Faschistin Giorgia Meloni ist Italiens erste Regierungschefin
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Giorgia Meloni, Chefin der rechtsradikalen Fratelli d’Italia, hat den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen.
© Quelle: IMAGO/ZUMA Press
Rom. Es ist ein historischer Tag für Italien: Zum ersten Mal in der Geschichte der Republik hat eine Frau den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten: Giorgia Meloni. Die 45-jährige Römerin aus dem Arbeiterquartier Garbatella war bei den Wahlen vom 25. September mit ihren Fratelli d’Italia mit 26 Prozent stärkste Partei im neu gewählten und um einen Drittel seiner Mitglieder verkleinerten Parlament geworden. Ihre beiden Koalitionspartner in der neuen Regierung, die rechtspopulistische Lega von Matteo Salvini und die Forza Italia von Silvio Berlusconi, mussten sich mit je etwas mehr als 8 Prozent begnügen.
Bei den letzten Wahlen hatten die Fratelli d’Italia noch lediglich 4 Prozent der Stimmen erzielt. Dass Meloni von Staatspräsident Sergio Mattarella den den Regierungsauftrag erhalten würde, war angesichts ihrer zahlenmäßigen Übermacht innerhalb der Rechtskoalition nicht viel mehr als eine Formalität. Dennoch ist am Ende alles sehr schnell gegangen: Meloni ist am Freitag um 16.30 Uhr mit ihrem weißen Fiat 500 vor dem Quirinalspalast, dem Amtssitz des Staatspräsidenten, vorgefahren und hatte gleich ihre Ministerliste mitgebracht. Diese ist von Mattarella offenbar auf Anhieb akzeptiert worden.
Die neue Regierungschefin und ihr Kabinett werden am Samstag vor Mattarella ihren Amtseid leisten und die Ernennungsurkunde entgegennehmen. „Ich habe ziemlich klare Vorstellungen. Wir sind bereit, und wir wollen so schnell wie möglich loslegen“, hatte Meloni nach den Konsultationen beim Staatsoberhaupt selbstbewusst erklärt. Die Namen der Minister sind bisher nicht bekannt – fest steht jedoch, dass Italien unter der ersten Frau an der Regierungsspitze die am weitesten rechts stehende Regierung seit dem Zweiten Weltkrieg erhält.
Die Verteilung der Posten im Kabinett hatte in den Wochen nach den Wahlen zu wochenlangen, zum Teil erbitterten Streitereien unter den Koalitionsparteien geführt. So bestand Lega-Chef Salvini darauf, in das Innenministerium zurückzukehren, das er schon zwischen 2018 und 2019 geführt hatte. Gegen Salvini läuft wegen seiner damaligen Amtsführung noch ein Prozess wegen Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch.
Berlusconi, gegen den wegen seiner Sexskandale ebenfalls noch Strafverfahren laufen, wollte das Justizministerium durch eine Vertraute geführt sehen. Ein Auge hatte der Medienunternehmer und Multimilliardär auch auf das Ressort Kommunikation geworfen. Meloni hatte die Forderungen ihrer Bündnispartner abgeschmettert – und damit sowohl bei Salvini als auch bei Berlusconi heftige Frustrationen ausgelöst. Berlusconi bezeichnete die designierte neue Ministerpräsidentin in der Folge als „anmaßend, selbstherrlich, arrogant und beleidigend“. Mit ihr könne man sich nicht einigen.
Meloni bemüht sich um guten Eindruck bei EU und Nato
In der durchschaubaren Absicht, Meloni zu beschädigen, hat der Ex-Premier in den letzten Tagen seine enge Freundschaft mit Russlands Diktator Putin herausgestrichen und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj die Schuld für den Krieg in die Schuhe geschoben. Der Streit ging so weit, dass Meloni drohte, die Verhandlungen um die Bildung der Regierung platzen zu lassen.
Nach Wahlen in Italien: Europa erwartet schwierige Zusammenarbeit
Auch die Finanzmärkte schauten in Sorge auf Italien. Der Euro gab um 1,3 Prozent nach.
© Quelle: Reuters
Das erklärte Ziel der ersten Ministerpräsidentin Italiens war von Anfang an, ein kompetentes Team zusammenzustellen, um der Mehrfachkrise von Inflation, Krieg, steigenden Zinsen und horrenden Energiepreisen wirksam begegnen zu können: Sie will im In- und Ausland eine „bella figura“ machen. Gleichzeitig beabsichtigt sie mit der Auswahl ihrer Ministerinnen und Minister, die Bedenken bezüglich ihrer Bündnistreue zur Nato und zur EU zu zerstreuen.
Dem Koalitionsfrieden zuliebe ist Meloni aber wohl nicht darum herumgekommen, bei der Zusammensetzung ihres Kabinetts Kompromisse einzugehen. Laut Medienberichten soll zum Beispiel Antonio Tajani, ehemaliger Präsident des Europaparlaments und langjähriger Vertrauter Berlusconis, trotz der unsäglichen Äußerungen des Forza-Italia-Chefs Außenminister werden. Tajani hatte am Donnerstag bekräftigt, dass Italien auch mit der neuen Regierung ein verlässlicher Partner der EU und der Nato bleibe und auf der Seite von Kiew stehen werde.
Das wichtige Finanzministerium (das in Italien Wirtschaftsministerium heißt) wird künftig vom Lega-Mann Giancarlo Giorgetti geleitet. Unter Draghi war er Minister für wirtschaftliche Entwicklung. Der Betriebsökonom Giorgetti gilt als moderat und kompetent und damit parteiintern als Gegenpol zu Salvini. Ins Innenministerium wird der Präfekt und ehemalige Stabschef von Salvini einziehen. Italien dürfte somit zu einer sehr restriktiven Flüchtlingspolitik zurückkehren, zumal Salvini als neuer Infrastrukturminister auch für die Häfen zuständig ist. Nicht durchgesetzt hat sich Berlusconi beim Justizministerium: Dieses wird künftig vom angesehenen ehemaligen Magistraten Carlo Nordio geführt. Dem Kabinett der ersten Regierungschefin werden auch insgesamt sechs Ministerinnen angehören – drei weniger als in der Regierung von Mario Draghi. Ihnen hat Meloni außerdem vergleichsweise leichtgewichtige Ressorts zugeteilt.