Die AfD will weiter ins Bundestagspräsidium – und wird damit wieder scheitern

Harald Weyel (AfD), Mitglied des Deutschen Bundestags, will Vize von Wolfgang Schäuble (CDU) werden.

Harald Weyel (AfD), Mitglied des Deutschen Bundestags, will Vize von Wolfgang Schäuble (CDU) werden.

Berlin. Der Punkt steht als TOP 11 ganz oben auf der Tagesordnung des Bundestags an diesem Donnerstag: „3. Wahlgang – Stellvertreter des Präsidenten“. Es tritt an: Harald Weyel. Man muss kein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass der AfD-Abgeordnete mit dem Vorhaben scheitern wird, zum Vizepräsidenten des Bundestags und damit zu einem der Stellvertreter von Wolfgang Schäuble gewählt zu werden. Nicht nur, weil der 61-Jährige aus Bergisch Gladbach bereits zwei erfolglose Wahlgänge hinter sich hat, sondern auch, weil bislang alle von der AfD aufgestellten Bewerber durchgefallen sind.

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Weyel macht das halbe Dutzend voll. Albrecht Glaser, Marianna Harder-Kühnel, Gerold Otten, Paul Viktor Podolay und Karsten Hilse – ihnen allen widerfuhr dasselbe Schicksal. Sie erreichten in jeweils drei Wahlgängen nicht die erforderliche Mehrheit. Die 621 anderen Abgeordneten wollen den 88 der AfD einfach nicht dazu verhelfen, diesen Posten zu bekommen, den sonst jede Fraktion hat.

Kubicki über AfD: „Ständige Missachtung unserer Verfassungsordnung“

Vizepräsident Wolfgang Kubicki hat dafür volles Verständnis. „Zuerst war ich der Auffassung, dass die anderen Fraktionen der AfD dieses Amt nicht verwehren sollten“, sagt der FDP-Mann. In der Wahlperiode habe sich seine Meinung aber geändert. „Die ständige Missachtung unserer Verfassungsordnung, die Diskreditierung der parlamentarischen Prozesse durch führende Vertreter der AfD darf nicht durch eine solche Wahl höhere Legitimation erfahren.“ Er halte es auch für das Ansehen Deutschlands für besser, „dass es nicht durch einen Vertreter dieser Partei im Ausland an offizieller Stelle repräsentiert wird“.

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Kubicki spricht damit an, dass der Bundestagspräsident hinter dem Bundespräsidenten der zweite Mann im Staate und damit – nach innen wie außen – einer der obersten Repräsentanten der Republik ist. Vielen Abgeordneten ist die Vorstellung unerträglich, dass ein AfD-Parlamentarier als Vizepräsident in diese Rolle schlüpfen könnte.

Nach der Geschäftsordnung scheint die Sache klar: „Jede Fraktion des Deutschen Bundestags ist durch mindestens einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin im Präsidium vertreten“, heißt es dort. Steht der AfD der Posten also zu? Schäuble hat dies schon vor zwei Jahren verneint. „Es gibt keinen Rechtsanspruch.“ Es gebe lediglich eine „Verabredung“, dass jede Fraktion einen Kandidaten vorschlagen könne, lautet Schäubles Lesart der Geschäftsordnung. Dann gelte: „Es wird immer nur Vizepräsident, wer in geheimer Wahl die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erhält.“ Und wer sie nicht bekomme, werde eben nicht Vizepräsident.

Weidel bezeichnet Anspruch auf Vizeposten als „demokratisches Recht“

Die AfD, die alle ihre Abgeordneten für lupenreine Demokraten hält und sich gerne als Opfer von Ausgrenzung in Szene setzt, sieht dies naturgemäß anders. Und so kündigt Fraktionschefin Alice Weidel schon mal an: „Auch in der kommenden Legislaturperiode wird die AfD-Fraktion ihren Anspruch auf das Amt eines Bundestags-Vizepräsidenten aufrechterhalten.“ Dies sei ein „demokratisches Recht“, das die anderen Fraktionen der AfD nicht vorenthalten dürften. Das Thema habe in der Fraktion hohe Priorität, „und wir werden es dem politischen Mitbewerber auch in Zukunft nicht leicht machen, die AfD einfach auszugrenzen“.

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Tatsächlich war es nach dem erstmaligen Einzug der AfD in den Bundestag 2017 so, dass einige ihrer Bewerber auch Stimmen aus den anderen Fraktionen erhielten und noch relativ respektable Ergebnisse erzielten – auch wenn es am Ende nie reichte.

Dass dies heute viel weniger geschieht, hat auch mit dem Zwischenfall bei der Debatte über das umstrittene Infektionsschutzgesetz im vergangenen November zu tun. Besucher hatten damals auf den Fluren des Reichstagsgebäudes Abgeordnete bedrängt, gefilmt und beleidigt, darunter auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Aus einem Bericht der Bundestagspolizei geht hervor, dass die Besucher von drei AfD-Abgeordneten eingeladen worden waren. Co-Fraktionschef Alexander Gauland entschuldigte sich zwar im Namen der Fraktion. Doch diese beispiellose Aktion verschlechterte das Verhältnis zu den anderen Fraktionen weiter.

Ein Blick auf die zum Teil schon aufgestellten Kandidatenlisten für die Bundestagswahl lässt nicht vermuten, dass der Ton im Plenum und auf den Fluren des nächsten Bundestags weniger schrill sein wird. Was das für weitere Bewerbungen um das Vize-Präsidentenamt bedeutet, ist noch nicht absehbar. Setzt die AfD auf eher gemäßigte Kandidaten? Oder auf Bewerber, die provozieren, weil sie eh nicht glaubt, diese durchzubekommen? Weidel, die mit großer Wahrscheinlichkeit auch in der neuen Fraktion eine führende Rolle spielen wird, sagt: „Welchen Weg wir in der neuen Legislaturperiode dabei beschreiten werden, werden wir noch in der Sommerpause festlegen.“

Vizepräsident Kubicki geht davon aus, dass die AfD auch in der kommenden Wahlperiode auf Granit beißen wird. „Solange die Partei nicht ihr Verhältnis zu unserem Rechts- und Verfassungsstaat klärt, sehe ich auch objektiv keinen Grund, warum sich die Mehrheit der Abgeordneten des neuen Bundestages anders entscheiden sollte.“

RND/dpa

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