40 Abgeordnete hatten wegen Masken Kontakt zum Ministerium – Liste veröffentlicht
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Jens Spahn
© Quelle: Getty Images
Berlin. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat wie angekündigt eine Liste aller Bundestagsabgeordneten veröffentlicht, die im Frühjahr 2020 in der ersten Welle der Corona-Pandemie im Zusammenhang mit der Beschaffung von Schutzmasken, OP-Handschuhen oder Kitteln Kontakt zum Gesundheitsministerium aufgenommen hatten.
Die Liste enthält die Namen von insgesamt 40 Abgeordneten und die jeweiligen Unternehmen, um die es bei den Kontakten ging. Aufgeführt sind nur die Firmen, bei denen es tatsächlich zu einem Geschäftsabschluss mit der Bundesregierung kam.
Neue Fälle von illegalen Provisionszahlungen sieht das Gesundheitsministerium nicht. Dem Ministerium lägen – „abgesehen von den öffentlich bekannten Fällen – bezogen auf die genannten Abgeordneten oder Unternehmen keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten, Provisionszahlungen oder die Gewährung irgendwelcher anderen Vorteile vor“, heißt es in einem Schreiben von Gesundheits-Staatssekretär Thomas Steffen an den Vorsitzenden des Bundestags-Gesundheitsausschusses, Erwin Rüddel, das dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
Das Ministerium weist zudem darauf hin, dass sich die meisten Kontakte erst nach einem Vertragsabschluss ergeben hätten – etwa dann, wenn sich Unternehmen wegen ausstehender Zahlungen an die Abgeordneten gewandt hätten. „Häufig blieb es bei einem vereinzelten Zugehen auf das BMG, einer Weiterleitung einer Anfrage oder eines Schreibens des betroffenen Unternehmens“, so das Ministerium.
Auch Abgeordnete aufgelistet, die gegen Veröffentlichung waren
Nach Angaben aus Ministeriumskreisen sind in der Liste auch die Namen von Abgeordneten aufgeführt, die einer Nennung in der Öffentlichkeit ausdrücklich widersprochen hatten. Es handele sich aber nur um „sehr, sehr einzelne“ Fälle, hieß es. Zudem habe eine Reihe von Abgeordneten gefordert, die eigene Darstellung zusammen mit der Liste zu veröffentlichen. Das habe man aber unter Hinweis auf die Möglichkeit der Abgeordneten, zeitgleich eigene Erklärungen abzugeben, abgelehnt.
Zu der Veröffentlichung der Namen auch gegen den Willen der Abgeordneten hieß es, es gebe in der Abwägung der verschiedenen Rechte aller Beteiligten einen „überwiegenden“ presserechtlichen Auskunftsanspruch. Um einen „schonenden Ausgleich“ aller Rechte zu erreichen, sei bei der Information der Öffentlichkeit aber auf der Grundlage eines extra eingeholten Rechtsgutachtens eine „typisierte, standardisierte Kurzform“ gewählt worden.
Wie von ihm bereits selbst angekündigt, wird Minister Spahn selbst am häufigsten auf der Liste erwähnt. Er wird im Zusammenhang mit 29 Geschäftsabschlüssen genannt. Der CDU-Politiker Christoph Ploß trat bei sechs Geschäften in Erscheinung. Bei dem CDU-Abgeordneten Björn Simon waren es vier Geschäfte. Außer Politikern von CDU und CSU findet sich auf der Liste auch die SPD-Vizefraktionschefin Bärbel Bas, die im Zusammenhang mit einem Geschäft genannt wird.
Bekannt sind bisher die Fälle der früheren Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein (CSU), Nikolas Löbel (CDU) und Mark Hauptmann (CDU), die inzwischen die Mandate niedergelegt und aus ihren Parteien ausgetreten sind. Gegen Nüßlein ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Es geht um Provisionen im sechsstelligen Bereich für die Vermittlung von Kaufverträgen über Corona-Schutzmasken.
Gegen Löbel wird wegen Untreue ermittelt. Auch hier sollen Provisionen geflossen sein. Bei Hauptmann besteht der Verdacht der Bestechlichkeit von Mandatsträgern, weil ebenso Geld für die Vermittlung von Geschäften mit Corona-Schutzmasken im Spiel gewesen sein soll.
Vorgehen des Gesundheitsministeriums „potenziell rufschädigend“
Die Vorsitzende des Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), hat das Vorgehen des Gesundheitsministeriums als potenziell rufschädigend kritisiert. „Ich habe keine Masken vermittelt, sondern versucht, bei einer Streitschlichtung behilflich zu sein“, sagte Lindholz dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Der Veröffentlichung hatte ich zugestimmt, allerdings unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass kein missverständlicher Eindruck entsteht. Genau das ist jetzt bedauerlicherweise passiert, weil das Bundesgesundheitsministerium offensichtlich nicht in der Lage ist, differenzierter zu arbeiten. Ich hätte mir da deutlich mehr Fingerspitzengefühl gewünscht. Nicht nur mein guter Ruf, sondern auch der Ruf vieler mittelständischer Unternehmen steht auf dem Spiel. Da darf man schon etwas mehr Mühe erwarten.“