Bulgarien blockiert EU-Erweiterung durch Nordmazedonien und Albanien - Hoffnung für die Ukraine?
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Der bulgarische Premierminister Kiril Petkov spricht bei seiner Ankunft zum EU-Gipfel zu Journalisten. Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten kommen in Brüssel zu einem zweitägigen Treffen zusammen, bei dem sie über die Gewährung des EU-Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldau sowie über ein Treffen mit den Ländern des westlichen Balkans beraten werden.
© Quelle: Olivier Matthys/AP/dpa
Brüssel. Die Europäische Union hat die Hoffnungen von sechs Balkan-Staaten enttäuscht, auf ihrem Weg in die EU voranzukommen. „Ich kann der EU nur mein tiefstes Bedauern ausdrücken“, sagte der albanische Ministerpräsident Edi Rama am Donnerstag nach einem EU-Westbalkan-Treffen in Brüssel. „Nicht einmal ein Krieg in Europa, der zur globalen Katastrophe werden könnte, war dazu in der Lage, ihre Einheit herzustellen.“
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Dabei war Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem Ziel in das Treffen gegangen, neuen Schwung in den festgefahrenen Beitrittsprozess zu bringen. Länder wie Nordmazedonien und Albanien warteten seit fast 20 Jahren auf eine Aufnahme in die EU, sagte der SPD-Politiker. „Aus meiner Sicht ist es von allergrößter Bedeutung, dass das jetzt ein glaubwürdiges Versprechen wird.“
„Enttäuschung“ in Nordmazedonien
Doch dieses Versprechen blieb aus - stattdessen machte sich vor allem auf Seiten der Balkan-Staaten Ernüchterung breit. „Wir brachten unsere Enttäuschung über die Dynamik des Erweiterungsprozesses zum Ausdruck“, sagte der nordmazedonische Ministerpräsident Dimitar Kovacevski. Die EU hatte Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo 2003 einen EU-Beitritt in Aussicht gestellt. Inzwischen ist der Prozess aber festgefahren.
EU-Beitritt der Ukraine: Scholz spricht von „historischem" Gipfeltreffen
Olaf Scholz steht beim EU-Gipfel vor einer wichtigen Entscheidung im Hinblick auf die europäische Perspektive der Ukraine.
© Quelle: Reuters
Grund dafür ist unter anderem, dass das EU-Land Bulgarien die Aufnahme von Verhandlungen mit Nordmazedonien blockiert. Sofia fordert unter anderem, dass das kleinere Nachbarland auf Forderungen im Hinblick auf Minderheiten, Geschichtsschreibung und Sprache eingeht. Aufgrund des bulgarischen Vetos beginnt auch der Prozess der Verhandlungen mit Albanien nicht. Bosnien-Herzegowina und das Kosovo sind noch nicht einmal offizielle Beitrittskandidaten.
Albanien: Bulgarien nimmt uns in „Geiselhaft“
Albaniens Ministerpräsident Rama bezeichnete die Blockade Bulgariens als „Schande“. „Ein Nato-Land - Bulgarien - nimmt zwei andere Nato-Länder - Albanien und Nordmazedonien - inmitten eines heißen Kriegs in Europa in Geiselhaft“, sagte er. „Und die anderen sehen dem in ihrer Impotenz zu.“ Wie schlecht die Stimmung ist, hatte sich schon vor dem Gipfel abgezeichnet. So hatten sich die Staats- und Regierungschefs von Serbien, Albanien und Nordmazedonien wegen der bulgarischen Blockade noch bis Mittwochmittag einen Gipfel-Boykott offengehalten - sich dann aber dagegen entschieden.
Aus EU-Kreisen hieß es, es habe oberste Priorität, unverzüglich Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien aufzunehmen. Es werde mit höchster Dringlichkeit daran gearbeitet, die Probleme zu lösen. Die europäische Perspektive der Länder sei bei dem Treffen klar und unmissverständlich bekräftigt worden.
Verworrene Situation in Bulgarien
Noch verworrener wird es jedoch durch die Lage in Bulgarien selbst. Dort hatte das Parlament dem Ministerpräsidenten Kiril Petkow und seiner prowestlichen Regierung am Mittwochabend das Misstrauen ausgesprochen. Zugleich liegt dem Parlament ein Vorschlag der französischen EU-Ratspräsidentschaft vor, der zwischen Bulgarien und Nordmazedonien vermitteln soll.
Petkow zufolge wird das Parlament „in den kommenden Tagen“ eine Entscheidung darüber treffen. Zunächst war unklar, ob es für den Vorschlag eine Mehrheit gibt. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sprach von einer 50- bis 60-prozentigen Chance für einen Durchbruch in der kommenden Woche.
![DIESES FOTO WIRD VON DER RUSSISCHEN STAATSAGENTUR TASS ZUR VERFÜGUNG GESTELLT. [ORENBURG REGION, RUSSIA - JUNE 6, 2022: An employee installs compressors at the production of refrigerators of the Orsk brand at the Orskiye Zavody [Orsk Plants] trading and industrial company in the city of Orsk. Idle since 2017, mass production of the Orsk refrigerators was resumed in May 2022 with a pilot batch of 100 units. According to the local authorities, the enterprise is ready to produce up to 120,000 refrigerators annually and is planning to increase the production capacity to 200,000 units per year. Yegor Aleyev/TASS]](https://www.lvz.de/resizer/JY6LmSuTdOnKvdDrQrPhD0FnBys=/508x286/filters:quality(70):format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/FRXTNJB3GVC7ZPZQFMUFLWN7VI.jpg)
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Bessere Perspektive für die Ukraine und Moldau?
Kanzler Scholz hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Annäherung aller sechs Staaten an die EU wieder in Gang zu bringen. „Deutschland wird die Aktivitäten der westlichen Balkanstaaten unterstützen bei ihrem Weg in die Europäische Union. Wir fühlen uns verantwortlich dafür, dass diese Länder Erfolg haben mit ihren Bemühungen“, sagte er.
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Deutlich schneller scheint es mit den EU-Bemühungen der von Russland angegriffenen Ukraine voranzugehen. Bei einem regulären EU-Gipfel wollten die Staats- und Regierungschefs am Donnerstagnachmittag darüber entscheiden, ob die Ukraine und das kleine Nachbarland Moldau den Status als EU-Beitrittskandidat bekommen. Eine Entscheidung über den Status muss einstimmig von allen 27 Staaten getroffen werden. Die Ukraine, Moldau und auch Georgien hatten sich kurz nach Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine um die Mitgliedschaft in der EU beworben. Georgien dürfte erst EU-Kandidat werden, wenn es weitere Reformen erfüllt.
RND/dpa