Corona-Regeln in Spanien: Die Justiz durchkreuzt die Pläne der Politik

Der Oberste Gerichtshof von Katalonien (TSJC) hat das Ende der nächtlichen Ausgangssperre in Barcelona festgesetzt, zeitgleich mit der Woche, in der das traditionelle Fest des Viertels Gracia gefeiert wird.

Der Oberste Gerichtshof von Katalonien (TSJC) hat das Ende der nächtlichen Ausgangssperre in Barcelona festgesetzt, zeitgleich mit der Woche, in der das traditionelle Fest des Viertels Gracia gefeiert wird.

Madrid. Der letzte Absatz des Urteils klingt wie eine Entschuldigung. Dem Gericht sei die Herausforderung, die der Kampf „gegen die verheerenden Folgen der Pandemie“ für die Institutionen bedeute, wohl bewusst. Doch habe man „jeden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen“ ausschließen müssen – und das konnten die Richter nicht.

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Also untersagten sie, dass in Alten- und Pflegeheimen das (ungeimpfte) Personal oder die Pfleglinge selbst zu regelmäßigen oder gelegentlichen Covid-Tests verpflichtet werden, es sei denn, dass sie Anzeichen einer Erkrankung zeigen. Alles andere wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Privatsphäre, fanden die Juristen.

Der Beschluss von diesem Donnerstag ist ein höchstrichterlicher: ein Urteil des spanischen Obersten Gerichtshofes, das einen gleichlautenden Spruch des Oberen Gerichtshofes von Kastilien-La Mancha zehn Tage zuvor bestätigte.

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Seit dem Ende des nationalen Alarmzustandes im Mai dieses Jahres sind es wieder Spaniens Autonome Regionen, die für die Pandemiebekämpfung zuständig sind. Doch bei diesem Kampf werden sie regelmäßig von der Justiz ausgebremst. Vielleicht machen die Politiker schlechte Arbeit, vielleicht aber auch die Richter.

Die Politiker sind jedenfalls ziemlich ratlos. „Wir bitten die Justiz darum, dass sie uns hilft, die Gesundheit und das Leben der besonders Verletzlichen zu schützen: der alten Leute in den Heimen“, sagte die Sprecherin der Regionalregierung von Kastilien-La Mancha, Blanca Fernández, nach dem Urteil ihres obersten Regionalgerichts. Doch die Hilfe, die sie sich erwünscht hätte, blieb der Regionalregierung versagt.

Einen Tag vor dem Entscheid über die Testpflicht für Pfleger hatte der Oberste Gerichtshof bereits eine Anordnung der andalusischen Regionalregierung gekippt, die eine Testpflicht für ungeimpfte Besucher von „Unterhaltungs- und Gaststättenbetrieben mit Musik“ untersagte.

Laut Gerichten nur Ausgangssperren zulässig

So wie dieser sind in den vergangenen Wochen fast alle Versuche der Regionen gescheitert, das europäische Covid-Zertifikat nicht nur als Passierschein für Auslandsreisen, sondern auch für diverse Freizeitvergnügen im Inland zu nutzen. Regelmäßig befanden die Gerichte, dass Studien fehlten, die den konkreten Nutzen solcher Gebote belegten. Die einzigen Beschränkungen mit richterlichem Segen sind zeitweise nächtliche Ausgangssperren für Ortschaften mit besonders hoher Inzidenz – obwohl auch hier die Studien fehlen, wie viele Menschen sich wohl gerade nachts anstecken.

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Spaniens Politiker legen sich für gewöhnlich nicht gerne mit der Justiz an, sondern richten ihren Zorn lieber auf andere Politiker. Der galicische Ministerpräsident Alberto Núñez Feijóo hält „das Fehlen eines staatlichen Gesetzes” für die Wurzel des Übels – will heißen: eines nationalen Pandemiegesetzes. Die Initiative dazu will er der Sánchez-Regierung in Madrid überlassen, die dafür aber derzeit nicht zu haben ist.

Sie argumentiert, was das Covid-Zertifikat angeht, ganz ähnlich wie die Gerichte: Eine Testpflicht für Ungeimpfte beim Kneipenbesuch bedeute eine „Stigmatisierung“ der jungen Leute, die sich bisher noch nicht impfen lassen konnten. Die gute Nachricht: Sie lassen sich gerade wie wild impfen. Rund 70 Prozent der 20- bis 29-Jährigen und gut die Hälfte der Zwölf- bis 19-Jährigen haben immerhin schon eine Dosis erhalten.

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