„Goldene Pässe“ in Zypern: Regierung zieht weitere Einbürgerungen zurück
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Ein Mann mit einer Zypern-Fahne steht vor der verlassenen Stadt Varosha oder Famagusta. Das Land hat weitere der umstrittenen „goldenen Pässe“ eingezogen.
© Quelle: Petros Karadjias/AP/dpa
Die zyprische Regierung hat beschlossen, weitere sieben sogenannte „goldene Pässe“ einzuziehen, weil die Vergabe unrechtmäßig war. Das teilte Innenminister Nicos Nouris jetzt mit. Damit verlieren vier ausländische Investoren und drei Familienangehörige die zyprischen Staatsangehörigkeit. Insgesamt hat die zyprische Regierung bereits 45 Einbürgerungen wegen schwerer Unregelmäßigkeiten widerrufen.
Diese Fälle sind aber nur die Spitze eines Eisbergs. In den Jahren 2007 bis 2020 hatte Zypern 7327 sogenannte „goldene Pässe“ an Bürgerinnen und Bürger von Staaten außerhalb der Europäischen Union (EU) vergeben. Voraussetzung: Die Antragsteller mussten mindestens 2,5 Millionen Euro in Zypern investierten, etwa in den Kauf von Immobilien, Firmen oder Staatsanleihen.
Zyprische Pässe waren begehrt – weil Inhaber zugleich EU-Bürger wurden
Die zyprischen Pässe waren begehrt, weil die Inhaberinnen und Inhaber damit zugleich EU-Bürgerinnen und ‑bürger wurden. Sie konnten sich in allen 27 EU-Staaten frei bewegen und niederlassen. Davon profitierten 3517 Investoren und 3810 Familienmitglieder, denn außer dem Investor selbst hatten auch Ehepartner und Kinder im Alter bis 28 Jahre Anspruch auf die zyprische Staatsangehörigkeit. 2886 zyprische Pässe gingen an russische Staatsbürger. Die zyprischen Behörden haben seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine mindestens acht von ihnen die „goldenen Pässe“ wieder entzogen, weil ihre Namen auf den Sanktionslisten der EU, Großbritanniens und der USA stehen.
Mit dem „Golden Passport“-Programm lockte Zypern seit 2007 Investitionen von rund 8 Milliarden Euro auf die Insel. Um das Programm herum entstand eine regelrechte Industrie von Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen, Immobilienentwicklern und Maklerbüros. In der EU kam das zyprische Einbürgerungsprogramm aber während der vergangenen Jahre wegen laxer Kontrollen der Antragsteller, Bestechungspraktiken bei der Passvergabe und Geldwäschevorwürfen zunehmend in die Kritik.
Im Sommer 2020 dokumentierte der TV-Sender Al Jazeera mit versteckter Kamera, wie der zyprische Parlamentspräsident Dimitris Syllouris anbot, einem wegen Geldwäsche vorbestraften chinesischen „Investor“ bei der Ausstellung eines zyprischen Passes behilflich zu sein. Syllouris musste wenig später zurücktreten. Auf ihn wartet jetzt ein Strafprozess. Nachdem die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Zypern einleitete, stoppte die Regierung im Herbst 2020 das Passprogramm und leitete eine Untersuchung ein.
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53 Prozent der Einbürgerungen waren rechtswidrig
Dabei stellte sich heraus, dass 53 Prozent der Einbürgerungen rechtswidrig waren. Viele Investoren wurden nur oberflächlich oder gar nicht auf Vorstrafen kontrolliert. So machte Zypern offenbar Hunderte Kriminelle zu EU-Bürgern, die in ihren Heimatländern wegen Steuerhinterziehung, Betrug, Geldwäsche, Korruption oder anderer Verbrechen vorbestraft waren oder gesucht wurden.
Auch für die Herkunft der Gelder interessierten sich die zyprischen Behörden häufig nicht. In den Skandal sind ranghohe Politiker, Rechtsanwaltskanzleien, Wirtschaftsberater und Bauunternehmen verwickelt. In mehreren Fällen hat die Justiz Anklage wegen Betrugs und Verschwörung erhoben.
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