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„Energie-Stasi“

Debatte um den Heizungstausch: Wie der Populismus in der CDU um sich greift

Unions-Chef Friedrich Merz.

Unions-Chef Friedrich Merz.

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Vergangene Woche musste Robert Habeck für eine der berühmt-berüchtigten CSU-Fotocollagen herhalten. Auf dem Bild neigt der Wirtschaftsminister den Kopf, schaut mit kritischem Blick durch das Fenster in eine Wohnung. Unter dem Fenster steht die weiße Röhrenheizung. „Nein zu staatlicher Heizungsspionage“, prangt ein weißer Schriftzug über der Szene.

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Das Bild ist natürlich nicht echt. Es handelt sich um ein Photoshop-Werk der CSU, das die Partei auf Twitter verbreitet hat. Die Botschaft der Christsozialen: Habeck will bald die Wohnungen der Ottonormalverbraucher und Ottonormalverbraucherinnen ausspionieren, um zu kontrollieren, ob ja auch klimaneutral geheizt wird. Konkret geht es um ein Gesetzesvorhaben der Bundesregierung, das die Wärmeplanung der Kommunen beschleunigen soll. Dabei ist geplant, dass auch Daten erhoben werden.

Von Notz: „Ihr seid so krass unseriös“

Solche Collagen hat die CSU perfektioniert: Sie sind ihr Mittel der Wahl, um in den sozialen Netzwerken für Kontroversen zu sorgen. Das schaffte sie auch diesmal – insbesondere die Grünen schäumten. „Ihr seid so krass unseriös“, warf etwa der Vizevorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, der CSU vor. Es war nicht das erste Mal, dass die Christsozialen mit Populismus und Übertreibungen operierten.

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Doch das Phänomen lässt sich mittlerweile auch in der Schwesterpartei beobachten – vor allem in der Debatte um die Wärmewende. Die Ampel mache Klimaschutz „mit der Brechstange“, lautet ein zugespitzter Vorwurf der CDU. Ihr Wirtschaftsexperte Jens Spahn, bis 2021 Gesundheitsminister, warnte gar vor Enteignungen von Hausbesitzern und Hausbesitzerinnen. Den Höhepunkt bildete allerdings die Aussage des Thüringer CDU-Chefs Mario Voigt, der vor einigen Tagen der „Bild“-Zeitung über Habeck sagte: „Jetzt will er die Energie-Stasi einsetzen, um wie in einem Schnüffelstaat den Menschen in den Heizungskeller zu gucken.“

Die Kampagne gegen die Heizungsgesetze wird seit Wochen auch von CSU-Chef Söder gefahren, und er punktet damit. Laut einer aktuellen Insa-Umfrage ist er der drittbeliebteste Politiker Deutschlands – nach Verteidigungsminister Pistorius (SPD) und Ministerpräsident Wüst (CDU). Das geht an den Christdemokraten nicht vorbei.

Der Übergang zwischen Sorgen-ernst-nehmen und Stimmungsmache ist fließend

Dass Voigt die Ampel mit dem DDR-Geheimdienst vergleicht, sorgt in der eigenen Partei dennoch für Kopfschütteln. Hinter vorgehaltener Hand beteuern CDU-Politikerinnen und -Politiker, dass sie einen solchen Vergleich nie anstellen würden. Offene Kritik an Voigts Aussage üben aber nur wenige. Lediglich der Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer wagt sich aus der Deckung: „Die deutliche Kritik am Heizungsgesetz von Habeck ist völlig berechtigt. Eine ‚Energie-Stasi‘ ist allerdings nicht geplant und auch begrifflich unangebracht.“

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Insgesamt gibt es in der CDU unterschiedliche Meinungen darüber, ob und wie viel Populismus nötig ist. Die Oppositionszeit vergrößert die Versuchung, mit Überspitzung und Faktenverdrehung zu arbeiten: Als Oppositionspartei ist es schwer, Aufmerksamkeit zu bekommen, vor allem weil der Ampelstreit viel Raum einnimmt. „Natürlich darf die Opposition nicht nur mit Wattebäuschchen werfen, allerdings müssen wir aufpassen, dass wir in der Wortwahl nicht zu schrill und zu krawallig auftreten“, heißt es warnend in CDU-Kreisen.

Dass das ein Drahtseilakt ist, zeigt auch die CDU-Kampagne gegen das Heizungsgesetz mit dem Titel „Fairheizen“. In der Partei lässt man keine Möglichkeit aus, zu betonen, man wolle den Menschen eine Stimme geben, die sich wegen des teuren Heizungstauschs Sorgen machen. Um Stimmungsmache gehe es nicht. Das zeigt: In der Partei ist man sich klar darüber, dass der Übergang fließend sein kann.

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