Flüchtlingsgipfel der Union

Die Kommunen schreien um Hilfe – und Merz bietet die Plattform

Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender, spricht bei einem „Flüchtlingsgipfel“, zu dem er Kommunalpolitiker eingeladen hatte. Thema sind die Probleme bei der Unterbringung von Geflüchteten.

Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender, spricht bei einem „Flüchtlingsgipfel“, zu dem er Kommunalpolitiker eingeladen hatte. Thema sind die Probleme bei der Unterbringung von Geflüchteten.

In den Kommunen hat sich einiges angestaut. „Wir fühlen uns alleingelassen“, sagt Landrat Achim Brötel aus dem Neckar-Odenwald-Kreis. Der Landrat aus Upahl, Tino Schomann, fordert mit Blick auf schleppend ablaufende Abschiebungen: „Irgendwann ist auch mal gut!“ Ein anderer warnt: „Die Stimmung in der Bevölkerung ist am Kippen.“

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Bei dem Kommunalgipfel der CDU sind 200 Oberbürgermeister und Landräte aus ganz Deutschland gekom­men – 100 von der Union und 100 von anderen Parteien oder Parteilose. Unter Letzteren ist Wiebke Şahin-Schwarz­weller, FDP‑Politikerin und Bürgermeisterin von Zossen in Brandenburg. „Ich wünsche mir von der Bundes­regierung, einmal vor die Lage zu kommen“, fordert sie. Sozialdemokraten sind ebenfalls vor Ort, etwa der Bürgermeister von Gernsbach in Baden-Württemberg, Julian Christ. Er sei nicht einverstanden mit dem Kurs der Bundesregierung. „Es muss dringend etwas passieren!“

Kommunen sind verzweifelt

Bei der Veranstaltung mischt sich Ärger mit Wut und Verzweiflung. Den Kommunen steht das Wasser bis zum Hals. Seit Monaten senden sie Hilfeschreie, weil die Kapazitäten für die Flüchtlingsunterbringung nahezu ausgereizt sind. Länder, Städte sowie Gemeinden dringen auf einen Flüchtlingsgipfel mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Doch der hat keine Eile, setzt ein Treffen auf den 10. Mai, obwohl ein Treffen um Ostern versprochen wurde.

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CDU-Chef Friedrich Merz nutzt das aus – und veranstaltet den Gipfel einfach selbst. Eingeladen waren eigentlich 700 Kommunalpolitiker. Der Gipfel sei recht kurzfristig etwa vor drei Wochen geplant worden, weswegen viele Oberbürgermeister nicht kommen konnten, heißt es in der CDU. Doch bei denen, die der Einladung gefolgt sind, wird klar, wie groß der Frust ist. Es geht um fehlenden Wohnraum, knappe Haushalts­mittel und komplizierte Bürokratie.

Viel ausrichten kann Merz bei diesen Problemen natürlich nicht. Zwar sagt der Oppositionsführer, er wolle nach Lösungen suchen. Umsetzen kann der CDU‑Politiker die aber nicht. Er ist ja nicht Teil der Regierung. Der Gipfel ist naturgemäß einer ohne Beschlüsse und ohne Zusagen. Der Bundesregierung bietet Merz aber die Zusammenarbeit an. Er wolle „eine gemeinsame Lösung“ erreichen. Dass die Macht von Merz begrenzt ist, ist auch den Oberbürgermeistern klar.

Bilder der Wölblinstraße in Lörrach.

Nach dem Mediensturm: Wie geht es den Mietern in Lörrach?

Vor einem Monat erhielten 40 Mieter in Lörrach einen Brief. Ihnen soll gekündigt werden, weil die Stadt Wohnraum für Geflüchtete benötigt. Die Folge: ein gewaltiges Medienecho, verunsicherte Bewohner, wüste Beschimpfungen. Ein Ortsbesuch nach dem Kommunikationsdesaster.

Der Druck auf den Kanzler aber steigt, genauso wie der Puls mancher Landräte. Der Kommunalpolitiker Achim Brötel kritisiert, bei dem vergangenen Flüchtlingsgipfel mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sei Kanzler Scholz nicht dabei gewesen. Er habe eine Bäckerei besucht. „Das war mein persönlicher Gipfel.“

Merz: Ampel ignoriert die Hilferufe

Auch Sicht von Unionsfraktionschef Merz und seinem Stellvertreter, CSU‑Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, ignoriert die Ampel die Hilferufe der Kommunen. Dafür haben sie auch Beweise mitgebracht. Dobrindt hat bei der Bundesregierung offiziell erfragt, wie viele Briefe der Kommunen wegen der schwierigen Flüchtlingssituation im Kanzleramt angekommen sind. Das Antwortschreiben liegt dem RND vor. Demnach hat Scholz seit dem 1. September 2022 insgesamt 24 Briefe erhalten und bisher nur vier beantwortet.

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Dobrindt macht gegenüber den Bürgermeistern noch einmal die Forderungen der Fraktion klar. Es brauche ein gemeinsames Asylsystem, finanzielle Hilfe, Unterstützung bei Unterbringung und Sozialarbeit, Rückführungs­abkommen mit anderen Ländern und den Schutz der Außengrenzen. „Wer auch zukünftig auf Binnengrenzen verzichten will, der muss die Außengrenzen schützen“, mahnt der CSU‑Politiker.

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Ebenfalls anwesend sind etwa der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU). Auch der CDU‑Ministerpräsident, Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer, ist der Einladung gefolgt. „Wir müssen zu Potte kommen“, warnt er und pocht unter anderem auf eine Begrenzung des Zustroms. „Der 10. Mai ist zu spät in Anbetracht der Situation.“ Es sei jetzt schnell eine Lösung nötig.

Für die Union ist das Migrationsthema ein sensibles. 2018 hatte der Streit um den Flüchtlingskurs fast zu einer Fraktionsspaltung geführt. Auch heute sorgt das Thema für Auseinandersetzungen insbesondere innerhalb der CDU. Dass man die Migrationherausforderungen ansprechen muss, ohne der AfD Aufwind zu geben, darüber stimmt man aber überein. Darauf wollen CDU und CSU mit Blick auf die Landtagswahlen in diesem Jahr besonders achten.

Merz beendet den Gipfel wohl auch deswegen mit einem Appell: „An dieser Stelle sollten wir versuchen, so geschlossen wie möglich, aus der politischen Mitte heraus, ein Problem zu lösen, das gerade diese politische Mitte in Deutschland gefährdet.“ Und er drängt die Bundesregierung zu mehr Tempo: „Zeit ist jetzt der kritischste Faktor.“

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