Cem Özdemir: Was auf dem Spiel steht
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Grünen-Chef Cem Özdemir
© Quelle: imago
Berlin. Am Montag öffnen 13 türkische Wahllokale in Deutschland. 1,4 Millionen türkische Staatsbürger haben bis zum 9. April die Gelegenheit, über die von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und seiner AKP vorgeschlagene Verfassungsreform abzustimmen.
Nachdem lange nur die Unterstützer des Referendums mit Unterstützung Ankaras in Deutschland Wahlkampf machten, meldet sich nun verstärkt das "Nein"-Lager zu Wort. Zu dessen Unterstützen gehört auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir. Auf seiner Facebookseite ruft er dazu auf: "Bitte sagt Nein zu Erdogans Verfassungsänderung!" In einem Gastbeitrag für das RedaktionsNetzwerk Deutschland begründet er seine Haltung – und fordert die Deutschtürken auf, zur Abstimmung zu gehen.
Was auf dem Spiel steht – ein Gastbeitrag von Cem Özdemir
„Der 16. April diesen Jahres ist ein Schicksalstag für die Türkei: Wenn das Referendum erfolgreich ist, steuert die Türkei Richtung Diktatur.
Schon jetzt ist der Rechtsstaat praktisch ausgehebelt: Pressefreiheit existiert nicht mehr, die Opposition sitzt im Gefängnis, Kritikerinnen und Kritiker des Präsidenten müssen jederzeit damit rechnen, verhaftet zu werden. Mit dem Präsidialsystem, das jetzt zur Abstimmung steht, würde Erdogans de facto Alleinherrschaft endgültig zementiert.
Es geht nicht nur um die Türkei. Es geht auch um das Zusammenleben von Deutschen, Türken und Türkeistämmigen hier in Deutschland. Menschen in diesem Land, viele davon unsere Staatsbürger, werden eingeschüchtert, bespitzelt, haben Angst um ihre Sicherheit und um Familienmitglieder in der Türkei. Das hat nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Klima der Angst, das schlimmerweise in der Türkei herrscht, sich auch noch bei uns einnistet. Ich will keine Spitzel in Moscheen in Deutschland. Ich will nicht, dass Menschen, die hier leben, sich nicht mehr trauen, über Politik zu sprechen, aus Angst denunziert oder bedroht zu werden. Das muss alle Demokraten aufrütteln.
Es geht schließlich um die Verantwortung für Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Für uns Grüne geht es nicht zusammen, wenn Menschen hier in Freiheit leben und gleichzeitig helfen, diese Freiheit für Andersdenkende in der Türkei einzuschränken. Von der SPD und der CDU/CSU erwarte ich, dass sie auch in den eigenen Reihen für Klarheit sorgen und nicht länger eine klare menschenrechtliche Positionierung aus Rücksichtnahme auf AKP-Anhänger wie zuletzt in der Bremer Bürgerschaft blockieren. Ich erwarte ein klares Bekenntnis aller demokratischen Parteien, damit klar wird, dass der verlängerte Arm von Putin oder Erdogan in unseren Parteien nichts verloren hat. So, wie wir uns alle gegen Rechtspopulisten, Pegida und AfD zur Wehr setzen, müssen wir auch gegen türkische Nationalisten und Fundamentalisten klare Kante zeigen.“
Von Cem Özdemir/RND
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