Bundestagsabgeordnete ziehen Pekings Ärger auf sich

Streit mit China über Besuch deutscher Parlamentarier in Taiwan

Eine Delegation von Bundestagsabgeordneten um den CDU-Politiker Klaus-Peter Willsch (3.v.l) beim Empfang am Flughafen Taipeh mit Alexander Tah-ray Yui (4.v.l), Taiwans Vize-Außenminister, und Jhy-Wey Shieh (r), Repräsentant Taiwans in Deutschland.

Eine Delegation von Bundestagsabgeordneten um den CDU-Politiker Klaus-Peter Willsch (3.v.l) beim Empfang am Flughafen Taipeh mit Alexander Tah-ray Yui (4.v.l), Taiwans Vize-Außenminister, und Jhy-Wey Shieh (r), Repräsentant Taiwans in Deutschland.

Taipeh/Peking. Der Besuch einer Delegation des Bundestags in Taiwan sorgt für heftige Verstimmung in den deutsch-chinesischen Beziehungen. Kurz nach der Ankunft der sechs Bundestagsabgeordneten am Sonntag in Taipeh protestierte die Regierung in Peking. Ein Außenamtssprecher drängte die Parlamentarier, sich an den „Ein-China-Grundsatz“ zu halten und ihre Interaktionen mit den „separatistischen Unabhängigkeitskräften“ in Taiwan „sofort einzustellen“. Sie sollten keine „falschen Signale“ senden.

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Nicht die friedliche Reise zu einer Demokratie ist das Problem. Sondern die völlige Überreaktion einer nervösen Diktatur.

Klaus-Peter Willsch (CDU), Leiter der Delegation

Der Leiter der Delegation, Klaus-Peter Willsch (CDU), wies die Forderungen zurück. Die Parlamentariergruppe pflege Beziehungen zum taiwanischen Parlament, wozu auch solche Besuche gehörten. „Nicht die friedliche Reise zu einer Demokratie ist das Problem. Sondern die völlige Überreaktion einer nervösen Diktatur, die auf Worte mit Raketen und militärischer Aggression reagiert“, sagte Willsch.

„Ein Austausch von Parlamentariern darf weder als Vorwand für ein säbelrasselndes Verhalten der chinesischen Kommunisten noch als Entschuldigung für eine weitere Verletzung von Taiwans See- und Luftraum dienen“, sagte der CDU-Politiker offenbar auch mit Blick auf die heftige Reaktion Chinas auf die Visite der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, im August in Taiwan.

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Aus Protest hatte China großangelegte Manöver gestartet und hält seither mit Einsätzen von Kriegsschiffen und Flugzeugen in der Nähe von Taiwan den militärischen Druck aufrecht.

Pekings Außenamtssprecher unterstrich: „Taiwan ist ein untrennbarer Teil des chinesischen Territoriums.“ Die Regierung der Volksrepublik sei die einzige legitime Regierung ganz Chinas. Aus diesem Grund lehnt Peking auch solche offiziellen Kontakte anderer Länder zu Taipeh ab.

US-Delegation besucht Taiwan
TAIPEI, TAIWAN - AUGUST 09:  The Flag-Lowering Ceremony takes place at Liberty Square on August 09, 2022 in Taipei, Taiwan. Taiwan's military held a live-fire drill in response to China's recent live-fire drills in waters close to those claimed by Taiwan. (Photo by Annabelle Chih/Getty Images)

Die Volksrepublik China, die Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet, kritisierte den Besuch als Einmischung in innere Angelegenheiten Chinas.

Es ist der erste Besuch einer Bundestagsdelegation in der demokratischen Inselrepublik seit Beginn der Pandemie Ende 2019. Der „Freundeskreis Berlin-Taipeh“ will sich fünf Tage lang ein Bild von der angespannten Sicherheitslage sowie der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung machen. Die Parlamentarier werden ranghoch empfangen: Geplant sind Treffen mit Präsidentin Tsai Ing-wen sowie Außenminister Joseph Wu und Parlamentschef You Si-kun.

„Vereinigung“ mit Taiwan als „historische Mission“

Chinas Machtanspruch auf Taiwan geht auf die Gründungsgeschichte der Volksrepublik zurück. Nach der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten flüchtete die nationalchinesische Regierung nach Taiwan, während Mao Tsetung 1949 in Peking die Volksrepublik ausrief. Staats- und Parteichef Xi Jinping sieht eine „Vereinigung“ mit Taiwan als „historische Mission“ an und droht den 23 Millionen Taiwanern mit einer Eroberung. Taiwan, das als eine der lebendigsten Demokratien in Asien gilt, sieht sich hingegen schon lange als unabhängig an.

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Foto: Will keine Pressemitteilungen über Suizide in den Hamburger Justizvollzugsanstalten: Justizsenator Till Steffen (Grüne).

Betont, dass es gerade jetzt wichtig sei, die Freundschaft zu Taiwan zu demonstrieren: der Grünen-Politiker Till Steffen

Angesichts der Drohungen wollen die Abgeordneten auch ein Zeichen setzen. Gerade jetzt sei es wichtig, die Freundschaft zu Taiwan zu demonstrieren, sagte der Grünen-Politiker Till Steffen dem chinesischen Programm der Deutschen Welle. Die deutsche Politik gegenüber Taiwan und China habe sich nicht verändert.

Es wäre nur anders, wenn die Abgeordneten jetzt zögerten, Taiwan zu besuchen. In einer Zeit, in der China Taiwan bedrohe, wäre es ein „negatives Signal“, nicht zu reisen. China solle sich „nicht einmischen“.

Beide Seiten wollen die Zusammenarbeit ausbauen. Deutschland setzt sich auch für eine Mitarbeit Taiwans in Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) ein.

Die Teilnahme scheitert aber am Widerstand Pekings, das Taipeh isolieren will. Mit seiner „Ein-China-Doktrin“ erlaubt China diplomatischen Partnern nicht, Beziehungen zu Taiwan pflegen. Auch Deutschland unterhält nur eine inoffizielle Vertretung in Taipeh.

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Platz Fünf der deutschen Handelspartner in Asien

Taiwan steht auf Platz Fünf der deutschen Handelspartner in Asien, während das Land mit keinem anderen EU-Mitglied soviel handelt wie mit Deutschland. Der Warenaustausch hat im vergangenen Jahr 20 Milliarden US-Dollar überschritten. Nach einer Visite von französischen Abgeordneten Anfang September ist der Freundeskreis aus Berlin die zweite Parlamentsdelegation eines größeren EU-Mitglieds, die Taiwan besucht. Ende Oktober plant auch der Menschenrechtsausschuss des Bundestags einen Besuch.

RND/dpa

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