Wie Somaliland um internationale Anerkennung und Investitionen kämpft
Adan Ismail war Gesundheitsministerin, bevor sie 2003 Somalilands erste Außenministerin wurde. Sie gründete 2002 eine Frauenklinik in Hargeysa.
© Quelle: Leonie Habisch
Edna Adan Ismail ist in Somaliland eine nationale Berühmtheit. Sie war die erste formal ausgebildete Hebamme und die erste Frau in der somalischen Regierung. Wir treffen Edna Adan Ismail in dem Krankenhaus, das sie gegründet hat. Hier hat sie nicht nur ihr Büro, sondern auch ihre private Wohnung, in der sie uns empfängt.
In einem der Regale stehen Bücher von Hillary Clinton und Madeleine Albright. In ihrem Büro ist sie mit beiden auf Fotos zu sehen. „Hier ist auch ein bisschen Deutschland“, sagt sie und zeigt auf ein Bild von ihr und Kurt Georg Kiesinger. 1968 hat sie den damaligen Bundeskanzler getroffen. Wer von den Persönlichkeiten hat sie am meisten überrascht? „Damals war ich die größte Überraschung! Ich war noch nicht mal 30 und als Frau des Premierministers schon First Lady, ohne Vorbereitung stand ich auf internationalem Parkett“, sagt Adan Ismail.
Heute ist sie 85 Jahre alt. Doch sie läuft schnellen Schrittes durch die Flure, unterhält sich angeregt mit Studenten und Studentinnen. Im Interview spricht sie über die Geschichte und aktuellen Herausforderungen ihres Landes, das sich 1991 einseitig für unabhängig von Somalia erklärt hat.
Somaliland hat eine demokratische Regierung und erhebt Steuern. Dennoch ist es international nicht als eigener Staat anerkannt – warum?
Diese Frage würde ich gerne an die anderen Staaten weitergeben, denn die Antworten enttäuschen mich. Uns wird gesagt, dass wir das in einem Dialog mit Somalia klären sollen. Außerdem wollen viele Staaten die zweiten sein, die uns anerkennen, aber nicht die ersten. Aber das ist kein guter Grund. Man sollte einen Staat nicht anerkennen, weil das ein anderer schon getan hat, sondern weil man an die Rechte dieser Nation glaubt. Dazu kommt: Somaliland ist keine Absplitterung. Wir waren schon einmal anerkannt. 1960 hat uns nicht Somalia, sondern Großbritannien die Unabhängigkeit gegeben – und zwar als zwölftes Land auf dem gesamten afrikanischen Kontinent. Alle anderen 42 Länder waren noch unter kolonialer Fremdherrschaft. Und dann haben wir den Fehler gemacht und uns mit Somalia zusammengeschlossen.
Warum war der Zusammenschluss ein Fehler?
Ich bin nicht generell gegen Partnerschaften, aber sie müssen für beide Partner zuträglich sein. Niemand geht eine Ehe ein und denkt, irgendwann lasse ich mich sicher scheiden. Nein, man heiratet, weil man eine gemeinsame Zukunft aufbauen will. Und so sind auch Somaliland und Somalia mit guten Intentionen gestartet. Aber es hat nicht funktioniert. Es wurde zu einer Strafmaßnahme und es kam zum Krieg. Dabei starben viele unserer Leute. 95 Prozent unserer Hauptstadt lagen in Schutt und Asche. Vor 32 Jahren haben wir uns dann für unabhängig erklärt.
Was sind aktuelle Herausforderungen für die Entwicklung von Somaliland?
Der größte Fluch, der Somaliland getroffen hat, ist Khat. Etwa 80 Prozent der Männer hier sind abhängig von den grünen Blättern, die sie kauen. Das beeinträchtigt die Gesundheit der Menschen und die Wirtschaft des Landes. Die Kinder und Frauen haben nicht genug zu essen, aber der Vater kaut Khat. Die Miete wurde nicht bezahlt, aber der Vater kaut Khat. Familienmitglieder brauchen Medizin und können sie nicht bezahlen, aber der Vater kaut Khat. Es gibt zwar politische Kampagnen dagegen und auch religiöse Institutionen, die sich dagegen einsetzen, aber es ist noch zu weit verbreitet.
Haben Sie noch Hoffnung, dass Somaliland international anerkannt werden könnte?
Dass Sie heute hier sind, zeigt, dass wir unserem Ziel näherkommen. 1991 hätten Sie nicht nach Somaliland kommen können, weil Krieg geherrscht hat und Bomben gefallen sind. Vor ein paar Tagen wurde in Mogadischu in einem Hotel eine Bombe gezündet. Dass Sie hier in Somaliland sind, zeigt, dass wir als Staat existieren. Und es gibt Menschen, die hierher kommen und Geld investieren und Verträge abschließen, das bringt uns auch nach vorn. Vor 32 Jahren wäre das nicht möglich gewesen.
An welchen Stellen sieht man diese Investitionen?
Dubai investiert in den Hafen in Berbera. Aber das kommt nicht von ungefähr. Der Hafen kam nicht einfach so erfolgreich aus dem Boden geschossen. Als ich Außenministerin war, habe ich 2003 verhandelt, dass ein Drittel der internationalen Hilfslieferungen an Äthiopien durch den Hafen von Berbera verschifft werden. Damals hatten wir keine Investitionen von außen. Aber man hat gesehen, dass wir keine Militäreskorte gebraucht haben und kein Schiff verloren gegangen ist. Das Investment jetzt ist eine Bestätigung unseres eigenen Erfolges und ich hoffe, dass es zu mehr Investments führt.