Ex-Umweltministerin Hendricks zum Klimaschutz: „Politik wird anständig abliefern“
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Die frühere Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
© Quelle: dpa
Berlin. Barbara Hendricks (69) war in der Zeit von 2013 bis 2018 Bundesumweltministerin. Die SPD-Politikerin, die von 1994 bis 2021 dem Bundestag angehörte, war zuvor Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium sowie Bundesschatzmeisterin ihrer Partei. Hendricks ist Mitglied des Zentralkomitees deutscher Katholiken (ZdK).
Frau Hendricks, Sie sind im Dezember 2015 zur UN-Klimakonferenz nach Paris gefahren.
Ich war 14 Tage lang da. Und wir haben 14 Tage lang Tag und Nacht verhandelt. Bis zur Einigung.
Die wird heute als historisch beschrieben. Was war das damals für ein Gefühl?
Wir waren 2015 alle euphorisch, dass es wirklich zu einer Einigung gekommen ist und alle Länder mitgemacht haben. Auch wenn wir drei Tage vor dem Abschluss positiv gestimmt waren: Unvergessen war, dass 2009 schon alle an eine Einigung in Kopenhagen geglaubt hatten. Dennoch scheiterte die Konferenz in Dänemark vollständig.
Was war passiert?
2009 war Barack Obama da, die Kanzlerin war da. Alle haben erwartet, das wird ein Erfolg. Aber es ist nicht gelungen. Zu Recht, wie ich heute finde. Die Länder des Südens empfanden die Zuteilung ihres möglichen CO₂‑Ausstoßes durch die Länder des Nordens als eine neue Art von Imperialismus.
Welcher Ansatz war dann erfolgreich?
Im Laufe des Jahres 2015 hat man einen völlig neuen Ansatz gewählt, der jedem einzelnen Land die Verantwortung zuweist. Es ist die Verpflichtung, das Bestmögliche zu tun für jedes einzelne Land – sowohl in technischer als auch in finanzieller Hinsicht. Und darauf haben sich alle Länder eingelassen. Die Zustimmung der Länder des Südens und ihr Vorschlag, die Erwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, waren entscheidend.
Welche Erwartungen verknüpfen Sie mit der UN-Weltklimakonferenz in Glasgow Anfang November?
Auf der UN-Weltklimakonferenz in Glasgow stehen die ersten richtigen Überprüfungen an. Ein Ergebnis von Paris war, dass alle immer besser werden müssen beim Klimaschutz. Niemals darf ein Land wieder schlechter werden. Außerdem ist wichtig, dass ab dem Jahr 2021 die Länder des Südens von den Industrieländern jedes Jahr 100 Milliarden Dollar zur Bekämpfung des schon stattfindenden Klimawandels bekommen sollen. Das muss in Glasgow auch stimmen.
Was macht man als Ministerin bei den Verhandlungen, die ja in vielen Runden stattfinden?
Die Fachleute verhandeln zwischen den großen Konferenzen regelmäßig. Deutschland ist mit einer größeren Delegation vertreten, da gleichzeitig in verschiedenen Gruppen verhandelt wird und wir ja auch in der EU eingebunden sind. Es müssen viele einzelne Fragen geklärt werden. Aber bis wohin kann man denn gehen? Wie weit kann man jemandem entgegenkommen? Das ist eine Frage, die am Schluss von Ministerinnen und Ministern verantwortet werden muss.
Paris hat die gesellschaftliche Debatte verändert, das sollte als Ergebnis nicht unterschätzt werden.
Barbara Hendricks (SPD),
frühere Bundesumweltministerin
Was ist denn bei Ihnen persönlich von der Aufbruchstimmung in Paris geblieben?
Ich bin weiterhin sehr zuversichtlich. Paris hat die gesellschaftliche Debatte verändert, das sollte als Ergebnis nicht unterschätzt werden. In Deutschland ist die gesellschaftliche Debatte eigentlich erst seit 2018 anders geworden mit dem Aufkommen der Klimabewegung Fridays for Future und mit mehreren heißen Sommern hintereinander.
Verstehen Sie die Ungeduld der jungen Leute, die weiter für die Beschleunigung des Klimaschutzes auf die Straße gehen?
Ich weiß, dass die jungen Menschen ungeduldig sind und dass viele junge Leute sagen, es geschieht nichts. Aber wir gehen Schritte in die richtige Richtung. Ich bin weiterhin sehr zuversichtlich, dass es uns gelingt. Wir erfüllen auch alle unsere Zusagen. Ich bin sicher, die Politik wird in Deutschland beim Klimaschutz anständige Arbeit abliefern.