Designierte Familienministerin Spiegel: besser mehr Maskentragen als Schulschließungen
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Die designierte Familienministerin Anne Spiegel.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Berlin. Die designierte Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) hat gefordert, Schulschließungen wegen der Corona-Pandemie unter anderem durch verstärkte Schutzmaßnahmen an Schulen zu verhindern. „Bevor Schulen und Kitas geschlossen werden, muss alles andere in Erwägung gezogen werden. Mehr Schutzmaßnahmen, also durchgehendes Maskentragen und mehr Tests, sind immer noch besser, als die Kinder nach Hause zu schicken“, sagte Spiegel dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Schulen und Kitas sind ja nicht nur Orte des Lernens. Sie geben Kindern und Jugendlichen Halt, Geborgenheit und Stabilität. Sie sind ein Anker in schwierigen Zeiten.“
Die Freude, weiter in die Schule gehen zu können, überwiege bei vielen Kindern. „Der Wunsch, Gleichaltrige zu sehen, in der Klassengemeinschaft zu sein, ist so stark, dass viele lieber eine Maske tragen.“ Auch viele Familien seien eher besorgt, dass die Schulen schließen könnten.
Auch ihre eigene Familie habe die Pandemie sehr belastet, sagte Spiegel, die vierfache Mutter ist. „Die Pandemiezeit hat uns wie viele andere Familien an unsere Grenzen gebracht. Das waren tägliche Herausforderungen, die man vorher nicht auf dem Schirm hatte. Ich habe noch keine Familie getroffen, die gesagt hat, sie sei komplett sorgen- und stressfrei durch diese Zeit gekommen.“
Das Schwierigste sei die Schließung der Spielplätze zu Beginn der Pandemie gewesen. „Das haben meine Kinder überhaupt nicht verstanden. Als sie die Absperrbänder gesehen haben, flossen die Tränen“, sagte die derzeitige rheinland-pfälzische Umweltministerin. „Und wenn Kitas und Schulen gleichzeitig zu waren, bedeutete das Dauerstress: Gleichzeitig Homeschooling organisieren und die kleineren Kinder davon abhalten, die größeren zu stören. Heftig war, dass Kindergeburtstage ausfallen mussten. Der Spruch ‚Das holen wir nach‘ hilft wenig, wenn man nicht sagen kann, wann das genau sein wird.“
Spiegel wünscht sich einheitliche Gendersprache für Ampel
Spiegel sprach sich auch für eine einheitliche gendergerechte Sprache in Gesetzestexten und anderen Vorhaben der künftigen Ampelkoalition ausgesprochen. „Ich finde gendergerechte Sprache wichtig, auch in staatlichen Dokumenten“, sagte sie. „Es wäre wünschenswert, wenn die Bundesregierung zu einem einheitlichen Verfahren findet.“
Spiegel wandte sich zudem gegen Kritik aus der CSU an der im Ampelkoalitionsvertrag angekündigten rechtlichen Absicherung sogenannter Verantwortungsgemeinschaften. „Verantwortungsgemeinschaften wollen wir für Menschen schaffen, die etwa im Alter alleinstehend sind und mit der langjährigen verwitweten Freundin ein gemeinschaftliches Leben gegenseitig absichern und vereinfachen möchten“, sagte die derzeitige rheinland-pfälzische Umweltministerin.
Die geplanten Änderungen seien großartig. „Damit wird die Lebensrealität vieler Familien in Deutschland anerkannt und in verbindlichere Formen mit entsprechenden Rechten gegossen.“ Es müsse anerkannt werden, dass Familie in vielfältigeren Konstellationen gelebt werde. Dazu gehörten auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Patchworkfamilien, Alleinerziehende und kinderreiche Familien.
„Bisher hängt eine unnötige und diskriminierende Bürokratie daran, wenn zwei Frauen ein Kind miteinander bekommen. Jetzt wird so etwas zur Selbstverständlichkeit. Und auch der biologische Vater kann als Teil der Familie anerkannt werden“, sagte Spiegel.
Die Vize-CSU-Vorsitzende Dorothee Bär hatte auf Twitter kritisiert, mit den Verantwortungsgemeinschaften würde der im Grundgesetz festgelegte Schutz von Ehe und Familie entwertet.
Ampel plant gestaffelten Sofortzuschlag für einkommensschwache Familien
Die Ampelkoalition will Familien mit geringem Einkommen mit einem nach Alter der Kinder gestaffelten Sofortzuschlag in Höhe von etwa zehn bis 25 Euro pro Kind und Monat unterstützten. „In diese Richtung geht es“, sagte die designierte Bundesfamilienministerin auf eine entsprechende Frage zur Ausgestaltung des Sofortzuschlags.
Die genaue Höhe werde aber noch festgelegt. Unterstützt würden diejenigen, die jetzt Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) oder SGB XII (Sozialhilfe) oder einen Kinderzuschlag bekommen. „Damit werden auf einen Schlag 2,7 Millionen Kinder in Deutschland mehr Geld bekommen“, sagte Spiegel.
Ihr wichtigstes Projekt als Familienministerin werde die Einführung einer Kindergrundsicherung sein. „Das ist ein kompletter Paradigmenwechsel, der längst überfällig ist“, sagte Spiegel. „Wir wollen nicht, dass Familien weiter von Pontius zu Pilatus laufen müssen, um Unterstützung bekommen zu können.“
Künftig werde ein Antrag zur Geburt des Kindes genügen, um unbürokratisch die Unterstützung zu bekommen, die die Familie benötigt. „Das ist auch eine Kampfansage an Kinderarmut in Deutschland.“ Weil das Vorhaben sehr viele Änderungen erfordere, werde es allerdings nicht in den ersten 100 Tagen der Regierung umzusetzen sein.