3G am Arbeitsplatz, Homeoffice, Testpflicht: Das müssen Sie zum neuen Infektionsschutzgesetz wissen
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Am Eingang eines Cafés an der Berger Straße in Frankfurt hängt ein Plakat mit der Aufschrift „Hier gilt die 2G-Regel“ (Symbolbild).
© Quelle: Arne Dedert/dpa
Berlin. Der Bundestag hat am Donnerstag mit den Stimmen der möglichen künftigen Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP Änderungen am Infektionsschutzgesetz beschlossen. Die epidemische Lage von nationaler Tragweite wird nicht verlängert und läuft am 25. November aus – sollte der Bundesrat dem Gesetzesvorhaben zustimmen. Die Feststellung der Corona-Notlage durch den Bundestag ist zurzeit noch die Rechtsgrundlage für die Corona-Maßnahmen.
An ihre Stelle tritt ein Katalog von Maßnahmen, der in vielen Punkten mit dem identisch ist – etwa Maskenpflicht, Abstandsgebote, Hygienekonzepte –, was bisher schon möglich ist. Er enthält aber auch zusätzliche Regelungen. Ausgeschlossen sind künftig flächendeckende Schließungen und Verbote.
Wer entscheidet über die epidemische Lage in Deutschland?
Die Feststellung der epidemischen Lage nationaler Tragweite ist Aufgabe des Bundestags. Den ersten derartigen Beschluss traf er am 25. März 2020, damals noch zeitlich unbeschränkt. Seit März 2021 müssen die Beschlüsse jedoch alle drei Monate erneuert werden. Der letzte Beschluss stammt vom 25. August. Seine Wirkung endet am 25. November.
Was ist neu im überarbeiteten Infektionsschutzgesetz?
Zu den Neuerungen zählt die 3G-Regel am Arbeitsplatz. Wer bei der Arbeit mit Menschen in Berührung kommt, muss geimpft oder genesen sein oder sich täglich testen lassen. Beschäftigte, die sich weigern, müssen im Homeoffice arbeiten oder anderswo eingesetzt werden.
Auch generell gilt wieder eine Homeofficepflicht. Wo es seitens des Arbeitgebers und der Beschäftigten möglich ist, soll von zu Hause aus gearbeitet werden.
In Pflege- und Altenheimen sowie in Behinderten- und Gesundheitseinrichtungen gilt eine Testpflicht für Besucherinnen und Besucher sowie das Personal. Es sind aber keine täglichen Tests vorgeschrieben.
Die 3G-Regel gilt auch im Nah- und Fernverkehr sowie im innerdeutschen Flugverkehr und soll stichprobenartig kontrolliert werden.
Was kommt jetzt auf die Bundesländer zu?
Die Bundesländer entscheiden, welche Regeln sie für die Teilnahme am öffentlichen Leben erlassen – fast alle schreiben bereits ganz oder teilweise 2G vor, also Zutritt nur für Genesene und Geimpfte. In Ländern mit niedrigen Infektionszahlen wie Bremen treten 2G-Regeln bei höherer Inzidenz in Kraft.
Die Länder können weiterhin Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und im privaten Raum anordnen. Sachsen tut dies derzeit. Verordnungen, die auf der bis zum 25. November noch geltenden Rechtsgrundlage beruhen, bleiben den beschlossenen Änderungen zufolge über das Auslaufen der Corona-Notlage hinaus bis zum 15. Dezember in Kraft.
Die Bundesländer können auch weiterhin einzelne Veranstaltungen absagen und im Einzelfall Freizeiteinrichtungen schließen. Sie können künftig als Schutzmaßnahme gegen die Verbreitung des Corona-Virus aber keine Reiseverbote, Ausgangssperren, flächendeckenden Geschäftsschließungen oder ein Beherbergungsverbot mehr verfügen. Sport zu machen darf nicht verboten werden, wohl aber einzelne Sportveranstaltungen. Schulen und Kitas sollen offen gehalten werden – nur bei Corona-Ausbrüchen dürfen sie im Einzelfall geschlossen werden. Corona-Maßnahmen müssen auf ihre Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche geprüft werden. Gottesdienste und Demonstrationen dürfen nicht generell untersagt werden.
Was blüht Impfpassfälschern?
Die Strafen für das Fälschen von Impfnachweisen und das Verwenden falscher Nachweise werden verschärft.
Werden die Corona-Hilfen verlängert?
Die Hilfen gegen wirtschaftliche Folgen der Corona-Krise werden verlängert. Dazu zählen unter anderem der erleichterte Zugang zu Hartz‑IV-Leistungen, der Finanzschutzschirm für die Sozialbranche oder die Verdopplung der Kinderkrankentage für Eltern, die ihre Kinder wegen Corona-Auflagen zu Hause betreuen müssen.
Was passiert, wenn die Corona-Notlage ausläuft, weil der Bundesrat nicht zustimmt?
Die Feststellung der epidemischen Lage durch den Bundestag hatte anfangs vor allem symbolische Bedeutung. Seit November 2020 sind jedoch die Corona-Befugnisse der Bundesländer ausdrücklich im Infektionsschutzgesetz geregelt (Paragraf 28a) – und an die Feststellung einer epidemischen Lage gebunden. Wenn der Bundesrat dem geänderten Gesetz der Ampelparteien nicht zustimmt, würden alle Corona-Verordnungen der Länder ihre Rechtsgrundlage verlieren. Eine Mehrheit dort gilt wegen des Widerstands der unionsgeführten Länder und von Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg) aber als unsicher.
So reagieren Politiker auf den Beschluss im Bundestag
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak erklärte nach der Abstimmung, die Maßnahmen im Infektionsschutzgesetz würden nicht ausreichen. „Wir steuern auf eine sehr ernste Lage zu, wie wir sie noch nie hatten“, sagte Ziemiak dem RND. Er könne sich nicht erklären, woher der Widerstand der Ampelparteien gegen eine mögliche Schließung von Clubs, Bars und Restaurants bei hohem Infektionsgeschehen komme. Die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Katja Leikert (CDU) lobt zwar, dass die Ampelparteien 16 Maßnahmen doch noch hinzugefügt hätten. „Aber es fehlen wichtige Maßnahmen, zu denen auch die Schließung von Hotels und Reisebeschränkungen zählen“, sagte sie dem RND.
Der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki wies die Kritik an unzureichenden Maßnahmen gegenüber dem RND als „Unsinn“ zurück. Deutschland steuere mit dem Gesetz aus der Pandemie hinaus.
Auch SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hält das geänderte Gesetz für ausreichend. „Das Infektionsschutzgesetz reicht als Rahmen, muss jetzt aber auch konsequent angewendet werden“, sagte er dem RND. „Clubs, Bars und Restaurants müssen nicht geschlossen werden, wenn dort 2G plus gilt“, also Zutritt nur noch für Geimpfte und Genesene, die zusätzlich einen negativen Test vorweisen können.
RND/fw mit Material der dpa