EU verspricht Hilfe nach Irma
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Auf der französisch-niederländischen Insel Saint-Martin wütete der Tropensturm Irma. Das ERCC liefert Frankreich und den Niederlanden die notwendigen Satelliten-Daten, um die Hilfskräfte besser zu koordinieren.
© Quelle: AP
Brüssel. An der Wand hängen Bildschirme mit Wetterbewegungen, seismografischen Angaben und Temperaturentwicklungen von Europa. Das Gebäude des Zentrums für Koordination von Notfallmaßnahmen (ERCC) liegt nur einen Steinwurf von der EU-Kommission entfernt. Doch das unscheinbare Bürogebäude lässt von außen nicht vermuten, dass hier in Echtzeit Naturkatastrophen und andere Krisen auf der ganzen Welt im Auge behalten werden – 365 Tage im Jahr, 24 Stunden lang: Etwa 40 Beamte sind dafür im Dienst, allein 20 sind für das Monitoring zuständig – bis zu drei Krisenherde kann das ERCC gleichzeitig beobachten.
Derzeit tobt der Hurrikan Irma über die Karibik hinweg und das Zentrum hat alle Hände voll zu tun. „Die EU arbeitet rund um die Uhr, um die Länder und Gebiete zu unterstützen, die von dieser Katastrophe getroffen wurde“, sagte der für humanitäre Hilfe zuständige Kommissar Christos Stylianides.
Das ERCC liefert Satelliten-Daten in Echtzeit
Frankreich und die Niederlande, die dort beide Staatsgebiete haben, forderten bereits Satellitenkarten von dem Zentrum an, um Hilfskräften vor Ort die Arbeit zu erleichtern und das Ausmaß der Zerstörung einschätzen zu können. Das EU-Satellitensystem Copernicus lieferte präzise Bilder von Guadeloupe, Saint Barthélémy und Saint Martin sowie dem niederländischen Inselteil Sint Maarten.
Die Bilder zeigen eine Spur der Verwüstung. Auf der französischen Inselhälfte gab es bereits mindestens neun Tote, sieben werden vermisst, und weit über hundert erlitten schwere Verletzungen. Auf Sint Maarten wurden ein Flughafen und ein Hafen praktisch vollständig zerstört. Inzwischen konnte das erste Flugzeug wieder landen, doch die Kommunikation zwischen dem niederländischen Außengebiet und dem Regierungssitz Den Haag bleibt schwierig, weil die meisten Verbindungen ausgefallen sind. Der niederländische König Willem Alexander will am Sonntag nach Curacao reisen – ob und wann er nach Sint Maarten weiter kann, soll noch mit dem dortigen Gouverneur abgestimmt werden. Premier Mark Rutte versucht derweil die Ersthilfe zu koordinieren – Wasser, Lebensmittel, Zelte.
Mehr als 400 Katastrophen überwacht
Inzwischen zieht Irma Richtung Florida und Kuba. Deshalb hat das ERCC auch Landkarten der Gegend um Haiti und der Dominikanischen Republik erstellt. Ein Expertenteam der EU befindet sich bereits vor Ort. In Managua (Nicaragua), steht eine regionale EU-Vertretung für humanitäre Hilfe bereit, örtliche Kräfte zu unterstützen.
Das Katastrophenzentrum entstand bereits 2001 und hat seither mehr als 400 Katastrophen überwacht – mehr als 300 Mal wurde Hilfe angefordert. Neben den EU-Mitgliedstaaten nehmen auch Island, Norwegen, Mazedonien, Montenegro, Serbien und die Türkei daran teil. Sie alle bündeln ihre Ressourcen, die wiederum weltweit zum Einsatz kommen können.
Allein in diesem Jahr wurde EU-Hilfe acht Mal in Anspruch genommen – Italien, Frankreich, Portugal, Montenegro und Albanien baten um Unterstützung, um die Waldbrände einzudämmen. In den vergangenen drei Jahren lösten mehrere besonders verheerende Naturkatastrophen das Verfahren aus. 2014 kämpften Serbien, Bosnien und Herzegowina gegen schwere Überschwemmungen, während in Westafrika die Viruskrankheit Ebola um sich griff (von dort wurden mit Hilfe des ERCC 16 Patienten evakuiert) und in der Ukraine ein kriegerischer Konflikt entstand. 2015 kam es zu einem vernichtenden Erdbeben in Nepal, das tausende Menschenleben kostete. 2016 fegte der Hurrikan Matthew über Haiti.
EU-Staaten sollen finanziell unterstützt werden
Für EU-Beitrittskandidaten und Mitgliedstaaten wurde der EU-Solidaritätsfonds eingerichtet. Italien könnte nach den schweren Erdbeben vom vergangenen und diesem Jahr einem Vorschlag der EU-Kommission zufolge die bislang höchste Summe von 1,2 Milliarden Euro zukommen. Die Ausmaße von Irma dürften noch viel mehr fordern. Und der nächste Sturm ist schon im Anzug: Er heißt José und wird auf den Bildschirmen des ERCC mit Argusaugen verfolgt.
Von Mirjam Moll/RND