Geldwäsche-Spezialeinheit FIU: Die Behörde, die Olaf Scholz nichts als Ärger macht
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Die Zoll-Einheit FIU soll eigentlich Geldwäsche bekämpfen - sorgt aber immer wieder für negative Schlagzeilen.
© Quelle: Amsterdam Police/AP
Berlin. Dass eine Staatsanwaltschaft zwei Bundesministerien durchsuchen lässt, wie an diesem Donnerstag geschehen, kommt nicht alle Tage vor. Es ist die vorläufige Eskalation eines Behördenstreits, der schon seit Februar vergangenen Jahres andauert.
Im Mittelpunkt steht die Spezialeinheit des Zolls zu Bekämpfung von Geldwäsche, die Financial Intelligence Unit – kurz FIU. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück wirft Beamten der FIU vor, Polizei und Justiz nicht oder zu spät über Geldwäsche-Verdachtsfälle informiert zu haben.
Konkret geht es um eine Verdachtsmeldung einer niedersächsischen Sparkasse aus dem Jahr 2018. Der Bank kamen Überweisungen von insgesamt mehr als einer Million Euro nach Afrika verdächtig vor, weshalb sie eine Meldung an die FIU verfasste. Deren Beamte nahmen die Nachricht zur Kenntnis, leiteten sie aber nicht an die Justiz weiter.
Vermutlich Terrorismus-Finanzierung vereitelt
Die Ermittler vermuten inzwischen, dass die Transaktion im Zusammenhang mit Waffen- und Drogenhandel sowie der Finanzierung von Terrorismus stehen könnte. Weil die Information nicht weitergeleitet wurde, konnten die Strafverfolger nicht eingreifen – und werfen den FIU-Beamten nun Strafvereitelung im Amt vor.
Bereits vor gut einem Jahr hatten Ermittler in der Sache den Hauptsitz der FIU in Köln durchsucht. Dabei sollen E-Mails zwischen der Zollbehörde und den Bundesministerien für Finanzen und Justiz sichergestellt worden sein.
Die aktuelle Durchsuchung soll laut einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft klären, „ob und gegebenenfalls inwieweit die Leitung sowie Verantwortliche der Ministerien sowie vorgesetzte Dienststellen in Entscheidungen der FIU eingebunden waren“.
Wolfgang Schäuble holte die FIU zum Zoll
Das Sammeln und Analysieren von Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz ist die wichtigste Aufgabe der FIU. Banken sind gesetzlich verpflichtet, dem Zoll verdächtige Transaktionen zu melden, die FIU wiederum gleicht diese Meldungen mit Daten und Informationen anderer Behörden ab und leitet konkretere Verdachtsfälle an die Strafverfolgungsbehörden weiter.
Die FIU war früher beim Bundeskriminalamt angesiedelt, wurde aber vom früheren Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gegen Bedenken vieler Fachleute zum Zoll verlagert. Die Zöllner der FIU sollten die jährlich Zehntausenden Geldwäschemeldungen der Finanzinstitute überprüfen, sind damit aber bislang überfordert.
Bei dem Streit mit der Staatsanwaltschaft geht es auch darum, nach welchem Prinzip aus der Masse der Verdachtsmeldungen jene Fälle ausgewählt werden, die an Polizei und Justiz weitergeleitet werden. Die FIU prüft bei jeder eingehenden Meldung, ob diese einem von aktuell zehn Risikoschwerpunkten entspricht. Nur dann nimmt sie eine vertiefte Analyse vor. Seit die FIU nach diesem „risikobasierten Ansatz“ arbeitet, klagen Strafverfolger, dass kaum noch Meldungen bei ihnen ankommen.
Sollten die Ermittler nun nachweisen können, dass das Vorgehen der FIU von der Spitze des Finanzministeriums gebilligt oder gar angeordnet worden ist, könnte es für Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ungemütlich werden. Bislang allerdings wird ausschließlich gegen FIU-Beamte am Standort Köln ermittelt.
Scholz muss sich allerdings die Frage gefallen lassen, warum er die seit Jahren bekannten Probleme beim Zoll nicht in den Griff bekommen hat. Zwar hat der Sozialdemokrat die Einheit in den vergangenen vier Jahren personell und technisch gestärkt sowie ihre Befugnisse erweitert. Von unter 200 ist die Zahl der Beamten laut Angaben des Finanzministeriums inzwischen auf knapp 500 gestiegen.
Trotzdem bereitet die FIU Scholz immer noch jede Menge Ärger. Von einem massiven Stau bei der Abarbeitung von Verdachtsfällen ist immer wieder die Rede.
Auch im Skandal um den insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard spielte die FIU eine unrühmliche Rolle. Behördenchef Christof Schulte wurde vor den parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zitiert. Das Muster ist ähnlich: Auch bei Wirecard hatte es frühzeitige Verdachtsmeldungen gegeben. Und auch ihnen war die FIU nicht rechtzeitig nachgegangen.