stefan Raab über ihren Sieg im Bundesvision Song Contest.

Ein Bild aus erfolgreicheren Tagen: Die Musiker Xavier Naidoo (Mitte) und Kool Savas (links) freuen sich 2012 mit Moderator Stefan Raab über ihren Sieg im Bundesvision Song Contest.

Xavier Naidoo hat mit seinem Entschuldigungsvideo am Dienstagabend für unterschiedliche Reaktionen gesorgt. In einem rund dreiminütigen Clip hatte sich der umstrittene Sänger von Rechtsextremismus und Verschwörungstheorien distanziert, ohne zu erwähnen, welche Gruppierungen und Erzählungen konkret gemeint sind.

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Der 50-Jährige hatte sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit Rassismus- und Antisemitismusvorwürfen konfrontiert gesehen. Außerdem wurde ihm eine Nähe zur Reichsbürgerbewegung nachgesagt. Während der Corona-Pandemie machte er durch die Verbreitung von Verschwörungstheorien Schlagzeilen. Er war danach lange von der Bildfläche verschwunden.

Unterschiedliche Reaktionen

Nun also das Entschuldigungsvideo. In den sozialen Medien wurde Naidoos „Comeback“ und sein mutmaßlicher Sinneswandel unterschiedlich bewertet. Einige argumentierten, dass ein kurzes Video angesichts der massiven Verbreitung von Hass nicht als Distanzierung genüge. Andere begrüßten die Tatsache, dass die radikale Verschwörerszene einen ihrer wichtigsten Anführer verloren habe. Und wieder andere hielten Naidoos Entschuldigung für unglaubwürdig und vermuteten finanzielle Schwierigkeiten hinter der Kehrtwende.

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Tatsächlich hatte Naidoo in den letzten zwei Pandemiejahren keinen öffentlichen Auftritt mehr. Seine ursprünglich für 2021 geplante Tour wurde mehrfach verschoben und im Februar 2022 schließlich komplett abgesagt. Als Grund wurde die „andauernde Pandemie und die damit verbundene Planungsunsicherheit“ genannt.

Mehrere Sender beendeten Zusammenarbeit

Sein letztes Studioalbum erschien 2019. In diesem Jahr saß Naidoo auch in der Jury bei der RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS). Ein Jahr später kehrte er als Juror in die Show zurück, wurde aber vor Beginn der Liveshows aus der Jury geworfen, weil ihm vorgeworfen wurde, in einem selbstgedrehten Video rassistische Textzeilen gesungen zu haben.

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Bereits 2017 wurden Naidoo in seinem Song „Marionetten“ mit den Söhnen Mannheims antisemitische und verschwörungstheoretische Textzeilen vorgeworfen. Als Reaktion darauf stoppte Radio Bremen die Zusammenarbeit mit dem Künstler und seiner Band. Auch der NDR zog sich von einer Veranstaltung zurück, bei der Naidoo und die Söhne Mannheims auftreten sollten. 2020 meldeten sich die Söhne Mannheims mit einem neuen Album zurück – allerdings ohne Naidoo.

Musikproduzent Stein: „Xavier hat sich finanziell gut aufgestellt“

Abgesagte Konzerte und Zusammenarbeiten. Keine öffentlichen Auftritte und kein neues Album. All das könnte zur Annahme führen, dass Naidoo Geld braucht und sich dafür mit seinem Entschuldigungsvideo in der Öffentlichkeit rehabilitieren will.

Musikproduzent Thomas M. Stein glaubt nicht an diese Theorie. Er saß selbst bei der ersten DSDS-Staffel in der Jury und hat auch Xavier Naidoo persönlich kennengelernt. „Dass Xavier das Video aus finanzieller Not heraus veröffentlicht hat, ist der einzige Grund, den ich ausschließen kann“, sagt der Branchenkenner im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er glaube nicht, dass der Sänger sein verdientes Geld bereits ausgegeben hat. „So wie ich ihn kennengelernt habe, glaube ich, dass er sich finanziell gut aufgestellt hat“, erklärt Stein weiter.

Musikproduzent Thomas M. Stein.

Musikproduzent Thomas M. Stein.

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Über weitere Einkünfte Naidoos kann nur spekuliert werden. Mit über 500.000 monatlichen Hörern und Hörerinnen ist er auf Spotify weiterhin ein beliebter Künstler. Wie viel Geld ihm das bringt, ist jedoch unklar. Der Streamingdienst selbst gibt keine Auskunft darüber, wie hoch die Vergütung der Künstler ist. Das Geld pro Stream kann sehr unterschiedlich ausfallen. Rapper Farid Bang rechnet auf Instagram einst vor, dass er etwa 0,0038 Cent pro Stream verdiene, womit er mit 2,6 Millionen Streams auf etwa 10.000 Euro kommt. Rapperkollegen wie Rapper Kollegah und RAF Camora berichten von ähnlichen Zahlen.

Xavier Naidoo kommt mit seinem erfolgreichsten Song („Ich kenne nichts“) auf Spotify auf über 16 Millionen Streams. Ob diese Einnahmequelle dauerhaft reicht, ist aber zweifelhaft. Dass er jetzt wieder den Weg in die breite Öffentlichkeit suche, sei nachvollziehbar, sagt Thomas M. Stein. „Die ganze Situation ist ihm aus der Hand geglitten. Das ist blöd gelaufen. Aber er hat sich über die Jahre seine Kreativität bewahrt.“ Stein könne sich vorstellen, dass Naidoo musikalisch jetzt wieder durchstarten will.

„Ich glaube, er hat eine reelle Chance, wieder in der Öffentlichkeit stattzufinden.“

Musikproduzent Thomas M. Stein

In den sozialen Medien zeigten sich einige Nutzer skeptischer. „Fraglich, ob man massig Antisemitismus, Homophobie und Verschwörungsmythen in einem dreiminütigen Instagram-Video wieder glattbügeln kann“, hieß es dort beispielsweise.

Eine ähnliche Auffassung vertritt auch die Bürgerrechtlerin und Publizistin Katharina Nocun. „In dem Video wird nicht deutlich, von was er sich distanziert. Er nennt keine konkreten Gruppierungen oder Personen“ sagte sie auf RND-Anfrage. „Wenn jemand wie Xavier Naidoo von einem sehr radikalen Arm der Bewegung so lange als Aushängeschild genutzt wurde, und selbst sehr radikale Inhalte verbreitet hat, dann reicht ein kurzes unkonkretes Video als Distanzierung nicht aus.“

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Naidoo selbst will sich erstmal nicht weiter äußern. Auf eine Anfrage des RND teilt sein Management mit: „In der Hoffnung, dass die aktuelle Notsituation rasch ein Ende findet, wird es sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt Gelegenheit für weitere Erläuterungen zu den Hintergründen von in der Stellungnahme getroffenen Aussagen geben.“ Für Naidoo hätten gerade „private Hilfsmaßnahmen für Familie, Freunde und andere Hilfsbedürftige aus der Ukraine“ oberste Priorität.

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