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AfD-Geheimtreffen: Spitzen des aufgelösten Flügels treffen sich mit Meuthen-Gegnern

Zwei gegen einen: Der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland und Thüringens Landeschef Björn Höcke verbünden sich gegen Parteichef Jörg Meuthen. Das Wahljahr wird turbulent für die AfD.

Zwei gegen einen: Der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland und Thüringens Landeschef Björn Höcke verbünden sich gegen Parteichef Jörg Meuthen. Das Wahljahr wird turbulent für die AfD.

Berlin. Für einen Sonntag im Januar, mitten im Lockdown, war erstaunlich viel los im kleinen Dorf Steinhöfel im Osten Brandenburgs. Gut 50 hochkarätige AfD-Vertreter kamen hier vor knapp vier Wochen zu einem Geheimtreffen zusammen. Die Köpfe des offiziell aufgelösten rechtsextremen „Flügels“ um den Thüringer Landeschef Björn Höcke setzten sich mit ihren Unterstützern aus Partei- und Fraktionsspitze zusammen. Nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) war Parteichef Tino Chrupalla ebenso dabei wie Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland. Auch angereist: die „Flügel“-nahen Landeschefs von Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, Martin Reichardt und Jens Kestner. Die Brandenburger AfD-Spitze kam ohnehin.

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Der im vergangenen Frühjahr formal aufgelöste „Flügel“ wirkt also machtvoll weiter in der Partei, seine Strukturen sind intakt. Was hinzukommt: Die besonders radikalen Kreise in der AfD binden weitere Kräfte an sich, die mit ihnen zusammen ein gemeinsames Ziel verfolgen: den zweiten Parteichef Jörg Meuthen abzusägen, spätestens bei den regulären Vorstandswahlen am Jahresende.

Einigermaßen missmutig blickte die Runde ins Wahljahr. Der AfD droht nach wie vor die bundesweite Einstufung als Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz, sie muss mit teilweise empfindlichen Verlusten bei den Landtagswahlen und der Bundestagswahl rechnen – und das Meuthen-Lager hat beim Parteitag Ende November in Kalkar einige knappe Siege gegen die innerparteiliche Konkurrenz errungen.

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Zuletzt setzte sich Bernd Gögel in Baden-Württemberg in einer Mitgliederbefragung um den Titel des Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im März knapp gegen den radikaleren Emil Sänze durch. Auch Sänze war unter den Teilnehmern in Steinhöfel.

In den kommenden Wochen und Monaten geht es nun landauf, landab um die Kandidaten für die Bundestagswahl im Herbst. Die Steinhöfel-Runde will möglichst geschlossen auftreten, um nicht weitere Niederlagen gegen Meuthens Mannen hinnehmen zu müssen.

Auch die Frage der Bundestagsspitzenkandidatur ist noch offen. Meuthen bleibt in Brüssel. Vom Spitzenteam der Bundestagswahl 2017, Gauland und Alice Weidel, gibt es noch keine Aussage. Chrupallas Ehrgeiz ist groß, aber er darf sich nicht voreilig ins Spiel bringen. In dieser Woche sagte er dpa, ob die AfD ihren Wahlkampf diesmal mit einem, zwei oder möglicherweise ganz ohne Spitzenkandidaten bestreiten werde, stehe noch nicht fest. Entschieden werde dies Ende April oder Anfang Mai auf einem Bundesparteitag als Präsenzveranstaltung. Dort soll auch das Wahlprogramm beschlossen werden. Dem Vernehmen nach gibt es in der AfD unterschiedliche Auffassungen: Einige Funktionäre wollen sogar ein Team aus drei oder mehr Kandidaten nach vorne stellen, andere plädieren dafür, gar keinen Spitzenkandidaten zu benennen.

Laut Chrupalla werden „Grundrechte, Freiheiten und die Corona-Einschränkungen“ im Zentrum des Bundestagswahlkampfs stehen. Damit baut die AfD unter anderem auf die Möglichkeit, Stimmen aus Querdenker-Kreisen abzuziehen.

Die Auseinandersetzung mit dem Verfassungsschutz soll schwerpunktmäßig im Osten zum Wahlkampfthema werden, ließ Chrupalla verlauten. Sein Landesverband Sachsen ist ebenso wie Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg bereits zum rechtsextremen Verdachtsfall erklärt worden.

„Der Flügel ist längst der ganze Vogel“

In Brandenburg teilte Landesvize Birgit Bessin nur Stunden nach dem Treffen in Steinhöfel mit, dass die Landes-AfD zwei Klagen gegen den Verfassungsschutz einreicht.

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Die Behörde äußerte sich zu dem Treffen nicht. Innenminister Michael Stübgen (CDU) hatte bereits im vergangenen Jahr gesagt: „Die Brandenburger AfD ist geprägt und dominiert vom Gedankengut des ‚Flügels‘. Die vermeintliche Auflösung des ‚Flügels‘ macht da keinen Unterschied. In der Brandenburger AfD ist der ‚Flügel‘ längst der ganze Vogel.“

Und Brandenburgs Verfassungsschutzchef Jörg Müller sagte der „taz“: „Die Auflösung des ‚Flügels‘ ist eine Scheinauflösung, seine Protagonisten sind ja alle weiter in der Partei und sehr dominant. Das ist wie Aspirin: Erst lag die Tablette neben dem Glas, jetzt löst sie sich im Glas auf. Und der Wirkstoff wirkt natürlich weiter.“

Chrupalla will sich an diesem Wochenende zunächst in Dresden auf Platz eins der sächsischen Landesliste wählen lassen. Als Ehrengast auf dem Landesparteitag wird Gauland erwartet. Für beide dürfte es ein Heimspiel werden.

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