Bidens Billionenpakete: Mit leeren Händen in Europa

Eigentlich wollte Joe Biden (hier beim bilateralen Treffen mit dem italienischen Präsidenten Sergio Mattarella) mit einem gewaltigen Investitionspaket im Gepäck zum G20-Gipfel und zur Klimakonferenz in Europa fliegen. Doch seine eigene Partei verweigerte im Kongress vorerst die Zustimmung.

Eigentlich wollte Joe Biden (hier beim bilateralen Treffen mit dem italienischen Präsidenten Sergio Mattarella) mit einem gewaltigen Investitionspaket im Gepäck zum G20-Gipfel und zur Klimakonferenz in Europa fliegen. Doch seine eigene Partei verweigerte im Kongress vorerst die Zustimmung.

Washington. An eindringlichen Mahnungen mangelte es nicht. „Ich glaube, es ist nicht übertrieben zu sagen, dass das, was in der nächsten Woche passiert, über die Mehrheiten im Repräsentantenhaus und im Senat und über meine Präsidentschaft entscheidet“, warnte Joe Biden hinter verschlossenen Türen.

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Der US-Präsident hatte eigens seinen Abflug zu einer sechstägigen Europareise verschoben, um vor der Demokratenfraktion um Unterstützung zu bitten. „Wenn der Präsident aus dem Flugzeug steigt, wollen wir, dass er ein Vertrauensvotum dieses Kongresses hat“, forderte Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi.

Bidens wichtigstes Vorhaben erneut auf Eis

Es half nichts. Acht Stunden später musste Pelosi zum zweiten Mal innerhalb von vier Wochen die Abstimmung über Bidens Infrastrukturgesetz auf unbestimmte Zeit verschieben, weil die eigene Mehrheit nicht stand. Als der Präsident um kurz nach zwei Uhr in der Nacht zum Freitag in Rom landete, lag sein wichtigstes innenpolitisches Vorhaben – ein zweiteiliges billlionenschweres Ausgabenprogramm – erneut auf Eis.

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„Der Rest der Welt fragt sich, ob wir liefern können“, hatte Biden in Washington gesagt. Beim G20-Gipfel in Italien und beim Klimagipfel in Glasgow muss er nun mit politischen Hoffnungswerten argumentieren.

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Dabei hatte der Donnerstag eigentlich sehr hoffnungsvoll für den 78-Jährigen begonnen. Nach Wochen des innerparteilichen Gezänks über den Inhalt seines Sozial- und Klimapakets legte der Präsident ein Eckpunktepapier vor und lud zur Pressekonferenz in den festlichen East Room des Weißen Hauses. Es sah nach einem Durchbruch aus.

Dass das Volumen des Mammutvorhabens von 3,5 Billionen auf nun 1,75 Billionen Dollar geschrumpft war, konnte angesichts des zähen Widerstands des rechten Parteiflügels gegen das ursprüngliche Volumen niemand überraschen. Die Parteilinken im Repräsentantenhaus hatten ihre Zustimmung zu dem bereits vom Senat beschlossenen, eine Billion Dollar teuren Infrastrukturgesetz von der Vorlage des Sozial- und Klimapakets abhängig gemacht.

Biden hoffte offenkundig, mit der Vorlage der Eckpunkte, für die er persönlich garantieren würde, die wechselseitige Blockade auflösen zu können. „Wir brauchen dringend eine Abstimmung zu beiden Gesetzen“, argumentierte er. Doch das Misstrauen zwischen den durch tiefe ideologische Gräben gespaltenen Demokraten war zu groß. Die Parteilinke befürchtet, mit einer Zustimmung zum Infrastrukturgesetz ihren einzigen Hebel zur Sicherstellung des Sozial- und Klimapakets aus der Hand zu geben, und bestand auf der vorherigen Vorlage eines kompletten Gesetzestextes.

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Wie berechtigt die Skepsis der Parteilinken ist, zeigte sich bereits am Donnerstagmorgen. Weder der rechte demokratische Senator Joe Manchin aus West Virginia noch seine Kollegin Kyrsten Sinema aus Arizona, die das Sozial- und Klimapaket in den vergangenen Wochen regelrecht kleingehäckselt und unzählige Male umgeworfen hatten, wollten sich eindeutig zu Bidens Eckpunktepapier bekennen.

Auf die Stimmen der beiden abtrünnigen Senatoren ist Biden im Senat angesichts eines 50:50-Patts aber angewiesen. Es drohen also weitere Änderungsversuche.

„Niemand hat alles bekommen, was er wollte, mich eingeschlossen. Aber das ist das Wesen eines Kompromisses“, erklärte der Präsident im Weißen Haus. Zugleich pries er den Entwurf für das nun 1,75 Billionen Dollar umfassende Sozial- und Klimapaket: „Die Agenda ist das, wofür 81 Millionen Amerikaner gestimmt haben.“

„Die Agenda ist das, wofür 81 Millionen Amerikaner gestimmt haben“, pries Biden sein Billionenpaket im Weißen Haus an. Doch im Kongress hat er bislang dafür keine Mehrheit.

„Die Agenda ist das, wofür 81 Millionen Amerikaner gestimmt haben“, pries Biden sein Billionenpaket im Weißen Haus an. Doch im Kongress hat er bislang dafür keine Mehrheit.

Das mag im Grundsatz zutreffen, denn die geplanten familien- und gesundheitspolitischen Ausgaben bauen die in den USA unterentwickelte staatliche Fürsorge deutlich aus. Doch zentrale Versprechen Bidens im Wahlkampf sind dem Widerstand der Parteirechten zum Opfer gefallen: Weder der nationale Mindestlohn von 15 Dollar noch eine Senkung der teilweise astronomischen Arzneipreise oder eine zwölfwöchige Elternzeit werden es ins Gesetz schaffen.

Die Eckpunkte sehen unter anderem eine kostenlose Vorschule für Drei- bis Vierjährige, eine Verlängerung des Kindergelds von 300 Dollar um ein Jahr, eine Einbeziehung von Hörhilfen in den Leistungskatalog von Obamacare und staatliche Krankenversicherungshilfen für Geringverdiener vor. Mit 555 Milliarden Dollar sollen erneuerbare Energien sowie Luft- und Wasserreinigung und die Vorsorge gegen Waldbrände gefördert werden.

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Ein Anreiz- und Sanktionsregime, das Stromkonzerne zum mittelfristigen Umstieg auf nicht fossile Energieträger drängen sollte, wurde gestrichen. Finanziert werden sollen die Vorhaben durch eine 15-prozentige Mindeststeuer für Unternehmen und eine Reichensteuer von 5 Prozent bei Einkommen über 10 Millionen Dollar im Jahr. Die ursprünglich vorgesehene Anhebung der Unternehmenssteuersätze ist vom Tisch.

Am späten Donnerstag legte die Führung der Demokraten einen ersten 2500-seitigen Gesetzesentwurf vor. Allerdings seien daran noch „einige Klarstellungen“ erforderlich, sagte Pelosi. Einen neuen Abstimmungstermin gibt es bislang nicht.

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