Die unbekannten Seiten der Sahra Wagenknecht

Die Spitzenkandidatin der Partei „Die Linke“, Sahra Wagenknecht.

Die Spitzenkandidatin der Partei „Die Linke“, Sahra Wagenknecht.

Berlin. Und sie lacht doch! So ganz sicher waren sich da einige Teilnehmer vor Beginn der Bundesleserkonferenz mit Sahra Wagenknecht nicht gewesen. Allzu ernst und diszipliniert wirke die Spitzenkandidatin der Partei "Die Linke" immer, sagt einer. Womöglich könne sie ja gar nicht lachen, ein anderer.

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Die erste Lehre am frühen Donnerstagabend ist: Sie kann. Die zweite: Sie tut es auch. Vor allem dann, wenn die Fragen ein wenig frecher werden. Was häufiger passiert. Knapp 200 Leser von Regionalzeitungen, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland angehören, sind nach Berlin gekommen, um der Linken-Politikerin auf den Zahn zu fühlen. Direkt und ungefiltert. Von Wähler zu Politiker.

Die Liebende

Einer der stärksten Momente folgt gleich zu Beginn des Abends. Eine Leserin will wissen, aus welcher Quelle sie Kraft schöpfe. Wagenknecht antwortet zunächst etwas technisch: “Die Kraftquelle ist tatsächlich ein ausgeglichenes Leben im Privatbereich.”

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Dann allerdings legt die 48-Jährige nach. “Ich weiß, dass da jemand ist, der mich immer auffängt, wo ich immer hin kann, auch wenn ich müde und frustriert bin. Wenn ich das nicht hätte, diese Rückzugslinie, das schöne Leben in Zweisamkeit, hätte ich die Kraft nicht.”

Es ist, man kann das kaum anders deuten, eine Liebeserklärung. Und auch wenn sie den Namen nicht sagt, weiß doch jeder im Raum, dass diese Sätze Oskar Lafontaine gelten, jenem Mann, mit dem Wagenknecht seit 2015 verheiratet ist.

Die Post-Kommunistin

Manchmal ist sie noch der Wirtschaftsschreck - auch wenn sie nicht mehr ganz so radikal klingt wie in früheren Jahren. Von volkseigenen Produktionsmitteln und Planwirtschaft hält sie nichts mehr. “Weil es nicht funktioniert.” Gegen kleine und mittlere Unternehmen in privater Hand hat sie nichts.

Die großen allerdings, die Aktienkonzerne, würde sie gerne neu organisieren. Stiftungsmodelle oder Genossenschaften schweben ihr vor. Die Gesellschaft könne davon profitieren, glaubt sie. “Wenn die Unternehmen weniger renditeorientiert wären, hätten sie mehr Geld für Forschung zur Verfügung.”

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Große Vermögen will sie besteuern und das Geld zum Beispiel in Bildung investieren. Erbschaften auch. “Erben ist keine Leistung, sondern ein Privileg”, sagt sie. Die Einkünfte der BMW-Familien Quandt und Klatten nennt sie “pervers”.

Die Widersprüchliche

In kaum einem Politikfeld sind Wagenknechts Positionen so umstritten wie in der Außenpolitik. Sie ist eine strikte Gegnerin der Nato, lehnt Auslandseinsätze der Bundeswehr ab, hat große Vorbehalte gegen die USA und gewisse Sympathien für Russland. US-Präsident Trump nennt sie “ein ganz spezielles Exemplar”, sagt aber gleichzeitig, dass auch viele von Trumps Vorgängern in ihren Augen “gefährliche” Präsidenten gewesen seien.

Die Nato will sie wegen der amerikanischen Dominanz abschaffen, stattdessen schwebt ihr ein neues Verteidigungsbündnis mit Russland und den USA vor. Sanktionen gegen Russland wegen des Eingreifens auf der Krim lehnt sie ab. “Weil sie nichts bringen.” Druck auf Russland, das Minsker Abkommen mit der Ukraine umzusetzen, müsse es aber trotzdem geben. Wie dieser Druck aussehen soll? Darauf hat sie keine Antwort.

Die Liberale

Keine Bundesleserkonferenz ohne die Frage nach der Cannabis-Legalisierung. Befürwortet sie grundsätzlich. "Weil ich nicht glaube, dass man Drogenkonsum mit Kriminalisierung zurückdrängen kann." Vom Kiffen hält sie trotzdem nichts. "Ich möchte nicht, dass mehr Menschen Cannabis konsumieren, ich möchte es zurückdrängen". Ihre Lösung: eine massive Aufklärungskampagne. Keine Toleranz hat Wagenknecht für Dealer, die Drogen vor Schulen oder an Kinder verkaufen. "Das ist tatsächlich kriminell."

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Die Entspannte

In der Öffentlichkeit wirke sie immer so diszipliniert, ob es denn auch eine entspannte Sahra Wagenknecht in T-Shirt und Jogginghose gebe, will ein Leser wissen. “Na klar”, antwortet die Politikerin. In der politischen Öffentlichkeit wirke sie oft kontrolliert, weil sie sich konzentrieren müsse, sagt Wagenknecht. “Entweder man wird angegriffen, oder man greift selbst jemanden an.” Sie sei dann in einer Art Kampfmodus.

“Privat habe ich natürlich nicht das Kostüm an”, sagt Wagenknecht. Sie trage dann auch schon mal eine Jogginghose - vor allem beim Sport. “Das ist ja das Schöne”, sagt sie noch, “dass man sich privat auch mal gehen lassen kann.”

Von Andreas Niesmann/RND

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