Chef des Bundestags-Gesundheitsausschusses: ab März keine Corona-Beschränkungen mehr
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Ein Schild mit Hinweis auf eine Maskenpflicht und mit Corona-Verhaltensregeln hängt an der Eingangstür eines Hamburger Restaurants.
© Quelle: Daniel Bockwoldt/dpa/Daniel Bock
Berlin. Kassenärztechef Andreas Gassen hatte es wohl schon geahnt, ehe er es aussprach: Seine Idee, nach britischem Vorbild am 30. Oktober als „Freedom Day“ alle Corona-Beschränkungen aufzuheben, stößt bei Gesundheitsexperten und Politikern auf massive Kritik.
Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel (CDU), schließt eine Art „Freedom Day“ in diesem Jahr aus. „Ich halte den Vorschlag für nicht hilfreich in der aktuellen Situation, kurz vor einer möglichen vierten Welle“, sagte Rüddel dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Wenn Kinder ab fünf Jahren ihre Impfchance hatten, dann müsste man in Deutschland zurück zur Normalität finden, so der Christdemokrat. „Bis dahin bin ich davon überzeugt, dass das 2-G-Optionsmodell der richtige Weg ist, um in Kombination mit der Hospitalisierungsrate als Leitindikator ohne weitere Einschränkungen durch den epidemiologisch herausfordernderen Herbst und Winter zu kommen.“
Ungeimpfte müssen abwägen
Damit, so Rüddel, hätten die Geimpften, die ihren Solidaritätsbeitrag erbracht haben, dann größtenteils ihre Freiheit zurück. „Ich rechne mit vollständiger Normalität ab März 2022. Bis dahin müssen die Ungeimpften abwägen, was ihnen wichtig ist.“
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) warnt vor Gassens Vorstellungen. „Mit diesem sogenannten ‚Freedom Day‘ ein Art Impfdeadline festlegen zu wollen ist verantwortungslos“, sagte DBfK-Präsidentin Christel Bienstein dem RND.
Für den Herbst rechne Bienstein mit einem weiteren Anstieg der Infektionen und „zum wiederholten Male“ einer starken Belastung auf den Corona-Stationen. Sie prangert an: „Die Pflegefachpersonen sind seit über 18 Monaten am Limit, der Personalmangel ist nach wie vor massiv und die Kolleginnen und Kollegen brauchen endlich Entlastung.“
Bienstein äußerte sich auch zur Sicherheit von Kindern unter zwölf Jahren, für die „noch gar keine Impfung möglich“ sei. Sie kritisiert: „Für diese Gruppe ist das keine Freiheit, sondern ein zusätzliches Risiko.“
Lauterbach: „Ethisch nicht vertretbar“
SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hatte den Vorstoß als „ethisch nicht vertretbar“ bezeichnet. Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz hält die Idee für abwegig.
Gassen hatte argumentiert, in Großbritannien sei das Gesundheitssystem nach Aufhebung der Maßnahmen nicht kollabiert. Außerdem sei bis Ende Oktober genug Zeit, sich noch impfen zu lassen.
Lauterbach schlägt vor, das Ziel einer Impfquote von 85 Prozent der erwachsenen Bevölkerung auszugeben und anzukündigen, dass beim Erreichen der Marke wesentliche Lockerungen kommen könnten.