Vereinte Nationen fordern neuen Umgang mit Mittelmeer-Fluchtroute
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In Griechenland gedachten die Menschen an mehreren Orten den Toten des verheerenden Bootsunglücks.
© Quelle: IMAGO/ANE Edition
Genf. Nach dem verheerenden Bootsunglück mit vermutlich Hunderten ertrunkenen Migranten haben UN-Organisationen die EU zum Handeln aufgefordert, damit sich solche Tragödien nicht wiederholen. „Die EU muss Sicherheit und Solidarität in den Mittelpunkt ihres Handelns im Mittelmeerraum stellen“, teilte die stellvertretende UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge am Freitag mit.
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Politik an ihrer moralischen Grenze
Bei der Überfahrt aus Nordafrika sind offenbar über 500 Flüchtlinge gestorben. Dafür sind kriminelle Schlepper verantwortlich. Sie nutzen die Not von Menschen aus, die keine andere Möglichkeit sehen, nach Europa zu gelangen. Das neue Gemeinsame Europäische Asylsystem werde daran nichts ändern, kommentiert Markus Decker.
Angesichts verstärkter Fluchtbewegungen im Mittelmeerraum seien kollektive Anstrengungen, darunter die Koordination zwischen allen Anrainerstaaten oder die Verteilung von Verantwortlichkeiten, wie sie in den Plänen der EU-Asylreform vorgesehen seien, essenziell.
UN: Rettung von Menschen in Seenot ist internationale Pflicht
„Es ist klar, dass das derzeitige Konzept für das Mittelmeer nicht funktioniert“, teilte der Direktor der Abteilung für Notfälle der UN-Organisation für Migration (IOM), Federico Soda, am Freitag mit. „Die Staaten müssen zusammenarbeiten und die Lücken bei der proaktiven Suche und Rettung, der schnellen Ausschiffung und den sicheren regulären Wegen schließen“, sagte er.
Die UN-Organisation für Migration (IOM) und das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) erinnerten daran, dass die Rettung von Menschen in Seenot internationale Pflicht ist, unabhängig von den Umständen oder Absichten der Menschen an Bord. Sie begrüßten die in Griechenland eingeleitete Untersuchung, die beleuchten soll, wie es zu dem Unglück kommen konnte.
Amnesty International beklagt „komplett vermeidbare“ Katastrophe
Die griechische Küstenwache hat sich derweil gegen Kritik an ihrem Umgang mit dem am Mittwoch vor Griechenland gesunkenen Flüchtlingsboot verteidigt. Küstenwachensprecher Nikos Alexiou sagte am Freitag, das Boot sei vor dem Untergang von Küstenwache und privaten Booten verfolgt worden. Das Boot mit Hunderten Menschen an Bord habe mehrere Hilfsangebote per Funk und Lautsprecher abgelehnt.
Der Fall hat vor der griechischen Parlamentswahl am 25. Juni für eine Kontroverse gesorgt. Der linke Oppositionsführer Alexis Tsipras sagte, die Küstenwache hätte das Boot abschleppen sollen, um es in Sicherheit zu bringen.
Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International äußerte sich kritisch. „Das ist eine Tragödie von unvorstellbaren Ausmaßen, umso mehr, da sie komplett zu vermeiden war“, teilte Sprecherin Adriana Tidona mit.
Wegen des Falls gab es in Athen Proteste, bei denen es am Donnerstagabend Gewalt gab. 21 Menschen wurden festgenommen.
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Demonstranten halten während einer Demonstration vor dem Parlamentsgebäude infolge des tödlichen Bootsunglücks mit Migranten ein Transparent mit der Aufschrift "Meer der Toten".
© Quelle: Petros Giannakouris/AP/dpa
Papst Franziskus rief Regierungen in Europa bei Twitter auf, mehr zum Schutz von Flüchtlingen zu tun, die auf der Suche nach einer besseren Zukunft ihr Leben riskierten. UN-Generalsekretär António Guterres sagte am Donnerstagabend in New York, „das ist kein griechisches Problem. Das ist ein europäisches Problem.“
Zahl der Vermissten unklar – bis zu 750 Menschen an Bord
Die Küstenwache verlängerte einen 72-stündigen Rettungseinsatz. Boote und ein Helikopter suchten am Freitag das Gebiet im Mittelmeer ab, wo das Fischerboot gekentert war. Die UN-Organisationen schätzen nach Angaben von Überlebenden, dass zwischen 300 und 750 Menschen an Bord waren. Zunächst wurden nur 104 gerettet und 78 Leichen geborgen. Seit Mittwochabend wurden aber keine Opfer mehr gefunden.
Unter den Überlebenden wurden in der Hafenstadt Kalamata neun Verdächtige festgenommen. Die Ägypter gelten als mutmaßliche Schleuser und Organisatoren der Unglücksfahrt.
Zur Ursache für den Untergang wird ermittelt. Nach griechischen Behördenangaben kenterte das Boot, kurz nachdem es an Bord einen Stromausfall gegeben hatte. Deshalb wurde spekuliert, ob das Boot wegen Panik unter den Passagieren in Schieflage geraten und umgekippt sein könnte. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration sind womöglich bis zu 500 Passagiere mit dem Boot untergegangen. Alexiou sagte, die Zahl der Vermissten sei unklar.
RND/dpa/AP