Frankreichs Präsident vor dem nächsten historischen Wahlerfolg

„Er wird den Planeten retten“: Emmanuel Macron vor dem Élyseé-Palast.

„Er wird den Planeten retten“: Emmanuel Macron vor dem Élyseé-Palast.

Paris. Manchen Franzosen ging der Trubel um ihren neuen Präsidenten schon auf die Nerven: „Heiliger Macron, rette unsere Seele“, schrieb der Twitter-Nutzer Jean-Pierre ironisch im Internet. Er hängte ein Bild von einer der letzten Titelseiten des Magazins „L´Express“ an: „Macronmania“ stand in knalligen Farben unter dem Bild des selbstbewusst lächelnden Staatschefs, daneben prangten ein Kussmund und ein Smiley. „Er wird den Planeten vor Trump retten“, hieß es auf einem Banner wie in einer Reklame. Und: „Putin? Nicht mal Muffensausen!“

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Die Aufmachung ist ein spöttisches Echo auf den fulminanten Applaus, den Emmanuel Macron seit seinem Amtsantritt vor einem Monat erhält. Die Mehrzahl der Franzosen, die seit Jahren voller Verdruss auf ihre Politiker blicken, wollen dem 39-Jährigen eine Chance geben, der mit dem Versprechen eines Neuanfangs angetreten ist. Verstummt sind seine Kritiker zwar keineswegs, die den früheren Banker und Wirtschaftsminister als Produkt der Finanzwelt und des verhassten „Systems“ sehen. Aber sie dringen wenig durch in der allgemein wohlwollenden Stimmung, die dem Präsidenten nun einen weiteren wichtigen Erfolg einbringen könnte: Umfragen sagen bei den Parlamentswahlen an diesem und nächstem Sonntag seiner Partei „La République en marche“ („Die Republik in Bewegung“), kurz REM, einen klaren Sieg voraus. Die erst vor gut einem Jahr gegründete Formation könnte sogar eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung erringen.

Es wäre ein historischer Durchbruch: Wahlforscher halten zwischen 350 und 380 der insgesamt 577 Sitze für wahrscheinlich. Eine derartige Machtbasis gäbe Macron eine große Freiheit, sein Reformprogramm umzusetzen und die von ihm versprochene Erneuerung des politischen Personals voranzutreiben. Denn ein großer Teil der REM-Kandidaten sind Politiknovizen und arbeiteten bisher in anderen Bereichen – auch das ist beispiellos in Frankreich, wo Politikerkarrieren meist früh beginnen und Jahrzehnte andauern.

Vor allem die Sozialisten erwarten nichts weniger als die Apokalypse – und räumen das recht ungeschminkt ein. „Es kann für uns ein Debakel mit einer historischen Niederlage der Linken geben“, prognostiziert der Sozialistenchef Jean-Christophe Cambadélis. Er selbst, der seit rund 20 Jahren seinen Wahlbezirk im Nordosten von Paris, einer Bastion der Linken, verteidigt hat, droht diesen zu verlieren – und zwar an den 33-jährigen Mounir Mahjoubi, der für die Präsidentenpartei antritt und als jüngstes Kabinettsmitglied Staatssekretär für digitale Wirtschaft ist. Sollte Mahjoubi scheitern, muss er die Regierung verlassen. Chancen bleiben der radikalen Linken Sarah Legrain. Ihr Wahlkreis stehe stellvertretend für die politische Situation des Landes, sagt die 31-Jährige, nämlich für „die Konfrontation zwischen der Alten und der Neuen Welt“.

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Doch auch ihre Partei „Das widerspenstige Frankreich“ dürfte dem Meinungsforschungsinstitut Fondapol zufolge nur 15 bis 25 Sitze gewinnen, die Sozialisten 20 bis 35 (bisher waren es 292) und die Republikaner wären demnach mit 133 bis 153 (bisher 199) immerhin noch die größte Oppositionskraft – wenn auch geschwächt.

Front National fehlt es an Verbündeten

Der Front National, der bislang nur zwei Abgeordnete stellte, kann wohl mit neun bis 16 Sitzen rechnen – ab 15 Abgeordneten ist die Bildung einer eigenen Parlamentariergruppe möglich. Parteichefin Marine Le Pen hat gute Chancen, in ihrer nordfranzösischen Hochburg Hénin-Beaumont, wo auch ein rechtsextremer Bürgermeister regiert, ein Mandat zu gewinnen.

Zunächst kommt es an diesem Sonntag für die Parteien darauf an, in der ersten Runde mindestens 12,5 Prozent der Stimmen zu erhalten, um sich für den zweiten Wahlgang am 18. Juni zu qualifizieren; da es dann auch die Unterstützung ausgeschiedener Parteien braucht, ist der Front National benachteiligt; ihm fehlt es an Alliierten.

Von Birgit Holzer

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