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Bekanntgabe in Oslo

Friedensnobelpreis geht an Menschenrechtler aus Belarus, Russland und der Ukraine

Am Freitag wurde in Oslo der Friedensnobelpreis vergeben.

Am Freitag wurde in Oslo der Friedensnobelpreis vergeben.

Oslo. Vorkämpfer für die Menschenrechte in Belarus, Russland und der Ukraine erhalten in diesem Jahr den Friedensnobelpreis. Der renommierteste Friedenspreis der Erde geht an den inhaftierten belarussischen Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki, die russische Organisation Memorial und das ukrainische Center for Civil Liberties. Das gab das norwegische Nobelkomitee am Freitag in Oslo bekannt.

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Friedensnobelpreis 2022 geht an Menschenrechtler aus Belarus, der Ukraine und Russland

Die Preisträger setzten sich seit vielen Jahren für das Recht ein, die Macht zu kritisieren und Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zu schützen.

Die diesjährigen Preisträger repräsentierten die Zivilgesellschaft in ihren Heimatländern, sagte die Vorsitzende des Komitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Preisbekanntgabe. Sie setzten sich seit vielen Jahren für den Schutz der Grundrechte der Bürger und das Recht ein, Machthabende zu kritisieren.

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Die Bekanntgabe fiel am Freitag mit dem 70. Geburtstag des russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammen. Auf eine entsprechende Frage sagte Reiss-Andersen: „Dieser Preis richtet sich nicht an Präsident Putin, nicht für seinen Geburtstag oder in irgendeinem anderen Sinne – außer, dass seine Regierung wie die Regierung in Belarus eine autoritäre Regierung repräsentiert, die Menschenrechtsaktivisten unterdrückt.“ Die Aufmerksamkeit, die Putin auf sich gezogen habe und die in diesem Kontext relevant sei, sei die Art, wie Zivilgesellschaft und Menschenrechtler unterdrückt werden. „Das ist es, was wir mit diesem Preis adressieren wollen. Wir geben einen Preis immer für etwas und an jemanden – nicht gegen jemanden.“

Reiss-Andersen betonte, man sei insbesondere besorgt um Bjaljazki, der unter sehr harten Bedingungen im Gefängnis sitze. „Wir beten dafür, dass sich dieser Preis nicht negativ auf ihn auswirken wird, aber wir hoffen, dass er seine Moral stärken wird.“

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Bjaljazki seit über einem Jahr im Gefängnis

Der bereits seit mehr als einem Jahr in einem belarussischen Gefängnis inhaftierte Bjaljazki kämpft seit vielen Jahren für Demokratie und Freiheit in seinem Heimatland. Große internationale Berühmtheit erlangten der 60-Jährige und das von ihm gegründete Menschenrechtszentrum Wesna insbesondere im Zuge der Massenproteste nach der als gefälscht eingestuften Präsidentenwahl im Sommer 2020.

Hunderttausende Belarussen gingen damals gegen den als „letzten Diktator Europas“ kritisierten Langzeit-Machthaber Alexander Lukaschenko auf die Straßen. Zehntausende wurden vorübergehend festgenommen, Hunderte verletzt und mehrere getötet. Bjaljazki war bereits im Jahr 2020 mit dem Right Livelihood Award ausgezeichnet worden, der gemeinhin als Alternativer Nobelpreis bezeichnet wird.

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Ales Bjaljatzki, belarussischer Menschenrechtsanwalt, wird von seinen Anhängern an einem Bahnhof in Minsk begrüßt. Der diesjährige Friedensnobelpreis geht an den belarussischen Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljatzki und zwei Menschenrechtsorganisationen, Memorial aus Russland und das Center for Civil Liberties aus der Ukraine.

Ales Bjaljatzki, belarussischer Menschenrechtsanwalt, wird von seinen Anhängern an einem Bahnhof in Minsk begrüßt. Der diesjährige Friedensnobelpreis geht an den belarussischen Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljatzki und zwei Menschenrechtsorganisationen, Memorial aus Russland und das Center for Civil Liberties aus der Ukraine.

Menschenrechtsorganisation Memorial aufgelöst

Die international bekannte russische Menschenrechtsorganisation Memorial wurde im vergangenen Jahr auf Anweisung der Behörden aufgelöst, weil sie gegen Gesetze verstoßen haben soll. Sie setzte sich für politisch Verfolgte und Gefangene ein. Und sie klärte über Verbrechen der kommunistischen Gewaltherrschaft in der Sowjetunion auf. Viele Projekte werden aber auch nach der Auflösung fortgesetzt.

Die Ende der 1980er Jahre gegründete Gesellschaft beklagte bereits zu Beginn des Auflösungsverfahrens, Ziel sei die „Zerstörung einer Organisation, die sich mit der Geschichte politischer Repressionen und mit dem Schutz der Menschenrechte befasst“. Menschenrechtler beklagen seit längerem zunehmende autoritäre Tendenzen und die Verfolgung Andersdenkender in Russland.

Das 2007 gegründete Center for Civil Liberties macht seit Kriegsbeginn unter anderem auf die Lage von ukrainischen Gefangenen aufmerksam und fordert deren Freilassung. Schon vor dem Einmarsch der russischen Truppen Ende Februar hatten die Bürgerrechtler in den vergangenen Jahren etwa Menschenrechtsverstöße auf der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim und in anderen besetzten Gebieten dokumentiert. Das Zentrum, das sich selbst die Förderung von Demokratie und Menschenrechten als Ziele setzt, prangert regelmäßig auch Menschenrechtsverstöße im benachbarten Nachbarland Belarus an.

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Damit haben die Tage der Nobelpreis-Bekanntgaben ihren Höhepunkt erreicht. Zuvor waren in dieser Woche bereits die Preisträgerinnen und Preisträger in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie und Literatur verkündet worden. Am kommenden Montag folgt zum Abschluss noch der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften, der als einziger der Preise nicht auf das Testament des Dynamit-Erfinders und Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896) zurückgeht.

ARCHIV - 07.02.2022, Russland, Moskau: Wladimir Putin, Präsident von Russland, während einer Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten Macron. (zu dpa «Kremlchef unter Kontrollverlust im Krieg: Putin feiert 70. Geburtstag») Foto: Thibault Camus/Pool AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Putin wird 70: Wie sein Traum vom Stalin-Imperium zu zerplatzen droht

Wladimir Putin denkt gern in historischen Dimensionen. Einer, der unter Putins Herrschaft verehrt wird, ist Stalin. Mit 70 stand Stalin auf dem Zenit seiner Macht, hatte den Weltkrieg gewonnen, beherrschte Osteuropa und besaß die Atombombe. Der russische Präsident, der nun selbst 70 wird, droht indes alles zu verlieren, analysiert Harald Stutte.

Friedensnobelpreis wird als einziger der Nobelpreise in Oslo verliehen

343 Kandidaten - 251 Persönlichkeiten und 92 Organisationen - waren diesmal nominiert. Die Namen werden traditionell 50 Jahre lang geheim gehalten. Vergangenes Jahr waren die Philippinerin Maria Ressa und der Russe Dmitri Muratow mit dem Preis geehrt worden. Die beiden Journalisten erhielten ihn für ihren mutigen Kampf für die Meinungsfreiheit. Über mögliche Kandidaten für die diesjährige Auszeichnung wurde im Vorfeld viel spekuliert.

Der Friedensnobelpreis wird als einziger der Nobelpreise nicht im schwedischen Stockholm, sondern in der norwegischen Hauptstadt Oslo verliehen. Dotiert sind alle Nobelpreise in diesem Jahr erneut mit zehn Millionen schwedischen Kronen (knapp 920.000 Euro) pro Kategorie. Überreicht werden sie traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel (1833-1896).

Willy Brandt war letzter deutscher Preisträger

Deutsche wurden vorab nicht zu den Favoriten gerechnet. Letzter deutscher Preisträger ist vor über 50 Jahren Ex-Kanzler Willy Brandt gewesen: Er war 1971 für seine Ostpolitik ausgezeichnet worden, die zur Entspannung im Kalten Krieg beigetragen hatte.

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In den vergangenen Tagen waren bereits die diesjährigen Nobelpreisträger in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie und Literatur bekanntgegeben worden. Nach dem Friedensnobelpreis folgt am Montag die Verkündung des Nobelpreisträgers in der Kategorie Wirtschaftswissenschaften. Damit endet der alljährliche Nobelpreis-Reigen.

RND/sic/dpa

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