Alle unter einem Dach: Muslime, Christen und Juden bauen gemeinsames Gotteshaus in Berlin

So soll sich das House of One ins Berliner Stadtbild einfügen.

So soll sich das House of One ins Berliner Stadtbild einfügen.

Berlin. Es ist weltweit einmalig und angesichts der jüngsten Gewaltausbrüche im Nahen Osten eher unglaublich: Moslems, Juden und Christen bauen an einem Haus. Und weil es so einmalig und unglaublich ist, heißt das Projekt schlicht House of One. Am Donnerstag wird dafür in Berlins historischer Mitte der Grundstein gelegt.

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Seit 2011 wird an dem Haus, das künftig eine Moschee, eine Synagoge und eine Kirche unter seinem Dach vereint, geplant. Die einzelnen Gotteshäuser werden durch einen zentralen Raum der Begegnung, den Kuppelsaal, miteinander verbunden. Ganz oben, in 32 Meter Höhe, kann die Stadt der Vielfalt nach allen Seiten betrachtet werden.

Es ist ein echtes Basisprojekt – angestoßen von der evangelischen Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien in der Hauptstadt und freudig unterstützt von jüdischer Gemeinde und der muslimischen Dialoginitiative Forum Dialog.

„Am Urort Berlins soll Zukunftsmusik erklingen“

Der entstehende Sakralbau aus Backstein befindet sich auf bedeutungsschwangerem Boden: Die Fundamente der im Zweiten Weltkrieg beschädigten und im Zuge der neuen Hauptstadtplanung zur Errichtung der „DDR-Staatsachse“ 1964 abgerissenen Petri-Kirche sollen das mehrreligiöse House of One tragen.

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Gregor Hohberg, Pfarrer und Initiator meint: „Am Urort Berlins, dort, wo die Stadt geboren ist und ihre erste Kirche stand, dort soll Zukunftsmusik erklingen.“

Für Berliner Verhältnisse liefen die Planungen, der Architekturwettbewerb und die Finanzierung ungewöhnlich zügig und geräuschlos ab. Die Baukosten werden mit 47 Millionen Euro angegeben. Der Bund steuerte 20 Millionen bei, das Land Berlin 10 Millionen. Der Rest wurde mit Spenden und anderweitigen Zuwendungen eingesammelt. Die Fertigstellung ist für spätestens 2025 geplant.

Nahostkonflikt und Antisemitismus

Der aktuelle Nahostkonflikt, der erneut anschwellende Antisemitismus in Deutschland und der Umgang damit im House of One verdeutlichen, in welche Richtung die Stiftung „House of One – Bet- und Lehrhaus Berlin“ gehen will.

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Geistliche des House of One im Gespräch (v.l.n.r.) Rabbiner Andreas Nachama, Imam Kadir Sanci und Pfarrer Gregor Hohberg.

Geistliche des House of One im Gespräch (v.l.n.r.) Rabbiner Andreas Nachama, Imam Kadir Sanci und Pfarrer Gregor Hohberg.

„Ein Schatten ist auf jüdisches Leben in Deutschland gefallen“, sagt Rabbiner und Mitinitiator Andreas Nachama. Doch so wenig der Terror, der den Islam für die Legitimation seiner Taten heranziehe, dazu führen dürfe, dass Muslime unter Generalverdacht gestellt würden, so wenig sollten jüdische Menschen zu Stellvertretern eines Staates gemacht werden, der im Rahmen der Meinungsfreiheit kritisiert werden könne, so Nachama.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, betonte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dass der Weg der Toleranz und des Dialogs der einzig zukunftsfähige Weg für ein friedliches Zusammenleben sei. „Das Projekt House of One setzt gerade jetzt ein wichtiges Zeichen. Antisemitismus und Islamophobie nehmen zu. Aber sie führen in die Irre, weil sie Hass schüren und potenziell in Gewalt münden.“

Modell vom House of One in Berlin (Querschnitt).

Modell vom House of One in Berlin (Querschnitt).

Unterschiede der Religionen sollen nicht vermischt werden

Das Projekt bedeute kein Verwischen der Unterschiede zwischen den Religionen, so Bedford-Strohm. Im Gegenteil: Es zeige einen Weg des Umgangs mit diesen Unterschieden, der von Respekt und Wertschätzung geprägt sei. „Das House of One wird ein Ort dafür sein. Es gibt damit ein Beispiel dafür, wie Religionen als Kräfte von Frieden und Versöhnung in der Gesellschaft wirken können.“

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Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, betont gegenüber dem RND, dass „gerade in diesen Zeiten“ mehr denn je interreligiöse Kooperationen wie das House of One benötigt würden. „Wenn wir ehrlich sind, dienen wir damit am meisten unserem einen Gott, dem Frieden und der Versöhnung untereinander. Ich wünsche mir, dass dieses Projekt zukünftig auf möglichst breiter Basis Dienst an unsere Berliner Gemeinschaft und Deutschland im Ganzen leistet.“

Auch Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, betont die aktuellen Bezüge. „Das Projekt fördert das Gespräch der Religionen miteinander anstatt übereinander“, sagte er dem RND. „Dieser religiöse Austausch auf Augenhöhe ist derzeit wichtiger denn je.“

Katholiken: Religionen als Motoren des Friedens

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, erinnert daran, dass Mitglieder der jüdischen Gemeinden ihre Situation angesichts von täglich mehr als sechs judenfeindlichen Straftaten im vergangenen Jahr zunehmend als bedrohlich empfänden. „Die in den letzten Jahrzehnten wieder gewachsenen jüdischen Synagogengemeinden sind durch den aufbrechenden Antisemitismus unter dem Deckmantel der Kritik an der Politik Israels stark verunsichert.“

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Sternberg wendet sich aber auch dagegen, Muslime für die Pervertierung ihres Glaubens im Islamismus unter Generalverdacht zu stellen. „Sogar die Empörung gegen antisemitische Ausschreitungen wird gelegentlich zu einem Spiel über Bande gegen einen als nicht zugehörig angesehenen Islam.“

„Die Zurückweisung jeder Form von Ausgrenzung und Hass aufgrund einer Religionszugehörigkeit ist ein Gebot der Stunde“, so der ZdK-Präsident gegenüber dem RND. „Das House of One kann verdeutlichen, wie die Angehörigen der drei Religionen, die sich auf Abraham als ihren Stammvater beziehen, Motoren des Friedens und der Verständigung sind. Der Glaube an den einen Schöpfer ist Grundlage ihrer Weltverantwortung.“

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