Designierte Familien­ministerin Spiegel: besser mehr Masken­tragen als Schul­schließungen

Die designierte Familienministerin Anne Spiegel.

Die designierte Familienministerin Anne Spiegel.

Berlin. Die designierte Bundes­familien­ministerin Anne Spiegel (Grüne) hat gefordert, Schul­schließungen wegen der Corona-Pandemie unter anderem durch verstärkte Schutz­maßnahmen an Schulen zu verhindern. „Bevor Schulen und Kitas geschlossen werden, muss alles andere in Erwägung gezogen werden. Mehr Schutz­maßnahmen, also durch­gehendes Masken­tragen und mehr Tests, sind immer noch besser, als die Kinder nach Hause zu schicken“, sagte Spiegel dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND). „Schulen und Kitas sind ja nicht nur Orte des Lernens. Sie geben Kindern und Jugendlichen Halt, Geborgenheit und Stabilität. Sie sind ein Anker in schwierigen Zeiten.“

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Die Freude, weiter in die Schule gehen zu können, überwiege bei vielen Kindern. „Der Wunsch, Gleichaltrige zu sehen, in der Klassengemeinschaft zu sein, ist so stark, dass viele lieber eine Maske tragen.“ Auch viele Familien seien eher besorgt, dass die Schulen schließen könnten.

Auch ihre eigene Familie habe die Pandemie sehr belastet, sagte Spiegel, die vierfache Mutter ist. „Die Pandemie­zeit hat uns wie viele andere Familien an unsere Grenzen gebracht. Das waren tägliche Heraus­forderungen, die man vorher nicht auf dem Schirm hatte. Ich habe noch keine Familie getroffen, die gesagt hat, sie sei komplett sorgen- und stressfrei durch diese Zeit gekommen.“

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Das Schwierigste sei die Schließung der Spiel­plätze zu Beginn der Pandemie gewesen. „Das haben meine Kinder überhaupt nicht verstanden. Als sie die Absperr­bänder gesehen haben, flossen die Tränen“, sagte die derzeitige rheinland-pfälzische Umwelt­ministerin. „Und wenn Kitas und Schulen gleichzeitig zu waren, bedeutete das Dauer­stress: Gleichzeitig Home­schooling organisieren und die kleineren Kinder davon abhalten, die größeren zu stören. Heftig war, dass Kinder­geburtstage ausfallen mussten. Der Spruch ‚Das holen wir nach‘ hilft wenig, wenn man nicht sagen kann, wann das genau sein wird.“

Spiegel wünscht sich einheitliche Gender­sprache für Ampel

Spiegel sprach sich auch für eine einheitliche gender­gerechte Sprache in Gesetzes­texten und anderen Vorhaben der künftigen Ampel­koalition ausgesprochen. „Ich finde gender­gerechte Sprache wichtig, auch in staatlichen Dokumenten“, sagte sie. „Es wäre wünschens­wert, wenn die Bundes­regierung zu einem einheitlichen Verfahren findet.“

Spiegel wandte sich zudem gegen Kritik aus der CSU an der im Ampel­koalitions­vertrag angekündigten rechtlichen Absicherung sogenannter Verantwortungs­gemeinschaften. „Verantwortungs­gemeinschaften wollen wir für Menschen schaffen, die etwa im Alter allein­stehend sind und mit der lang­jährigen verwitweten Freundin ein gemeinschaftliches Leben gegenseitig absichern und vereinfachen möchten“, sagte die derzeitige rheinland-pfälzische Umwelt­ministerin.

Die geplanten Änderungen seien großartig. „Damit wird die Lebens­realität vieler Familien in Deutschland anerkannt und in verbindlichere Formen mit entsprechenden Rechten gegossen.“ Es müsse anerkannt werden, dass Familie in viel­fältigeren Konstellationen gelebt werde. Dazu gehörten auch gleich­geschlechtliche Partnerschaften, Patchwork­familien, Allein­erziehende und kinder­reiche Familien.

„Bisher hängt eine unnötige und diskriminierende Bürokratie daran, wenn zwei Frauen ein Kind miteinander bekommen. Jetzt wird so etwas zur Selbst­verständlichkeit. Und auch der biologische Vater kann als Teil der Familie anerkannt werden“, sagte Spiegel.

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Die Vize-CSU-Vorsitzende Dorothee Bär hatte auf Twitter kritisiert, mit den Verantwortungs­gemeinschaften würde der im Grund­gesetz festgelegte Schutz von Ehe und Familie entwertet.

Ampel plant gestaffelten Sofort­zuschlag für einkommens­schwache Familien

Die Ampel­koalition will Familien mit geringem Einkommen mit einem nach Alter der Kinder gestaffelten Sofort­zuschlag in Höhe von etwa zehn bis 25 Euro pro Kind und Monat unterstützten. „In diese Richtung geht es“, sagte die designierte Bundes­familien­ministerin auf eine entsprechende Frage zur Ausgestaltung des Sofort­zuschlags.

Die genaue Höhe werde aber noch festgelegt. Unterstützt würden diejenigen, die jetzt Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) oder SGB XII (Sozialhilfe) oder einen Kinder­zuschlag bekommen. „Damit werden auf einen Schlag 2,7 Millionen Kinder in Deutschland mehr Geld bekommen“, sagte Spiegel.

Ihr wichtigstes Projekt als Familien­ministerin werde die Einführung einer Kinder­grundsicherung sein. „Das ist ein kompletter Paradigmen­wechsel, der längst überfällig ist“, sagte Spiegel. „Wir wollen nicht, dass Familien weiter von Pontius zu Pilatus laufen müssen, um Unterstützung bekommen zu können.“

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Künftig werde ein Antrag zur Geburt des Kindes genügen, um unbürokratisch die Unterstützung zu bekommen, die die Familie benötigt. „Das ist auch eine Kampf­ansage an Kinder­armut in Deutschland.“ Weil das Vorhaben sehr viele Änderungen erfordere, werde es allerdings nicht in den ersten 100 Tagen der Regierung umzusetzen sein.

Das gesamte Interview mit Anne Spiegel lesen Sie hier.

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