Deutsches Gericht zweifelt an Polens Justiz: Barley begrüßt Nicht-Auslieferung

Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europaparlaments.

Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europaparlaments.

Berlin. Die Vizepräsidentin des Europaparlaments und ehemalige Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat die vom Oberlandesgericht Karlsruhe verweigerte Auslieferung eines polnischen Tatverdächtigen an Polen begrüßt. “Das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe ist angesichts der Aushöhlung des Rechtsstaates in Polen folgerichtig”, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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“Mit der schrittweisen Abschaffung der unabhängigen Justiz verlässt die polnische Regierung unser europäisches Wertefundament.” So drohe sie unliebsamen Richterinnen und Richtern mit Disziplinarstrafen und stelle den Vorrang des Europarechts infrage.

Barley fügte hinzu: “Dass ein Gericht bei Zweifeln an der Rechtsstaatlichkeit die Auslieferung in ein anderes Land verweigern kann, ist ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes.” Nun müsse die Europäische Union darauf bestehen, dass Polen schnellstmöglich zu einer unabhängigen Justiz zurückkehre, und beim Europäischen Gerichtshof die Aussetzung der jüngsten Justizreform beantragen.

Die SPD-Politikerin mahnte: “Es wird Zeit, dass die EU als Druckmittel auch finanzielle Sanktionsmöglichkeiten in die Hand bekommt.”

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Unzumutbare Haftbedingungen

Das Karlsruher Gericht hatte einen unter anderem des Betrugs verdächtigen Mann aus Polen aus der Auslieferungshaft entlassen, weil es Zweifel an der Wahrung eines fairen Verfahrens in dessen Heimatland hat und außerdem nach Ansicht des Gerichts keine Fluchtgefahr besteht.

Nach Angaben des Deutschen Richterbundes ist das der erste Fall dieser Art in Deutschland. Der Mann bestreitet die Vorwürfe und gab an, es seien Zeugen für Falschaussagen bestochen worden.

Der EU-Haftbefehl, auf dem das polnische Auslieferungsersuchen fußt, stammt aus dem Jahr 2002 und besagt, dass sich die Mitgliedsstaaten Straftäter und Verdächtige gegenseitig überstellen. Allerdings scheiterten Auslieferungen nach Ungarn, Bulgarien oder Rumänien in den vergangenen Jahren häufiger an unzumutbaren Haftbedingungen dort. So urteilte der Europäische Gerichtshof am 5. April 2016, ausgeliefert werden dürfe nur auf der Grundlage von Informationen, die “das Vorliegen einer echten Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausschließen”.

Zehn Häftlinge auf neun Quadratmetern

Beispielsweise in Rumänien galt dies nicht als gewährleistet. In dem Land waren schon mal zehn Häftlinge auf neun Quadratmetern untergebracht. Defizite gibt es mitunter auch in westeuropäischen Staaten.

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Die rechtsstaatlichen Probleme in Polen treten nun hinzu. Noch 2017 war es zu 678 Auslieferungen dorthin gekommen.

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