Debatte um schwere Waffen

Das macht den Leopard 2 für die Ukraine so wertvoll

Ein Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 fährt in voller Fahrt über ein Übungsgelände (Symbolfoto).

Ein Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 fährt in voller Fahrt über ein Übungsgelände.

Berlin. Das schnelle Vorrücken der ukrainischen Verteidiger hat der Debatte um deutsche Waffenlieferungen einen neuen Schub gegeben. Denn das häufig bemühte Argument, Waffenlieferungen verlängerten nur den Krieg und seien damit für das Leiden der Zivilbevölkerung verantwortlich, scheint die Realität des Krieges ins Gegenteil zu kehren. Und vor allem eine Waffe steht plötzlich wieder im Mittelpunkt des Interesses: der deutsche Kampfpanzer Leopard 2.

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„Jeden Tag, an dem in Berlin jemand darüber nachdenkt oder darüber berät, ob man Panzer liefern kann oder nicht (...), stirbt jemand in der Ukraine, weil der Panzer noch nicht eingetroffen ist“, hatte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Wochenende nach einem Treffen mit seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock (Grüne) geäußert. Und war in dieser Meinung von Politikern aus SPD, Grünen und FDP unterstützt worden.

„Alle in der Regierung wissen indes, dass noch mehr möglich wäre“, sagte Grünen-Chef Omid Nouripour der „Augsburger Allgemeinen“ (Montag) zur Lage. „Da sollte nicht nur im Ringtausch, sondern wo möglich auch direkt aus den Beständen von Bundeswehr und Industrie geliefert werden.“ Beim Ringtausch rüstet Deutschland osteuropäische Nato-Partner mit Leopard-Kampfpanzern und Schützenpanzern Marder aus, die dafür ältere Panzer sowjetischer Bauart an die Ukraine abgeben.

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Am Montag glättete Berlin jedoch die Wogen der Erwartung. Es „bleibt bei der Haltung, die die deutsche Regierung seit Anfang an eingenommen hat und die auch für die Zukunft unsere Haltung sein wird, nämlich dass es keine deutschen Alleingänge gibt“, so Bundeskanzler Olaf Scholz(SPD) in Berlin. Auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) warnte davor. SPD-Chefin Saskia Esken schloss die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine nicht aus, pochte aber auf internationale Abstimmung.

Kühnert: Russland nicht animieren, „völlig irrational“ zu handeln

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hatte seine Bedenken zuvor unverhohlener formuliert: Deutschland solle in den Krieg nicht schleichend hineingezogen werden. Russland könne dadurch animiert werden, „völlig irrational“ zu handeln und andere Staaten anzugreifen, hatte der SPD-Politiker zuvor gegenüber RTL und N-TV geäußert.

Was beim ehemaligen Nato-General Hans-Lothar Domröse auf völliges Unverständnis stößt: „Das ist doch ideologisch, nicht sachlich argumentiert. Der Angreifer muss nicht geschont werden“, so Domröse gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Wir beliefern die Ukraine ja bereits mit schweren Waffen – Mehrfachraketenwerfer Mars zum Beispiel oder Flakpanzer Gepard. Es gibt keine ‚guten‘ und ‚schlechten‘ schweren Waffen.“

Wenn wir so weitermachen, sitzen wir komplett zwischen den Stühlen.

Hans-Lothar Domröse,

ehemaliger Nato-General

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Zudem schaffe Deutschland das einmalige politische Kunststück, sich mit beiden Seiten zu überwerfen: „Wenn wir so weitermachen, sitzen wir komplett zwischen den Stühlen. Wer A sagt, also völlig zu Recht dem Angegriffenen hilft, muss dann auch B sagen und alles dafür tun, dass zwischen Russland und der Ukraine der Zustand vom 23. Februar wiederhergestellt wird“, so Domröse mit Verweis auf die Situation vor dem Angriffskrieg der Russen.

Domröse glaubt, dass Deutschland über kurz oder lang die begehrten Leopard 2 liefern wird, weil auch von Seiten der Verbündeten der Druck zunehmen werde. Regierungssprecherin Hoffmann räumte ein, mit den Verbündeten über die militärische Unterstützung der Ukraine permanent im Gespräch zu sein. Es stehe zudem „außer Frage, dass Deutschland die Ukraine weiterhin militärisch auf sehr effektive und wirksame Weise unterstützen wird, in enger Absprache mit den Verbündeten“. Details könne sie nicht nennen.

Ukrainische Streitkräfte erobern wichtige Stützpunkte im Nordosten zurück

Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte am Samstag den Rückzug seiner Kräfte aus der Stadt Isjum in der Region Charkiw.

„Warum gehen wir hier nicht mal couragiert voran, sind einmal mutig?“, fragt Domröse, „warum warten wir wieder auf die Amerikaner?“ Für die jetzige Offensive kämen Leopard-2-Kampfpanzer ohnehin zu spät, denn von der Entscheidung für eine Lieferung bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme vor Ort würden mindestens 40 Tage vergehen – Organisation, Transport, Schulung der Mannschaften.

Trotz seines für moderne Waffensysteme beinahe salomonischen Alters von 40 Jahren gehört der in den frühen 1980er-Jahren entwickelte Leo 2 noch immer zu den stärksten Kampfpanzern der Welt, zusammen mit dem amerikanischen M1 A2 Abrams oder dem britischen Challenger 2.

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In der jetzigen Phase des ukrainischen Befreiungskampfes, in der der vormalige Stellungskrieg schnellen Offensiven gewichen ist, hätte der Leopard 2 eine enorme Wirkung: „In dem Moment der Vorwärtsbewegung verlassen die ukrainischen Verteidiger ihre Deckung und bewegen sich ins russische Feuer hinein. Der Panzerschutz, die Präzession und die hohe Geschwindigkeit machen den Leopard dabei so wertvoll“, erläutert Domröse. Vor allem seine Fähigkeit in der Bewegung durch unebenes Gelände präzise zu treffen sticht heraus.

Von den eigenen Experten als "Mogelpackung" entlarvt: der modernste russische Panzer T-90, hier bei einer Übung.

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Trotz seines Alters ist der Leopard 2 den russischen Panzern überlegen. Weil offensichtlich Moskaus Militär ein Opfer der eigenen Propaganda geworden ist: Der als wahre Wunderwaffe gepriesene Panzer T-90, von dem die Russen durch seinen unzureichenden Schutz schon viele verloren haben, sei „lediglich eine Modifikation des veralteten T-72. Der T-90 ist, einfach ausgedrückt, ein Tuning eines sowjetischen Panzers. Daher ist es nicht ganz fair, von diesem zu verlangen, den neuesten Panzerabwehrsystemen wie Javelin, NLAW oder Matador erfolgreich zu widerstehen“, kritisierte jüngst das kremlnahe Mitglied des Expertenrates der russischen Regierung, Ruslan Puchow.

Trotz dass an der Panzerung, am Feuerleitsystem und der Feuerkraft des Leopard 2 ständig Veränderungen vorgenommen wurden, stößt auch er an technische Grenzen. „Auch mit Lippenstift ist und bleibt es eine alte Dame“, formulierte ein Mitarbeiter der Panzerschmiede Rheinmetall in einem Forum für Militärtechnik.

Mit Agenturmaterial

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