Koalitionsstress und die ungelöste Atomfrage

Die Grünen streiten mit den Koalitionspartnern – und ein bisschen mit sich selbst

Die Galionsfiguren der Grünen: Außenministerin Annalena Baerbock spricht mit Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Die Galionsfiguren der Grünen: Außenministerin Annalena Baerbock spricht mit Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Berlin. Konstantin von Notz neigt nicht zu übermäßiger Schärfe. Doch am Sonntag ist dem stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion offenkundig der Kragen geplatzt. Nachdem führende Sozialdemokraten wegen der Gasumlage auf Vizekanzler Robert Habeck losgegangen waren, schrieb von Notz bei Twitter: „Die schlechte Performance des Bundeskanzlers, seine miesen Umfragewerte, Erinnerungslücken bei Warburg und seine Verantwortung bei Nord Stream 2 werden durch unloyales Verhalten und Missgunst in der Koa(lition) nicht geheilt werden.“ Das sorgte für massives Aufsehen.

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Der Bundesvorstand der Grünen traf sich am Montag zu einer Klausurtagung in Laatzen bei Hannover, am Dienstag folgt die Klausur der Grünen-Bundestagsfraktion in Potsdam. Am Ende der Sommerpause gibt es viel zu bereden.

Die Unzufriedenheit mit den Partnern wuchs immer weiter

Da sind zum einen die Verhältnisse in der Ampelkoalition. Zwar standen Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock zuletzt stabil an der Spitze aller Politiker-Rankings. Gleichzeitig wuchs aber die Unzufriedenheit mit den Partnern. Die FDP schien sich unter ihrem Vorsitzenden und Bundesfinanzminister Christian Lindner aus Sicht der Grünen alles erlauben zu können, ohne dass der sozialdemokratische Kanzler Olaf Scholz sie stoppte. So stellten sich die Liberalen beim Verbot der Neuzulassung von Autos mit Benzinmotoren auf EU-Ebene ab 2035 quer. Auch war Lindners Konzept zur Bekämpfung der kalten Progression mit den Grünen nicht abgesprochen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing wiederum macht kaum Anstalten, die CO₂-Emissionen im Verkehrssektor zu drücken.

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Steffi Lemke (Buendnis 90/Die Gruenen), Bundesministerin fuer Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, fotofrafiert im Rahmen eines Interviews im Ministerium. Berlin, 25.01.2022.

Frau Lemke, wird sich die Oder je wieder erholen?

Umweltministerin Steffi Lemke (Die Grünen) plagen gerade zwei Sorgen: Nach der Umweltkatastrophe in der Oder muss man mit Dauerschäden und mit ähnlichen Vorfällen in anderen Flüssen rechnen, sagt sie im RND-Interview. Und vor einer Atomkraftverlängerung seien monatelange Sicherheitschecks unabdingbar, betont sie – und warnt vor erschwerter Endlagersuche.

Dass SPD- und FDP-Vertreter nun Habeck attackieren, sorgt für zusätzlichen Verdruss. So sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Wir finden, dass unsere Ministerinnen und Minister einen erstklassigen Job machen. Was allerdings nicht gut ist: Dass manche aus FDP und SPD derzeit auf der Suche nach besseren Umfragewerten den grünen Koalitionspartner angreifen, anstatt das gemeinsam erarbeitete Profil herauszustellen.“ Sie fuhr fort: „Manche müssen endlich begreifen, dass Erfolg und Misserfolg der Ampel direkt auf die sie tragenden Parteien und Fraktionen zurückzuführen sind. Das ist im Prinzip sehr simpel.“

Das Problem mit den innergrünen Verhältnissen

Da sind zum anderen die innergrünen Verhältnisse. So sagte ein Grüner dieser Tage, gerade die Fraktionsführung müsse sich mal trauen, auch eigene Standpunkte jenseits der Regierungslinie zu vertreten. Das trauten sich zuletzt bloß die Sprecherin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, und Ex-Fraktionschef Anton Hofreiter, die Habecks Gasumlage rundheraus ablehnten.

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Ein weiteres Problem steht der Partei, die sich Mitte Oktober zum Parteitag trifft, und der Fraktion unmittelbar bevor: Die Frage, ob die verbliebenen Atomkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 länger laufen sollen als bis zum Jahresende. Habecks Wirtschaftsministerium hat einen Stresstest veranlasst. Das Ergebnis soll in einigen Tagen vorliegen. Und die interne Konfliktlinie ist klar: Alles, was über einen Streckbetrieb bis zum Frühjahr mit den vorhandenen Brennelementen hinausginge, dürfte für massiven Ärger sorgen. Dann könnte nicht allein Konstantin von Notz an die Decke gehen.

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