Als Kanzlerin Merkel den Smiley machte

Der Moment, als Angela Merkel ihr Lieblings-Emoji nachmachte: den Smiley.

Der Moment, als Angela Merkel ihr Lieblings-Emoji nachmachte: den Smiley.

Berlin. Eine Meereswelle. Die würde Angela Merkel auf ihr T-Shirt drucken, wenn sie denn müsste. Schließlich passt das zu ihrem Wahlkreis an der Ostseeküste. Der Youtuber Alexander Böhm alias „AlexiBexi“ hatte sie gefragt, welchen Spruch sie gerne mit sich herumtragen würde. Das brachte den Redefluss der Kanzlerin kurzzeitig ins Stocken. Bis ihr die rettende Meereswelle einfiel. Es war das einzige Mal beim Live-Interview der Kanzlerin mit vier jungen Youtubern. Jeder bekam zehn Minuten, ein Speed-Dating mit Merkel also. Diese blieb präsidial, zugewandt, souverän. Das war auch nicht wirklich schwierig, denn keiner der vier stellte wirklich überraschende, konfrontative oder auch nur unerwartete Fragen. Professionell waren sie, die vier, die wichtigen Themen wurden abgehandelt. Bildung, Elektromobilität,Breitbandausbau, Frauenquote, Erdogan, Trump, Flüchtlinge. Ja, so erwartbar, so wenig ungewöhnlich. Dabei wurden die Fragen aus den Youtube-Gefolgschaften ausgesucht, man muss also davon ausgehen, dass dieses breit diskutierte politische Schwarzbrot wirklich die jungen Menschen an den mobilen Endgeräten interessiert. „ItsColeslaw“ nennt sich die 22-jährige Psychologiestudentin Lisa Sophie, sie versuchte Merkel in eine Diskussion über das deutsche Bildungssystem zu verwickeln. Das ist Ländersache, entsprechend ausweichend waren die Antworten der Bundeskanzlerin, bis sie dann plötzlich auf die Frage nach den Grundfertigkeiten das Wort „Programmieren“ in den Mund nahm. Sofort wachte das Netz auf? Hat sie wirklich Programmieren gesagt, nimmt die das „Neuland“ Internet jetzt ernst? Scheint so. Noch wichtiger sei, „sich selbst ein Thema erarbeiten zu können“. Da verbindet sich die Wissenschaftlerin mit der Generation Google und gewinnt vermutlich zusätzlichen Respekt.

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Gruppenbild mit Kanzlerin: Die Youtuber

Gruppenbild mit Kanzlerin: Die Youtuber

Merkel bleibt natürlich auch im Gespräch mit Youtubern Merkel. Trocken, unkonkret, ernst. Als sie einmal grinst, wirkt das fast grotesk? „Welches Emoji ist ihr liebstes?“, fragt AlexiBex und Merkel wählt den Smiley. Eine lange Sekunde flimmert eine Smiley-Merkel über die Monitore, dann sinken ihre Mundwinkel zum Glück wieder auf den gewohnten Tiefstand. Wenn es sehr gut laufe, mache sie ein Herzchen dran, wenn nicht, eine Träne, fügt sie an. Da stellt man sich sofort VW-Chef Matthias Müller vor, wie er eine Merkel-SMS mit Tränen-Smiley bekommt.

Die Autoindustrie geht sie für ihre Verhältnisse im Frontalcrash an. Mit AlexiBex diskutiert sie lange über Elektromobilität und lässt sich zu dem Satz hinreißen: „Manchmal mache ich mir Sorgen: Ist unsere Autoindustrie innovativ genug?“ Nur zehn Prozent der Regierungsautos hätte einen Elektroantrieb, hält der Youtuber der Kanzlerin vor, und sie antwortet. „Das ist ein Anfang.“ Und er lässt sie damit durchkommen.

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Keine Gefahr auch bei den Fragen von Mirko Drotschmann alias „MrWissen2Go“. Zu Erdogan, Flüchtlingen und Trump stellt er sie weich gespült und vorsichtig, staatsmännisch antwortet die Kanzlerin. Spannender wird es bei der 21-jährigen Ischtar Isik, die offensiv damit umgeht, dass sie sonst Beauty-Tipps gibt und das ihr erstes Interview sei. Sie fragt Merkel nach Feminismus und Sexismus, und die scheint sich inzwischen – ganz im Gegensatz zur jüngsten Vergangenheit – mit dem Thema wohl zu fühlen. Das nächste Kabinett soll „fast“ paritätisch besetzt sein, kündigt Merkel an, und sechs Prozent Frauen in den deutschen Vorständen „kann ja wohl nicht sein“.

Was fehlte: Keine Fragen zu Diskriminierung, zur Bevorzugung der Rentner gegenüber den Jungen, zur digitalen Zukunft. Nicht jedes uckermärkische Dorf könne einen Breitband-Anschluss bekommen, sagt die Uckermärkerin Merkel, und AlexiBexi nickt. So einfach kann es nicht sein. Schon gar nicht auf Youtube.

Von Jan Sternberg/RND

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