Antisemitismus-Beauftragter auf „Antisemiten-Liste“: Jüdische Gemeinden verteidigen Blume

Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter der baden-württembergischen Landesregierung. (Archivfoto)

Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter der baden-württembergischen Landesregierung. (Archivfoto)

Karlsruhe. Nach der scharfen Kritik des Wiesenthal-Zentrums in den USA erhält der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume Rückendeckung von den jüdischen Gemeinden. „Michael Blume und sein kleines Team leisten hervorragende, unverzichtbare Arbeit“, sagte Rami Suliman, der Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinschaft (IRG) Baden. Auch die IRG Württemberg hat blankes Unverständnis darüber erklärt, dass Blume vom Simon Wiesenthal-Zentrum (Los Angeles) auf dessen „Antisemiten-Liste“ 2021 geführt wird.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Er habe seit 2019 anti-jüdische, anti-israelische und konspirative Twitter-Accounts gelikt und Beiträge weiterverbreitet, begründete das Zentrum seine Entscheidung am Dienstagabend bei der Vorstellung der Liste der zehn weltweit schwersten antisemitischen Vorfälle. Blume habe es zudem versäumt, Freiburg dazu aufzurufen, seine Städtepartnerschaft mit dem iranischen Isfahan zu beenden. Israel und der Iran sind Erzfeinde.

In seinem neuen Bericht kritisiert das Wiesenthal-Zentrum zudem, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Innenminister Thomas Strobl (CDU) hätten Blume „unerklärlicherweise (...) erlaubt (...), sich weiter an diesen antisemitischen und anti-israelischen Aktivitäten in den sozialen Medien zu beteiligen“.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Suliman kritisierte nun die aus seiner Sicht mangelnde Kooperation des Wiesenthal-Zentrums. „Als in Baden-Württemberg lebende Juden hat das Simon Wiesenthal Center in Sachen Antisemitismusbekämpfung mit uns weder kooperiert noch ist es sonst bislang konkret in Erscheinung getreten“, sagte der Pforzheimer. Er ist zudem Mitglied im Direktorium des Zentralrat der Juden in Deutschland.

Blume dankt „für ganz viel Solidarität“

Klare Unterstützung erhielt Blume auch von Barbara Traub, der Vorstandssprecherin der IRG Württemberg. „Wir kennen Dr. Michael Blume bereits seit fast zwei Jahrzehnten als einen außergewöhnlich engagierten und ausgesprochen kompetenten Kämpfer gegen Antisemitismus jeder Form, als einen Freund der jüdischen Gemeinschaft“, erklärte sie. Einen Brückenbauer zwischen Baden-Württemberg und Israel auf eine gemeinsame Liste mit Feinden Israels zu setzen sei „ungeheuerlich“, heißt es zudem in einer gemeinsamen Erklärung der badischen und württembergischen IRG.

Blume dankte den jüdischen Gemeinden über Twitter „für ganz viel Solidarität“. „Die jüdischen Landesgemeinden waren wunderbar klar“, schrieb er und bezeichnete die Kritik an ihm und seiner Arbeit als die „bizarren Vorwürfen durch extreme, das Zusammenleben attackierende Akteure“. Es gehe ihm gut, twitterte der 45-Jährige zudem über seinen privaten Account.

Auch Ministerpräsident Kretschmann nahm ihn deutlich in Schutz. „Es gibt keinen Grund, an der Integrität unseres Antisemitismusbeauftragten Michael Blume zu zweifeln“, sagte der Regierungschef am Mittwoch auf Anfrage. Der Experte habe in den vergangenen Jahren einen wertvollen Beitrag im Kampf gegen Antisemitismus und Judenhass geleistet und genieße bei den Israelitischen Religionsgemeinschaften höchste Reputation.

Rückendeckung erhielt er ebenso von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Blume sei ein top-engagierter, herausragender Antisemitismusbeauftragter. „Ich kann mir für diese Aufgabe keine bessere Person vorstellen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Als Antisemitismusbeauftragter des Landes ist Blume der Ansprechpartner für jüdische Gruppen, aber auch für Moscheegemeinden, Bildungseinrichtungen und Kommunen. Der Religionswissenschaftler hatte bei seinem Amtsantritt im Jahr 2018 betont, er wolle der Judenfeindlichkeit im Südwesten ein Ende bereiten.

Das 1977 gegründete Wiesenthal-Zentrum mit Hauptsitz in Los Angeles ist mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern bekannt geworden. Es bemüht sich aber auch um die Förderung von Toleranz und kämpft in aller Welt gegen Rassismus, Antisemitismus, Terrorismus und Völkermord.

Antisemitismus-Bericht kritisiert Deutsche Welle

An seiner Liste gab es aber schon in der Vergangenheit Kritik. So hatte das Wiesenthal-Zentrum 2019 den deutschen UN-Botschafter Christoph Heusgen auf seiner Liste genannt. Der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, nahm den Diplomaten daraufhin in Schutz und sagte: Solche „wirklich völlig unangebrachten“ Vorwürfe würden die Diskussion nur erschweren.

Auch die Deutsche Welle (DW) ist im Wiesenthal-Jahresbericht gelistet. Im Unterpunkt zu Deutschland hieß es, der „Gestank des Antisemitismus“ habe auch den deutschen Auslandssender erreicht. Das Zentrum bezieht sich dabei auf eine Recherche der „Süddeutschen Zeitung“, nach der sich mehrere Mitarbeitende der arabischen DW-Redaktion in der Vergangenheit im Internet antiisraelisch oder antisemitisch geäußert haben.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte die Deutsche Welle Anfang Dezember ihre Partnerschaft mit dem jordanischen Sender Roya TV ausgesetzt und mitgeteilt, gegen mehrere ihrer eigenen Mitarbeiter eine unabhängige Untersuchung eingeleitet und die betroffenen Journalistinnen und Journalisten freigestellt zu haben. Zudem kündigte der DW-Intendant Peter Limbourg an, den Verhaltenskodex beim Sender zu schärfen.

Als weiteres Medienhaus nennt der Bericht die BBC und kritisiert unter anderem deren Berichterstattung über einen Angriff von Muslimen auf einen mit jüdischen Bürgern besetzten Bus im Zentrum Londons. Die BBC habe fälschlicherweise behauptet, aus dem Bus habe es antimuslimische Beschimpfungen gegeben. Damit habe der Sender das Opfer zum Täter gemacht.

RND/dpa/epd

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken