Der Fingerabdruck auf dem Personalausweis wird Pflicht – Kritiker warnen vor Gefahren
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Wer ab dem 2. August 2021 einen Personalausweis beantragt, muss die Fingerabdrücke seiner beiden Zeigefinger abgeben.
© Quelle: imago images/Christian Ohde
Berlin. Ab dem 2. August müssen Bürgerinnen und Bürger bei der Beantragung eines neuen Personalausweises ihre Fingerabdrücke abgeben. Diese werden zusammen mit einem digitalen Foto auf einem Chip im Personalausweis gespeichert. Bisher war die Abgabe der Fingerabdrücke freiwillig.
Das Gesetz dazu hat der Bundestag bereits im November 2020 beschlossen. Deutschland setzt damit eine EU-Verordnung um. In dieser heißt es zur Begründung, es gebe immer mehr gefälschte Personalausweise. Durch die gespeicherten Fingerabdrücke werde der Personalausweis fälschungssicherer. Das sei wichtig im Kampf gegen grenzüberschreitende Kriminalität und Terrorismus.
Gefahr von Missbrauch
Doch es gibt viele Kritikerinnen und Kritiker, die befürchten, die Fingerabdrücke könnten gehackt oder nachgebildet werden. „Diese Entwicklung ist bürgerrechtsfeindlich und verfassungsrechtlich höchst bedenklich”, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Er bezweifele, dass die Datensammlung einen echten Zugewinn an Sicherheit ermögliche. Stattdessen entstünden erhebliche Gefahren für die Bürgerinnen und Bürger. „Gelangen die Daten missbräuchlich in falsche Hände, ergeben sich hieraus für die Betroffenen dauerhafte Risiken, da biometrische Daten praktisch unveränderlich sind.” Die Neuregelung sei auch mit Blick auf die wachsenden Gefahren von Identitätsdiebstählen „höchst bedenklich”, so von Notz.
FDP: „Unverhältnismäßiges Mittel“
Auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Stephan Thomae, spricht gegenüber dem RND von einem „unverhältnismäßigem Mittel”. Die verpflichtende Speicherung des Fingerabdrucks auf dem Personalausweis bringe erhebliche Sicherheitsrisiken mit sich. „Wenn Unberechtigte auf die Daten zugreifen, könnten sie sich Zugang etwa zu Handys, Finanzportalen und ähnlichem verschaffen, die durch Fingerabdruck gesichert sind”, befürchtet er.
Beweismittel vor Gericht
Konstantin Macher von der Initiative Digitalcourage, die sich von Anfang an gegen den Fingerabdruck auf dem Personalausweis engagiert hat, weist darauf hin, dass Fingerabdrücke als Beweismittel vor Gericht verwendet werden. „Ein Identitätsdiebstahl könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass eine Person, die nie kriminell war, mit einem Verbrechen in Verbindung gebracht wird.”
Auch von offizieller Seite ist man sich dieser Problematik bewusst. „Um eine missbräuchliche Verwendung der gespeicherten Abdrücke zu vermeiden, ist durch technische Anforderungen an das Speicher- und Verarbeitungsmedium sicherzustellen, dass nur gesetzlich definierte Berechtigte die Fingerabdrücke auslesen können”, sagt die Pressesprecherin des Bundesdatenschutzbeauftragten, Martina Schlögel.
Bundesregierung: Daten werden nur dezentral gespeichert
Die Bundesregierung selbst gibt in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Partei die Linke vom September 2020 an, dass die biometrischen Daten grundsätzlich nur dezentral auf dem Personalausweis gespeichert würden. Der Chip wiederum sei nur mit einem hoheitlichen Berechtigungszertifikat auslesbar, welches nur an explizit berechtigte Stellen ausgegeben werde.
Zu den Behörden, die den Chip auslesen dürften, gehörten demnach neben den Personalausweis-, Pass- und Meldebehörden die Polizeivollzugsbehörden, die Zollverwaltung und die Steuerfahndungsstellen der Länder.
Außerdem werden die Berechtigungszertifikate zum Auslesen der Fingerabdrücke zwischen den EU-Mitgliedstaaten ausgetauscht. Damit entstünden viele Zugriffsmöglichkeiten, sagt Konstantin Macher von Digitalcourage. „Selbst wenn wir den deutschen Behörden vertrauen, können wir nicht ausschließen, dass Drittstaaten die Fingerabdrücke auslesen und damit Missbrauch betreiben.”
Initiative Digitalcourage zieht vor Gericht
Temporär müssen die Fingerabdrücke außerdem gespeichert werden, um den Personalausweis überhaupt von der Bundesdruckerei anfertigen lassen zu können. Spätestens nach Aushändigung des Dokuments würden diese Daten aber gelöscht, heißt es vonseiten der Bundesregierung. Macher spricht dennoch von einem „Sicherheitsrisiko”.
Die Initiative Digitalcourage hat angekündigt auf dem Klageweg zu versuchen, die Fingerabdruckpflicht zu kippen.