Bringen ihre Verstrickungen mit Gazprom Manuela Schwesig zu Fall?
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Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) steht wegen der Gründung einer Stiftung für Klimaschutz zur Fertigstellung erneut in der Kritik.
© Quelle: Jens Büttner/dpa
Schwerin/Berlin. Die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV war bis vor Kurzem nur Spezialisten und Spezialistinnen bekannt. Vor dem russischen Überfall auf die Ukraine interessierte sich außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns kaum jemand dafür, dass auf Betreiben der Landesregierung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) eine Tarnorganisation des staatlichen russischen Energieriesen Gazprom für die Abwehr von US-amerikanischen Sanktionen beim Bau der Pipeline Nord Stream 2 tätig war.
Schwesigs Amtsvorgänger Erwin Sellering (ebenfalls SPD) sitzt der Stiftung vor. Deren Kapital kommt zum kleineren Teil von 200.000 Euro von der Schweriner Landesregierung. 20 Millionen Euro kommen vom russischen Energieriesen Gazprom.
Der Skandal um das „Blue Ship“
Als „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ und „befristeter Nebenzweck“ soll die Stiftung „zur Fertigstellung der Pipeline Nord Stream 2 beitragen“, trotz der aus Stiftungssicht „völkerrechtswidrigen Sanktionen“. Für diesen Betrieb hat Gazprom einen Geschäftsführer in Hamburg eingestellt. Seine Tätigkeit wurde in der Vergangenheit immer so dargestellt, als würde er ein „Warenregallager“ führen – diesen Begriff benutzt auch Sellering. Soll heißen: Zulieferer etwa von Spezialmaschinen oder Baumaterialien verkaufen ihre Produkte an die Stiftung, und dort greifen die bauausführenden Firmen zu. Eine direkte Beteiligung am Pipelinebau hat die Landesregierung ausgeschlossen.
Im November wurde dann durch einen Bericht des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) bekannt, dass die Stiftung entgegen dieser Behauptungen doch direkt am Bau der Pipeline beteiligt war. Sie hatte nämlich ein Verlegeschiff gekauft, um es vor US-Sanktionen zu schützen. Der 5600-Tonnen-Pott „Blue Ship“ hat nachweislich Steinschüttungsarbeiten an der Pipeline ausgeführt. Sellering sagte damals der „Ostsee-Zeitung“ auf die Frage, warum die Stiftung das „Blue Ship“ gekauft habe, nur: „Da dies die aus unserer Sicht völkerrechtswidrigen Sanktionen gegen die Pipeline berührt, liegt es in der Natur der Sache, dass die Stiftung keinerlei Angaben dazu macht, welche Schritte zu Erreichung dieses zeitweiligen satzungsmäßigen Nebenzwecks notwendig sind und ergriffen werden.“
Nord Stream 2: „Ein Fehler“
Schwesig konnte die Vorwürfe weglächeln. Erst im September hatte sie fulminant die Landtagswahl gewonnen, die Pipeline spielte im Wahlkampf kaum eine Rolle. Und wenn, war sie unumstritten: Man müsse mit Russland im Gespräch bleiben und Gas sei eine wichtige Brückentechnologie, sagten Schwesig und ihre Genossinnen und Genossen immer wieder.
Noch Mitte Januar, als Russlands Truppen schon an der Grenze zur Ukraine standen, warb Schwesig für Nord Stream 2: „Ich hoffe auf ein zügiges, rechtsstaatliches Verfahren, damit die Leitung in Betrieb gehen kann“, sagte sie vor dem Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft. Kurz darauf stoppte die Bundesregierung das Genehmigungsverfahren.
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© Quelle: RND
Jüngste Berichte des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ und der „Welt am Sonntag“ belegen jetzt, wie eng die Kontakte zwischen Gazprom und der Landesregierung beim Aufbau der Stiftung waren. Dabei spielten auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder sowie der langjährige Außenminister und heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Rolle. Demzufolge nahm Gazprom über das Gaspipeline-Unternehmen Nord Stream 2 direkten Einfluss in Schwerin. Schwesigs Innenminister Christian Pegel (SPD) räumte ein, dass er als damaliger Energieminister während der Arbeit an der Satzung regelmäßig Kontakt zu Nord Stream 2 hatte und Wünsche des Unternehmens einfließen ließ. Die Opposition im Landtag geht davon aus, dass Schwesig Pegel fallen lassen könnte, um sich selbst zu retten. Sie hat ihr Festhalten an Nord Stream 2 und die Stiftungsgründung inzwischen als „Fehler“ bezeichnet.
Forderungen nach Schwesigs Rücktritt
Doch längst wird auch Schwesig der Rücktritt nahegelegt. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Außenexperte Norbert Röttgen sagte dem RND: „Wenn die zuletzt in Medien beschriebenen Sachverhalte zutreffen, dann kann Frau Schwesig nicht im Amt bleiben; das ist völlig ausgeschlossen.“ Röttgen kritisierte: „Sie hat mit einem russischen Unternehmen gemeinsame Sache gemacht und die Öffentlichkeit anhaltend und bewusst getäuscht.“ Röttgen fügte mit Blick auf andere SPD-Politiker wie Altkanzler Gerhard Schröder hinzu: „Es ist jetzt die Verantwortung der SPD, diese langjährigen geheimen Verstrickungen mit dem russischen Staat und mit von Russland gelenkten Unternehmen systematisch aufzuarbeiten.“
Auf Betreiben der Oppositionsfraktionen CDU, Grüne und FDP soll ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Schweriner Landtag ab Mai die langjährigen Kontakte Schwesigs, Sellerings und der SPD zum russischen Staatskonzern Gazprom unter die Lupe nehmen. Und die grüne Landtagsfraktion prüft bereits eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht.