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Kommentar

Deutschland und die Klinikreform: mehr Sicherheit für Krankenhauspatienten

Eine Mitarbeiterin der Pflege steht in einem Zimmer der Corona-Intensivstation des Universitätsklinikums Essen und bedient ein ECMO-Gerät, eine Herz-Lungen-Maschine.

Eine Mitarbeiterin der Pflege steht in einem Zimmer der Corona-Intensivstation des Universitätsklinikums Essen und bedient ein ECMO-Gerät, eine Herz-Lungen-Maschine.

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Einem Großteil der Kliniken in Deutschland steht das Wasser bis zum Hals. Um eine drastische Verschlechterung der Gesundheitsversorgung in Deutschland in den nächsten Jahren zu verhindern, ist eine Krankenhausreform dringend notwendig.

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Die stattliche Zahl von 1700 Kliniken bundesweit künftig in drei Kategorien einzuteilen, wie es Gesundheitsminister Karl Lauterbach plant, ist längst überfällig. Mit einer solchen neuen Struktur können Kosten gesenkt und vor allem die Qualität der Versorgung der Kranken verbessert werden. Damit die Reform gelingt, müssen die kleinen Krankenhäuser konsequent zu Grundversorgungs- und Notfallzentren umgebaut werden, die ihr Geld mit dem Vorhalten von Leistungen, der Akutversorgung, Routinebehandlungen und der gewissenhaften Überweisung von schwierigen Fällen in die Kliniken der anderen beiden Kategorien verdienen: Fachkrankenhäuser und Unikliniken.

Deutschland ist immer noch Weltmeister bei künstlichen Knie- und Hüftgelenken

Das bisherige System birgt für Patientinnen und Patienten Risiken: Da die Krankenhäuser nach Fällen bezahlt werden, sehen ihre Bilanzen umso besser aus, je mehr sie operieren. Das setzt für die klammen Kliniken den Anreiz, möglichst viel zu operieren, und führt bei kleineren Häusern auch zu Behandlungen, für die sie fachlich nicht so gut ausgestattet sind.

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Dass Deutschland Weltmeister bei künstlichen Knie- und Hüftgelenken ist, dürfte auch mit diesen falschen Anreizen zusammenhängen. In Unikliniken arbeitet das medizinische Personal im besten Fall Hand in Hand. Wer sich nicht ganz sicher ist, wie ein Röntgenbild oder ein Laborbefund zu interpretieren ist, kann andere erfahrene Kolleginnen und Kollegen zu Rate ziehen. Das erhöht die Sicherheit für die Kranken, dass für sie die richtigen Therapieentscheidungen getroffen werden. Aber auch dort ist die Fallpauschale als einzige Finanzquelle für medizinische Leistungen nicht der Weisheit letzter Schluss.

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Zugleich sind die Kliniken überlastet, weil eine große Zahl an Erkrankten die Notfallaufnahmen aufsuchen, obwohl sie sich mit Rückenschmerzen oder geschwollenem Insektenstich genauso gut ambulant behandeln lassen könnten. Es ist aber keinesfalls nur die Gedankenlosigkeit der Versicherten, die sie in die Notaufnahmen der Kliniken treibt. Insbesondere im ländlichen Bereich finden immer mehr Menschen keinen Hausarzt mehr, weil es dort zu wenige Praxen gibt. Über eine bessere Vernetzung von Praxen und Kliniken wird seit Jahren gesprochen – geschehen ist bislang zu wenig. Die nun geplante Reform bietet die Chance, den Schritt endlich zu gehen.

Lauterbach muss nun die Länder für seine Reform an Bord holen

Für Lauterbach ist es nun die größte Herausforderung, die Länder für seine Pläne an Bord zu holen und bis zur Sommerpause geeinte Eckpunkte seiner Reform vorzulegen. Die Länder werden über ihren Schatten springen müssen. Dass die Kliniken flächendeckend in eine solche finanzielle Schieflage geraten konnten, haben die Länder mitzuverantworten. Sie reklamieren für sich die Hoheit über die Krankenhausplanung, kommen aber seit Jahren ihrer Verpflichtung nicht nach, auch ausreichend Investitionsmittel für die Kliniken zur Verfügung zu stellen. In ihrer Not haben die Krankenhausverwaltungen für dringend notwendige Investitionen immer wieder Geld aus jenen Pauschalen gezogen, die sie von den Krankenkassen für die Behandlung der Versicherten erhalten.

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Die Not zur Einigung ist groß. Gelingt keine Reform, dann werden viele Kliniken in die Insolvenz rutschen, was für die Versorgung vor Ort viel brisanter ist, als geordnet einige vom Markt zu nehmen, die kleinen Häuser umzuorganisieren und in Ballungszentren eine übergroße Zahl an Betten in Fachkliniken abzubauen.


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