Hunderte Migranten fliehen aus Aufnahmelager auf Sizilien ‒ Italiens Regierung beschließt härteres Vorgehen
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Migranten klettern über einen Zaun auf der Insel Lampedusa (Archivbild). Viele von ihnen haben die kleine Insel mittlerweile mit Fähren und Polizeischiffen in Richtung Sizilien und Festland verlassen. Aus einem Lager auf Sizilien flohen nun mehrere Hundert Migranten.
© Quelle: Cecilia Fabiano/LaPresse via ZUM
Porto Empedocle. In einem Migranten-Aufnahmelager auf Sizilien haben sich am Montag Medienberichten zufolge chaotische Szenen abgespielt. In der Hafenstadt Porto Empedocle hätten etwa Hundert Migranten das Lager verlassen, meldete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Sie kletterten demnach über Zäune und durchbrachen Absperrungen. Seit einigen Tagen befinden sich in dem Lager mehr als Tausend Menschen, die zuvor auf der kleinen Mittelmeerinsel Lampedusa angekommen waren.
In der vergangenen Woche erreichten mehrere Tausend Bootsmigranten Lampedusa. Mehr als 5000 Menschen kamen allein am Dienstag auf der Insel zwischen Sizilien und Nordafrika an. Das Erstaufnahmelager war zeitweise maßlos überfüllt. Zur Entlastung des Camps wurden Tausende Menschen auf Fähren und Polizeischiffen nach Sizilien oder direkt auf das italienische Festland gebracht.
Tausende Bootsmigranten: Lampedusa ruft den Notstand aus
Innerhalb von zwei Tagen haben fast 7.000 Menschen Italiens südlichste Insel über das Mittelmeer erreicht. Die Aufnahmekapazitäten vor Ort liegen bei etwa 400.
© Quelle: Reuters
Einsatzkräfte konnten Menschen nicht stoppen
Im sizilianischen Porto Empedocle kommen viele Migranten von der Insel Lampedusa zunächst an, um später weiter aufs italienische Festland gebracht zu werden. Die Stadt gilt daher als Transitort. Derzeit ist nach Ansa-Angaben das Lager überlastet, da der Transfer aufs Festland nur langsam vorangeht.
Einsatzkräfte versuchten die Menschen am Montag zu stoppen, konnten sie jedoch nicht aufhalten. Bürgermeister Calogero Martello kritisierte die Lage im Camp. „Sie sind nicht davongelaufen, um an andere Orte zu gehen, sondern um Essen und Trinken zu suchen“, sagte er dem Nachrichtenportal „RaiNews“. Die Bedingungen im Lager seien unmenschlich - er forderte Unterstützung von der Regierung in Rom.
18 Monate Abschiebehaft
Diese reagierte nun mit einem Beschluss zur Eindämmung der irregulären Migration über das Mittelmeer mit einem Büdel an härteren Maßnahmen. Dazu gehört eine Verlängerung der maximal möglichen Abschiebehaft um ein halbes Jahr. Zudem beauftragte das Kabinett unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni am Montag das Militär, spezielle Abschiebehaftanstalten einzurichten. Die ultrarechte Ministerpräsidentin sagte nach Angaben aus ihrer Umgebung in der Sitzung, die Regierung stehe geschlossen hinter dem Beschluss.
Das Höchstmaß der Abschiebehaft wird von zwölf auf 18 Monate angehoben, um mehr Zeit zur Prüfung der Bleibeberechtigung zu haben und gegebenenfalls auch direkt aus der Haft abschieben zu können. Das Verteidigungsministerium solle „Strukturen“ schaffen, um irregulär eingereiste Migranten festzusetzen, hieß es. Diese Lager sollen demnach in spärlich bewohnten Gegenden des Landes errichtet werden. Dadurch solle es nicht zu „weiteren Unannehmlichkeiten und Unsicherheit in den italienischen Städten“ kommen, so Meloni.
Meloni sagte zudem Schleuserbanden abermals den Kampf an. „Der Kampf gegen die illegale Masseneinwanderung und die Menschenhändler ist ein epochaler Kampf für Italien und für Europa.“ Die Vorsitzende der rechtsnationalen Partei Fratelli d‘Italia regiert Italien seit elf Monaten. Ein hartes Vorgehen gegen Migranten hatte im Wahlkampf zu ihren wichtigsten Versprechen gehört.
RND/dpa