Gysi: Selenskyj glaubt selbst nicht an Krim-Rückeroberung
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Gregor Gysi im RND-Videointerview: Der Linke-Politiker sieht seine eigene Partei in der „Existenzkrise“.
© Quelle: Screenshot
Berlin. Der Linke-Politiker Gregor Gysi erwartet von Bundeskanzler Olaf Scholz, dass er bei seinem bevorstehenden Besuch in Kiew Präsident Wolodymyr Selenskyj die deutsche Unterstützung für den Status der Ukraine als EU-Beitrittskandidat verspricht. „Er wird es zusichern“, sagte Gysi dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Alle Bundestagsfraktionen mit Ausnahme der AfD seien dafür. „Der Kandidatenstatus macht das Land etwas sicherer.“
Bei den Verhandlungen müsse es aber um die Werte gehen, die in der EU gelten. „Leider ist die Korruption in der Ukraine sehr verbreitet gewesen. Das muss man abbauen“, sagte Gysi.
Gregor Gysi: Selenskyj glaubt selbst nicht an Krim-Rückeroberung
Linke-Politiker Gregor Gysi im RND-Interview zur Situation der Ukraine, dem Scholz-Besuch in Kiew und der „Existenzkrise seiner eigenen Partei“.
© Quelle: RND
Selenskyjs Ankündigung, die Ukraine wolle auch die 2014 von Russland annektierte Krim zurückerobern, zog Gysi in Zweifel. „Ich glaube nicht, dass er wirklich glaubt, dass er die Krim zurückkriegt. Es ist immerhin eine atomare Weltmacht, die ihm da gegenübersteht.“ Selenskyj wolle den Westen vielmehr damit unter Druck setzen, mehr Waffen zu liefern. „Er will Forderungen stellen, und wenn die nicht erfüllt werden können, will er sagen: Daran waren wir nicht schuld, sondern der Westen, weil er uns nicht die richtigen und nicht genügend Waffen geliefert hat.“
Gysi betonte: „Ich hoffe, dass es eine Geheimdiplomatie zwischen den USA und Russland gibt, damit eine rote Linie nicht überschritten wird und wir keinen dritten Weltkrieg bekommen.“
Gysi: „Das Klima der Denunziation in der Linken steht mir bis hier“
Seine eigene Partei rief er dazu auf, sich bei der Wahl der neuen Führungsspitze Ende Juni für eine Person von Autorität zu entscheiden. „Wir sind in einer Existenzkrise“, beschrieb Gysi die gegenwärtige Situation nach Wahlschlappen und immer neuen internen Zerwürfnissen der Linken. „Sie braucht dringend eine Autorität“, forderte der 74-Jährige. Er hoffe, dass das auf dem Parteitag in Erfurt am übernächsten Wochenende gelinge. „Sonst zerfasern wir uns völlig.“ Einen Namen nannte der langjährige Bundestagsabgeordnete nicht.
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Die Stadt, in der die Armee den Ton angibt und Weltpolitik entsteht
Die Airbase in Ramstein ist der größte US-Stützpunkt außerhalb Amerikas. Als Drehkreuz für Waffenlieferungen wird hier auch der Krieg in der Ukraine mitentschieden. Ein Besuch in der Kleinstadt, in der große Weltpolitik gemacht wird.
Er ermahnte die Partei, sie müsse das interne „Klima der Denunziation überwinden“. Gysi: „Das steht mir wirklich bis hier.“ Er beklagte ferner: „Wir sind so ein Laden für 1000 kleine Dinge geworden. Man weiß gar nicht mehr, was ist Mehrheitsmeinung, was ist Minderheitsmeinung.“ Die Partei dürfe „nicht den ganzen Kladderadatsch mitmachen“, sondern müsse sich auf eine Politik für Menschen konzentrieren, die wenig Geld zur Verfügung haben.
Die Linke müsse bundesweit aufgestellt bleiben und zugleich ihre ostdeutsche Identität zurückgewinnen. Er werde auf dem Parteitag sprechen. Auf die Frage, ob er überraschend für den Vorsitz kandidieren werde, sagte er: „Mich würde das am meisten überraschen.“ Dazu werde es natürlich nicht kommen.